Erloschen
Kuhfuß oder Stemmeisen. Es ist tief in die Haut eingedrungen, hat ganze Gewebefetzen herausgerissen, von denen einige in ihrem Haar und auf ihrer Kleidung gefunden wurden. Wir haben allerdings nicht alles ausgerissene Gewebe gefunden, weshalb ich sicher bin, dass sie nicht in der Gasse getötet wurde.«
»Irgendwas unter den Fingernägeln?«, fragte Maggie.
»Nein. Und es gibt auch keine Abwehrverletzungen. Die müssten bei solch einem Angriff deutliche Bluter güsse auf ihren Armen und Händen hinterlassen haben, nicht zu vergessen Knochenbrüche. Zähne und Kiefer sind stark zertrümmert. Die werden keine Hilfe bei der Identifizierung sein. Ich glaube, dass sie nicht lange leiden musste und schnell bewusstlos war.«
»Glauben Sie, dass sie schon der erste Schlag außer Gefecht gesetzt hat?«
»Das würde ich annehmen, aber sicher sagen kann ich es natürlich erst nach der Autopsie.«
»Was zum Henker hat er benutzt?«, fragte Racine.
»Ein Nageleisen oder einen Tischlerhammer?«, schlug Maggie vor.
»Möglich wäre beides. Auf jeden Fall ist die Tatwaffe nicht zersplittert, demnach wäre etwas Metallisches nahe liegend. In der Nasenhöhle, oder dem, was noch von ihr übrig ist, sind Ablagerungen von etwas Öligem. Ich habe eine Probe ans Labor geschickt, denn bei dem vielen Blut lässt es sich nicht eindeutig bestimmen.«
»Wenn ihre Fingerabdrücke nicht im System sind und wir keine Zähne haben, bleibt mir nichts, womit ich arbei ten kann, Stan«, sagte Racine zum Gerichtsmediziner. »Und identifizieren kann sie auch niemand mehr.«
Stan zuckte mit den Schultern, denn das war nicht sein Problem. Die äußere Untersuchung war vorerst ab geschlossen. Er ging hinüber zum Tisch, auf dem die ent nommenen Organe lagen. Er war stets absolut systematisch und gründlich; es lag bei Maggie und Racine, die Fakten, die er sammelte, zu einem Bild vom Tathergang zusammenzufügen.
»Hier haben wir eine volle Ladung«, sagte Stan.
Racine hielt sich die Nase zu, als sie mit Maggie näher an den Tisch trat.
»Sie hatte also gerade gegessen«, murmelte Maggie.
»Nicht länger als zwei Stunden vor ihrem Tod.« Stan stocherte in dem Mageninhalt und legte einen Klumpen davon auf ein Probenschälchen. »Ich würde sogar sagen, in der letzten Stunde. Dem Aussehen nach könnten es Donuts sein, aber das ist nur geraten. Warten wir die Tests ab. Dies hier könnten Kartoffelchips sein.« Er schob einen roten Brocken auf dem Schälchen hin und her. »Lakritz.«
»Lakritz?«
»Hört sich nach Autoessen an«, sagte Racine.
Stan und Maggie sahen sie beide fragend an.
»Ich esse immer solchen Mist, wenn ich zu meinem Dad fahre«, erklärte sie. »Wenn ich tanke, kaufe ich mir solchen Knabberkram.«
Die Automatiktür öffnete sich wieder, und Stans Assis tent kam mit den Röntgenbildern hereingelaufen.
»Dr. Wenhoff, die sollten Sie sich gleich ansehen.«
Er klemmte die Aufnahmen an den Leuchtkasten, bevor er ihn einschaltete.
Das weiße Oval auf der Brustaufnahme fiel Maggie sofort auf.
Stan tippte mit seinem Stift darauf. »Der Mörder kannte das Opfer offensichtlich nicht besonders gut.«
»Ist das das, wofür ich es halte?«, fragte Racine.
»Aber nur eines«, sagte Maggie.
»Ein einzelnes Brustimplantat deutet normalerweise auf eine Krebserkrankung und nicht auf eine rein kosme tische Operation hin. Die gute Nachricht ist, dass wir damit eigentlich herausfinden müssten, wer sie ist. Auf Implantaten müssen der Hersteller und eine Seriennummer verzeichnet sein.«
»Und damit kann man nachvollziehen, wem es eingesetzt wurde?«, fragte Maggie.
»Damit hat der Schweinehund wohl nicht gerechnet, als er ihr das Gesicht und die Zähne einschlug.«
»Wir sollten zumindest Namen und Adresse des verantwortlichen Chirurgen herausbekommen«, sagte Stan. »Den müssen Sie dann nur überreden, Ihnen den Namen der Patientin zu verraten.«
»So einfach geht das?«, fragte Racine.
»Na ja, nicht ganz so einfach. Ich muss es erst mal herausnehmen, denn die Seriennummer ist auf der anderen Seite.«
37
Tully setzte sich in den Schneideraum und staunte, wie klein und eng es hier war. Er musste seine langen Beine unangenehm verschränken, sodass seine Knie gegen die Kante des Pults mit den vielen Schaltern, Knöpfen und Tasten drückten. Der Raum erinnerte ihn eher an ein Cockpit als an das Nachrichtenstudio eines Fernsehsenders.
Der Toningenieur, den Samantha Ramirez ihm als Abe Nadira vorgestellt hatte, war nicht begeistert,
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