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Erlöst mich: Thriller (German Edition)

Erlöst mich: Thriller (German Edition)

Titel: Erlöst mich: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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hatte, nur um einen anderen mehrfachen Mörder zur Rechenschaft zu ziehen. Sie konnte sich nicht damit abfinden, nicht nur der moralischen Aspekte wegen, sondern auch weil sie keine Kontrolle über die Situation hatte. Entgegen all seinen Beteuerungen war Dennis Milne ein unberechenbarer und extrem gewalttätiger Mensch. Als sie von den Streifenpolizisten angehalten wurden, hatte sie an der Kälte in seinen Augen erkannt, dass er die beiden notfalls getötet hätte.
    Und dann hätte Tina sich der Beihilfe schuldig gemacht. So einfach war das. Auch wenn der Einsatz ihrer Jagd auf Paul Wise stets hoch gewesen war, nun, da Milne auf der Bildfläche erschienen war, hatte er fast unerträgliche Dimensionen angenommen. Deshalb hatte sie ihn den ganzen
Tag auf Distanz gehalten, und seit sie ihn allein hatte losziehen lassen, um Tomboy zu befragen, spielte sie ständig mit dem Gedanken, zu verschwinden und ihr Glück auf eigene Faust zu versuchen.
    Doch nun, eine Stunde nachdem er gegangen war, saß sie immer noch da, weil sie letztlich begriff, dass sie ihn brauchte, wenn sie Paul Wise zur Strecke bringen wollte. Ihr war auch bewusst, dass sie Milne benutzte, denn Paul Wise würde sterben müssen. Beweise zu sammeln, mit denen sie ihn irgendwann vor Gericht bringen könnte, war keine Option mehr. Tina hatte schon einmal getötet. Damals hatte sie auf eigene Faust einen Verdächtigen gejagt und gestellt. Der Verdächtige hatte sich als brutaler Killer erwiesen, der sie entführt und gefoltert hatte, und sie hatte ihn in der Hitze des Gefechts erschossen, ehe er seine Waffe auf sie richten und fliehen konnte, nachdem er gerade eine junge Mutter ermordet hatte. Jemanden kaltblütig zu töten, war etwas anderes. Sie glaubte nicht, dass sie dann die nötige Skrupellosigkeit besaß, den Abzug zu drücken. Aber Milne besaß sie.
    Lachen kam vom Strand herüber. Ein hübsches blondes Mädchen, höchstens zwanzig, sprang auf und zog einen unfassbar gut aussehenden jungen Italiener hoch. Sie küssten sich leidenschaftlich, verabschiedeten sich von ihren entzückten Freunden und schlenderten verliebt turtelnd Hand in Hand über den Strand an der Bar vorbei.
    Sie waren so miteinander beschäftigt, dass sie keinen Blick für Tina hatten. Zwei unbeschwerte junge Menschen, die das Leben ohne Furcht oder Verantwortung genießen konnten.
    Ihre Unbeschwertheit machte Tina eifersüchtig, und sie
verdammte sich dafür. Sie war auch einmal wie sie gewesen. Mit dem Rucksack durch Südostasien, von einem Strand zum nächsten, die Schönheit des Augenblicks auskostend. Sie hatte sogar die eine oder andere romantische Affäre gehabt.
    Morgan etwa, der muskulöse Kiwi, den sie auf Bali getroffen hatte. In einem Freiluftkino hatten sie sich The Beach angeschaut und sich dann betrunken lachend und eingelullt vom Sound der Wellen in seiner Strandhütte geliebt. Tina erinnerte sich noch immer, wie gut das getan hatte. Eine kurze heftige Affäre, die kaum zwei Wochen dauerte, während der sie erst nach Lombok und dann nach Cairns reisten, wo sie sich voneinander verabschiedeten. Sie waren herrlich verknallt gewesen, und obwohl sie wussten, dass sie sich nie wiedersehen würden, hatten sie das Gefühl ausgekostet, solange es da war. Für den Tag gelebt. Etwas, was Tina fast vergessen hatte. Seitdem hatte sich ihr Leben in ein verdrehtes Chaos verwandelt, und sie hatte zu viele Dinge gesehen, die sie wünschte nie gesehen zu haben.
    Sie schaute dem Pärchen nach und wünschte ihnen, dass sie nie so leiden mussten wie sie. Wünschte ihnen, dass sie weiter Spaß hatten, gute Jobs fanden und fröhliche Menschen heirateten, mit denen sie hübsche Kinder in die Welt setzten und glücklich und zufrieden lebten.
    Sie hörte ein Geräusch, und als sie aufsah, stand Milne neben ihr. Er hatte sein Jackett über den Arm gelegt und wirkte müde. Unter den Armen hatten sich Schweißflecken gebildet, Nase und Wangen waren gerötet und leicht geschwollen. Er stieß einen Seufzer aus und ließ sich neben sie auf einen Stuhl fallen. Eine Flasche San Miguel hatte er bereits in der Hand.
    Tina warf einen Blick auf die Flasche, aber nur einen Moment lang. Aus irgendeinem Grund hatte sie jetzt kein Bedürfnis nach Alkohol.
    »Hast du ihn getroffen?«
    Er nickte unmerklich. »Ja, ich habe ihn getroffen. Er arbeitet für einen Typen in Manila. Heed heißt er und scheint derjenige zu sein, der direkten Kontakt zu Wise hat.«
    Während er sprach, vermied Milne es, Tina anzusehen,

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