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Erlosung

Erlosung

Titel: Erlosung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischer Claus Cornelius
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zumute, als hätte sie reinen Sauerstoff eingeatmet, »ich nage an der Falle, in der ich mich gefangen habe.«
    Â»Gut, es gibt nämlich jemanden, der dir beim Nagen helfen will«, erklärte Annika. »Der Polizist, der zur Beerdigung von Max gekommen ist, will mit dir reden – deswegen ist er überhaupt nur da aufgetaucht. Er behauptet, er hätte Dinge herausgefunden, die deine Version der Ereignisse zu bestätigen scheinen. Er hat mich gebeten, dir zu sagen, du sollst ihn unbedingt anrufen, weil er dich nicht erreichen kann.«
    Â»Hast du – «
    Â»Keine Sorge, ich rufe von einem Klinikapparat aus an, für den Fall, dass mein Handy überwacht wird!«
    Â»Nein, ich wollte fragen, hast du den Eindruck, dass er es ernst meint?«
    Anni schwieg, aber als sie weitersprach, klang sie vorsichtig. »Das musst du selbst herausfinden. Es scheint ja nicht so, als würde es hier nur so von Leuten wimmeln, die dir helfen wollen. « Im Hintergrund erklang eine unverständliche Lautsprecherdurchsage. »Auf alle Fälle ist das nicht der einzige Grund, warum ich dich anrufe. Ich möchte dich noch einmal sehen, bevor ich morgen wieder abreise – «
    Â»Du reist schon wieder ab?!« Ella schrie fast. Das Boot nahm erneut Fahrt auf, und der Wind wehte jetzt schärfer unter das Kopftuch, das neben ihren Ohren flatterte. »Du bist doch gerade erst gekommen! Wir hatten noch gar keine Zeit – «
    Â»Max ist unter der Erde, und ich habe wirklich einen Hund, der nicht mit einreisen durfte, wegen der Quarantänebestimmungen, dazu noch eine Katze mit Diabetes, erwähnte ich das schon? Alles Weitere, wenn wir uns sehen. Sag mir bloß, wann und wo. Ich habe mich hier schon praktisch entlassen.«
    Ella hatte einen Moment lang das Gefühl, seekrank zu werden, aber nicht von den Wellen, die dicht unter ihr an der Bordwand entlangschäumten.

    Annika fragte: »Bambi?«
    Â»Ich bin noch dran«, sagte Ella. »Du hast es noch immer drauf, einen zu überfahren.«
    Annika brachte ein trockenes Lachen zustande. »Ich gebe dir mal die Nummer, unter der du diesen Aziz erreichen kannst«, sagte sie. »Du solltest aber nur ihn anrufen, nicht seinen Kollegen, warum auch immer. Hast du was zu schreiben?« Sie gab Ella die Handynummer des Polizisten durch. »Ach, jetzt fällt mir ein, wo wir uns treffen könnten – gibt es den kleinen Imbiss noch, wo wir früher immer waren?«
    Â»Gibt es«, sagte Ella.
    Â»Gut, dann in einer Stunde, okay?«
    Ella sah, wie Forell und Dany zu ihr herüberschauten. Am liebsten hätte sie Aziz sofort angerufen, aber das war nicht gut, es wäre zu schnell gewesen, zu unüberlegt.
    Sie kehrte der Reling den Rücken, gerade als rechter Hand die Zwillingstürme der Nikolaikirche wieder vor dem Bug erschienen. Sie ging zu Forell und Dany zurück und sagte: »Es tut mir leid, Professor Forell, da vorn an der Anlegestelle muss ich von Bord gehen. Etwas Dringendes – eine kranke Freundin, die bald abreist. Wäre es möglich – können wir uns morgen wieder treffen und dann weiterreden?«
    Dany sah sie überrascht an.
    Â»Herr Professor?«, fragte Ella.
    Â»Ich weiß nicht«, sagte Forell. »Das kommt – es kommt etwas überraschend.« Seine Augen waren so schmal geworden, dass die unruhige Iris zwischen den Lidern zu zappeln schien wie ein winziges gefangenes Tier. »Erst wollen Sie mich um jeden Preis sprechen, und dann telefonieren Sie und müssen plötzlich unbedingt weg?« Sein Blick huschte zu Dany und wieder zurück. »Kann ich Ihnen trauen? Ich weiß nicht, ob ich Ihnen trauen kann.«
    Â»Sie können mir trauen«, sagte Ella und beugte sich zu ihm
hinunter. »Es geht um mein Leben, nicht um Ihres. Und ich vertraue Ihnen. Ich gebe Ihnen meine Handynummer, so sehr vertraue ich Ihnen.«
    Â»Eine Handynummer ist nichts«, sagte Forell. »Wissen Sie, wessen Handynummern ich alles habe?«
    Â»Ich verspreche Ihnen, dass ich Mados DVD mitbringe.«
    Er blinzelte. Endlich nickte er, und sie gab ihm die Nummer. Er schloss die Augen, schien sich die Zahlen einzuprägen. »Meine Termine morgen sind – also ja, vielleicht geht das. Bitte, rufen Sie mich in der Frühe an, um neun. Und das hier – «, er griff nach der Jiffy-Tasche zwischen seinen Oberschenkeln und reichte sie ihr, » – das ist für Sie. Es ist

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