Erlösung
denn sonst? Du wolltest schließlich da rein, oder etwa nicht? Und jetzt sind wir hier.“
„Ja, aber es ist spät. Es ist bestimmt schon längst geschlossen.“
Ich verzog das Gesicht. „Und wenn schon, umso besser.“
„Wie ist das jetzt schon wieder gemeint? Du willst doch nicht einbrechen und dein“, sie fuchtelte mit den Händen vor ihrem Körper herum, „Vampirding abziehen?“
„ Vampirding ?“ Ich konnte kaum an mich halten. „Das wäre natürlich eine Möglichkeit, ich dachte allerdings, dass ich es eher so mache wie ein normaler Mann, der verliebt ist und eine Frau beeindrucken will.“
Liz grinste mich unverwandt an. „Also, wirst du jemanden bestechen, um rein zu kommen?“
Natürlich hatte ich mich auf diesen Trip vorbereitet. „Nun, ich werde wohl eher ein paar Beziehungen spielen lassen. Wir sind immerhin in Frankreich, meine Heimat schuldet mir noch was, oder sagen wir, der eine oder andere hier.“ Ich zog meinen Engel in Richtung der Eingangstüren. Auf dem Flug nach Paris hatte ich mit einem alten Bekannten Kontakt aufgenommen. Gerard war jemand, den man immer aufsuchen konnte. Er war mir ein noch besserer Vertrauter als Toby, der mir in England bisher zwar immer alles besorgt hatte, was ich benötigte, den ich darüber hinaus allerdings nicht unbedingt in alles einweihen wollte. Gerard war jedoch mehr als ein Spitzel oder ein Unterhändler, er war ein Freund, den ich leider nun schon seit knapp fünf Jahren nicht mehr gesehen hatte. Soweit mir bekannt war, hatte er Frankreich die letzten achtundsiebzig Jahre nicht verlassen. Und darum hatte ich ihn immer etwas beneidet, weil ich seit meiner Verwandlung fast immer in englischen Gebieten eingesetzt worden war. War ich meiner Heimat zu lange ferngeblieben? Immerhin hatte es mir die Liebe meines Lebens beschert und sie war es letztendlich gewesen, die mich wieder hierher zurückgebracht hatte. Für den Augenblick schien sich der Kreis wieder geschlossen zu haben, jedenfalls war es ein gutes Gefühl wieder auf heimischen Boden zu sein.
Der Haupteingang tauchte kurzerhand vor uns auf und ich bog mit Lesley sofort rechts ab, um zu einem Seiteneingang zu kommen, der für den normalen Publikumsverkehr nicht zugänglich war. Hier wollten wir uns deswegen treffen. Der Blick auf meine Armbanduhr sagte mir, dass Liz und ich etwas zu früh waren, aber da Gerard stets pünktlich war, würden wir nicht lange auf ihn warten müssen.
„Ist alles gut oder muss ich mir Sorgen machen?“ Sie schmiegte sich an mich.
Ich schüttelte den Kopf. „Wir warten nur auf einen alten Freund, der mir hoffentlich helfen wird, dich einen Abend lang in eine andere Welt zu entführen.“
„Das klingt sehr spannend.“ Ich hoffte, dass mein Plan auch aufging, denn ich wusste nicht, inwieweit Gerard meinem Wunsch nachkommen konnte. Natürlich hätten Lesley und ich auch bei Tag hier aufkreuzen können, aber dann hätte nicht nur das Wetter mitspielen müssen, sondern auch die Menschenmassen, die täglich in diesen Gebäudekomplex strömten. Das wäre wirklich zu gefährlich und unüberlegt, selbst für mich. Die ganze Aktion auf der Universität von Cambridge vor einigen Wochen hatte mir schon viel abverlangt; ich in einer Vorlesung mit zahlreichen Studenten, doch das hier war noch mal zwei oder drei Nummern heftiger. Ich musste das Schicksal nicht noch mehr herausfordern. Nach dem letzten Umbau des Louvre war ich zwar nicht mehr hier gewesen, aber ich konnte davon ausgehen, dass sich das Gelände wohl nochmals vergrößert hatte. Jedes Mal, wenn ich in Paris gewesen war, war der Louvre im Wandel und stetigen Ausbau gewesen. Noch mehr Platz, mehr Räume, mehr Kunstobjekte. Liz würde dann heute wohl nur einen kleinen Einblick erhalten, aber ich hoffte, dass sie damit fürs Erste zufrieden sein würde.
„An was denkst du?“, unterbrach sie meine Gedanken und vergrub ihr Gesicht an meiner Brust. Warum stellen Frauen immer solche Fragen? Die Wahrheit wollen sie in den meisten Fällen doch eigentlich gar nicht hören.
„Ich habe daran gedacht, wie viel Zeit wir wohl heute Nacht haben werden…“
Sie hob ihren Kopf um mich anzusehen. „Im Louvre?“ Als Antwort erhielt sie bloß ein verschmitztes Lächeln von mir und sie boxte mich daraufhin lachend in die Seite. „Schon klar, Mr. Nimmersatt.“
Ich zuckte mit den Schultern. „Hey, ich bin in erster Linie ein Mann. Und du hast gefragt.“ Die schlurfenden Schritte einer vertrauten Person lenkten meine
Weitere Kostenlose Bücher