Erloschen
keinen.
»Gegenüber von den Läden, die heute abgebrannt sind, war eine Baustelle.«
»Okay.«
»Und gegenüber von den Lagerhäusern war auch eine Baustelle.«
»Derselbe Bauunternehmer?«
»Das war auch mein erster Gedanke. Leider nein. Es sind verschiedene Firmen. Interessant ist allerdings, dass beide Bauten staatlich finanziert sind. Gegenüber von den Läden soll eine Suppenküche gebaut werden, und das Projekt bei den Lagerhäusern nennt sich D.C. Outreach House, eine Art Obdachlosenasyl und Gemeindehaus. Beide von der städtischen Baubehörde geplant.«
»Haben wir Zugriff auf die Mitarbeiterlisten, damit wir vergleichen können, ob jemand mit beiden Projekten zu tun hat?«
»Da bin ich dran. Aber für diese Geheimniskrämer reicht nicht mal meine Sicherheitsfreigabe.«
Tully lachte.
»Das ist noch nicht alles«, sagte Maggie. »Ich habe mit dem Bauunternehmer gesprochen, der bei den Lagerhäu sern tätig ist.«
»Sicher war er begeistert, am Samstagabend einen Anruf vom FBI zu kriegen.«
»Er klang nicht mal überrascht.« Eher genervt, wie Maggie fand. Mr. Lyle Post hatte geklungen, als wäre ihr Anruf eine von unzähligen Einmischungen der Behörden in sein Geschäft.
»Kann er dir eine Mitarbeiterliste beschaffen?«
»Er meint, das wird schwierig.«
»Aus Datenschutzgründen?«
»Nein, die sind nicht das Problem. Er scheint nicht den Überblick über seine diversen Bautrupps zu haben.«
Tully blinzelte und setzte sich auf, als hätte er nicht richtig gehört.
»Er meint, dass er mehrere private Subunternehmer anheuern musste, weil die Bauübergabe vorverlegt wurde. Jemand bei der Baubehörde hat ihm gesagt, dass die Ar beiten schneller fertig sein müssen und es nebensächlich ist, wer genau auf welcher Baustelle arbeitet.«
»Und das erzählt er dir, einer FBI -Agentin?«
»Ich habe ihm nicht direkt gesagt, wer ich bin.« Und es war nicht das erste Mal, dass Tully oder sie bestimmte Dinge zurückhielten, um Informationen zu bekommen.
»Also könnte tatsächlich jemand bei beiden Projekten mitarbeiten.«
»Oder jemand denkt, die Brände werden eher beachtet, wenn sie in der Nähe von staatlichen Bauten sind.«
»Könnte das der Grund sein, weshalb Kunze so angefressen ist?«
»Sie haben ja ganz schön lange gebraucht, um das raus zufinden.«
Assistant Director Raymond Kunze stand in der Tür zum Konferenzzimmer. Tully schrak auf und wurde ein wenig rot. Maggie ließ ihre Hände in den Schoß sinken und verkniff sich ein Grinsen. Kunze hatte die Figur eines Footballspielers und kleidete sich wie der Türsteher eines Nachtclubs. Sein Blazer war wahrscheinlich rostrot, wirkte im Neonlicht aber orange.
»Ich habe einen Senator und den Direktor der Baubehörde im Nacken, solange Sie beide dieses verfluchte Glühwürmchen nicht gefunden haben.« Er trat in den Raum, blieb aber auf halbem Weg zum Tisch stehen. »Tully, Sie sehen beschissen aus. Und O’Dell« – er schnup perte – »Sie stinken.«
Hätte Maggie es nicht besser gewusst, würde sie denken, dass Kunze endlich mit ihnen scherzte, als wären sie tatsächlich ein Team. Aber zumindest hatte er erstmals unumwunden zugegeben, dass er sich den politischen Interessen unterwarf.
Er schleuderte ein mehrseitiges Fax auf den Tisch. Es war dieses alte dünne Papier, wie es bei antiquierten Faxgeräten verwendet wurde.
»Ich habe eben den ATF -Bericht über die Kirchenbrände bekommen«, sagte er, setzte sich und tippte auf den Papierstapel. »Vor der Tür zum Untergeschoss wurde Benzin ausgegossen. Dieser Dreckskerl wusste nicht nur, dass da unten ein Treffen stattfand, er hat es direkt darauf angelegt, jemanden zu töten. Und heute Abend ist es ihm gelungen. Er hat eine ganze Familie ausgelöscht, indem er die Feuertreppe und die Hintertür in Brand steckte – die einzigen Fluchtwege.«
Von der Hintertür hörte Maggie zum ersten Mal. Sie beobachtete Kunze. Bisher hatte sie ihn oft genug wütend erlebt, doch heute zeigte er ein Gefühl, das sie noch nie bei ihm gesehen hatte. Er schien erschüttert.
»Unter den Opfern ist ein achtzehn Monate altes Baby«, erklärte er leise. »Wenn das in die Nachrichten kommt, machen sie mir die Hölle heiß.« Er sah die bei den an. »Und Ihnen auch, wenn Sie dieses Schwein nicht schnappen.«
Sonntag
65
Auf dem Monitor ihrer Sicherheitskamera sah Maggie die nervöse Frau vor ihrer Haustür. Ihr erster Gedanke war, dass Samantha Ramirez zur Abwechslung mal vor der Haustür stand und sich
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