Erlösung
seine Füße mit dem Boden verschmolzen gewesen.
„Von wem…?“, sie sah unwillkürlich zum Grab ihrer Mutter. Er folgte ihrem Blick.
„Wenn es nur eine Möglichkeit geben würde, sie zu erwecken. Wenn ich sie aus diesem schmutzigen, dunklen Loch befreien könnte… ich würde es tun und es wäre mir egal, ob ich dafür durch die Hölle gehen müsste. Aber das wird niemals passieren, obwohl es so etwas wie uns gibt, unsterbliche Geschöpfe der Nacht, vermag trotzdem keine Macht dieser Welt einen toten Menschen wieder auferstehen zu lassen. Ganz gleich was ich auch bereit wäre dafür zu opfern.“ Seine Gedanken schienen mit einem Mal abzuschweifen. Lesley bemerkte das kaum merkliche Lächeln, das seinem Gesicht ein wenig die Härte nahm.
„Ich verstehe nicht, wovon redest du? Kanntest du etwa meine Mutter?“ War das ein Trick von ihm?
„Kennen?“, er grinste. „Weit mehr als das. Ich habe sie geliebt.“
„Was?“ Sie konnte nicht einschätzen, was er damit bezwecken wollte, aber sie durfte nicht auf dieses kranke Spiel eingehen. „Du lügst!“
„Dieses Mal nicht.“ Er seufzte. „Wir haben uns geliebt, weit vor deiner Zeit. Und bloß eine verfluchte Nacht lag zwischen uns. Nicht mehr als ein Wimpernschlag in meiner Zeit und wir wären auf ewig miteinander verbunden worden. Sie und ich für immer unsterblich. Das Schicksal hat allerdings einen anderen Plan gehabt.“ War es tatsächlich die Wahrheit? Ihr fiel keine plausible Erklärung dafür ein, wieso er sich so etwas ausdenken sollte.
„Ich frage mich immer noch, wie es sich angefühlt hätte, wenn sie von mir gekostet hätte.“ Sein Lächeln wurde breiter. „Wie ihr Blut wohl geschmeckt hätte? Ob es süß und samtig gewesen wäre…“ Seine Äußerung hätte sie nur noch mehr verwirren oder ängstigen müssen. Lesley wusste nicht wieso, aber seine Worte lösten plötzlich etwas ganz anderes in ihr aus. Ein Gefühl, das sie zuvor noch nie empfunden hatte.
„Vielleicht so wie meins“, platzte es auf einmal aus ihr heraus. Sie streckte ihren Arm aus, das Handgelenk entblößt. Du meine Güte, was tat sie da, verdammt?
Peter starrte sie entgeistert an. „Wie bitte?“
Sie verstand selbst nicht, was gerade passierte. Bot sie sich allen Ernstes einem Vampir an? Vor allem nicht irgendeinem, sondern einem Verräter, der sie beinahe getötet hätte. Sie schüttelte den Kopf, beschämt über sich selbst. „Ich…tut mir leid…“, sie wollte ihre Hand augenblicklich zurückziehen. Doch Peter war schneller. Er packte ihren Arm, noch ehe sie ihn anwinkeln konnte. Sein Griff war fest, aber er achtete peinlichst darauf, ihr nicht weh zu tun.
„Warum hast du das gesagt?“, wollte er wissen. Nicht dass, es nicht äußerst verlockend war, von ihr zu kosten. Natürlich roch sie gut. Das hatte er immer schon gedacht. Vor allem in solchen Momenten, wo sie nervös war, wo ihr Blut bereits in Wallung gebracht war. So wie jetzt. Er war immer noch eine Geisel der Gier, auch wenn er sich meistens unter Kontrolle hatte. Und ja, er wollte wissen, wie sie schmeckte, denn sie war von Evelyns Blut und würde es auch nur einen Hauch ihrer selbst enthalten, er würde dafür töten.
Lesley versuchte sich aus seinem Griff zu lösen, aber ihr war bereits bewusst, dass sie es nicht schaffen würde. „Keine Ahnung, das war dumm und unüberlegt…“, stammelte sie etwas unbeholfen. Das sah ihr überhaupt nicht ähnlich, doch sie konnte ihre Aktion selbst nicht erklären. Für einen winzigen Augenblick war sie einfach nicht sie selbst gewesen. Vielleicht hatte sie bloß für wenige Sekunden vergessen, wozu Peter überhaupt imstande war. Möglicherweise hatte er ihr auch einfach nur Leid getan. Doch das war wirklich ein törichter und absurder Gedanke, bei dem ihr klar wurde, dass irgendetwas die Führung in ihr übernommen hatte. Ein kompletter Aussetzer, dachte sie. Seltsam und unheimlich zugleich.
Peter kam mit seinem Gesicht ihrem etwas näher. Er wollte die Wärme ihrer Haut spüren, wollte den Duft in sich aufnehmen. „Evelyns Duft war nicht wie deiner, er war ganz anders. Blumig und ein wenig erdig.“
„Ich bin nicht wie meine Mutter, ich bin nicht sie“, sagte Liz hastig.
Peter lehnte sich abrupt wieder zurück. „Ich weiß.“ Er wollte nicht, dass sie sich fürchtete. Nicholas würde das bestimmt sofort fühlen und er hatte nicht vor, ihm hier noch mal zu begegnen. Außerdem merkte er, dass sein gesamter Körper mehr auf dieses verlockende
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