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Erlösung

Erlösung

Titel: Erlösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Dungs
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hat.“ Jetzt, wo es soweit war, konnte ich die Worte kaum über meine Lippen bringen. „Dein Vater dachte, dass du nicht seine Tochter wärst, er hat all´ die Jahre geglaubt, du seist Peters Kind. Und Peter hat mir gesagt, dass er dich niemals angefasst hätte, wenn er gewusst hätte, dass du Evelyns Tochter bist. Das hat ihn wirklich tief verletzt, auch wenn das schwer zu glauben ist.“
    Lesley zitterte auf einmal. „Und du kommst mit dieser Sache heute raus, weil du Angst hattest, dass ich nicht mitkomme, wenn ich Bescheid weiß?“ Insgeheim vielleicht.
    „Das ist noch nicht alles, Engel… Denn das Schlimmste habe ich getan.“ Konnte ich ihr jetzt wirklich alles zumuten? Nun, dafür ist es zu spät, du hast damit angefangen, also bring´ es zu Ende! Ich verfluchte meine innere Stimme, aber mein Gewissen lag richtig. Definitiv zu spät für einen Rückzieher. „Dein Vater wusste zu viel, alles, um genau zu sein und die Regeln besagen…“ Liz dabei in die Augen zu schauen, während man ihr versuchte zu beichten, dass man zugelassen hatte, ihrem Vater die Erinnerung zu nehmen, war schwerer als ich befürchtet hatte. Peter war nicht das Ungeheuer, ich hätte Richard Ashton selbst das Gedächtnis rauben können. Ich war nicht besser als mein ehemaliger Verbündeter, nein, ich war schlimmer. Ich war immer der Gute, der Pflichtbewusste gewesen, aber das wirkte plötzlich bloß noch wie eine einzige, riesige Lüge.
    „Sag mir nicht, dass er meinem Vater etwas angetan hat!“
    „Peter hat die Erinnerungen deines Vaters ausgelöscht, unwiderruflich.“ Diese Erkenntnis musste sie treffen wie ein Faustschlag, mitten ins Gesicht. Umso mehr wollte ich sie in meine Arme nehmen, doch Liz drückte sich mit dem Rücken so fest an das Betthaupt, dass mir klar war, dass sie es bestimmt nicht ertragen würde, wenn ich sie nun berührte.
    „Warum?“ Es klang erstickt.
    „Es geht um unsere Art, niemand darf von uns wissen, das wäre viel zu gefährlich. Ich weiß, dass es kein Trost für dich ist und wenn du mich deswegen hasst, dann muss ich damit leben. Aber bitte verstehe, dass wir keine andere Wahl hatten.“
    „Was ist mit mir? Ich weiß auch über dich und Vincent Bescheid. Blüht mir dasselbe Schicksal, wenn mich die Ältesten nicht akzeptieren?“ Ihre Wut wurde wohl nur durch ihre Verzweiflung im Zaum gehalten.
    „Du hast recht. Normalerweise wäre es bei dir ebenso, ich würde jedoch niemals zulassen, dass dich jemand anfasst. Ich würde dich mit meinem Leben verteidigen… und ich hoffe immer noch inständig, dass die Ältesten bei dir eine Ausnahme machen…“
    „Und wenn nicht? Werden sie mich dann hier einsperren, bis mich der Tumor langsam umbringt?“ Die Traurigkeit in ihren Worten schnitt sich in mein totes Herz.
    „Niemand wird dich zu irgendetwas zwingen, das verspreche ich dir.“ Ob es ihr nun noch etwas bedeutete? Ich hatte eigentlich vorgehabt, ihr von meinen Visionen zu erzählen, dass ich allem Anschein nach dazu fähig war, besondere Gaben aufzunehmen. Aber sie würde erst einmal etwas Zeit benötigen, um das eben Gesagte zu verdauen. „Bitte vergib´ mir… aber ich musste dir die Wahrheit sagen. Ich wollte nicht, dass du es von jemand anderem erfährst. Es tut mir so unsagbar Leid, bitte glaub´ mir das.“ Das schrille Klingeln des Telefons ließ uns beide zusammenzucken. Lesley blickte zur Seite und ich schnappte mir den Hörer vom Nachttisch. „Ja?“
    „Nicholas, ich hoffe, Liz ist schon wach?“
    „Ist sie. Wieso?“
    „Die Ärzte sollen sie noch einmal untersuchen und ich möchte, dass es ihr so gut wie möglich geht, damit sie sich dann heute dem Rat vorstellen kann. Bevor wir aufbrechen, sollten wir das mit ihr geklärt haben.“
    Ich sah meinen Engel an, aber sie wich meinem Blick aus. „Schick´ das Team hoch“, antwortete ich ausdruckslos.
    „Schon erledigt. Und Nicholas, sieh zu, dass du dich stärkst, ich möchte auch, dass du so wohl genährt wie möglich bist, wer weiß, ob wir im schottischen Hochland überhaupt was Lebendiges finden.“ Er lachte kurz, dann legte er auf.
    „Die Ärzte werden sich um dich kümmern.“ Ich erhielt keine Reaktion, Lesley fixierte die gegenüberliegende Wand. „Ich werde dann später wieder nach dir sehen, okay? Es ist nötig, dass ich genug `Nahrung´ zu mir nehme, bevor ich mit den anderen nach Schottland reise.“ Sie schien mich gar nicht zu hören. Vielleicht war das auch besser. Doch es machte mich wahnsinnig, ich wollte

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