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Erlosung

Erlosung

Titel: Erlosung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischer Claus Cornelius
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nicht verschwunden und unsere Welt bald ein Spielball skrupelloser Verschwörer …«
    Â»Wieso nennen Sie ihn beim Vornamen?«, fragte Ella. »Kennen Sie ihn denn?« Am Straßenrand glitten die Abfahrtsschilder nach Potsdam vorbei, und sie beugte sich nach vorn zum Fahrer. »Gleich müssen wir rechts raus – «
    Â»Ein unbeschilderter Feldweg zu einem kleinen Friedhof«, rief Forell. »Sagen Sie ihm das.« Er hörte zu, wie sie seiner Aufforderung folgte, dann antwortete er auf ihre Frage: »Wir drei sind einander seit einigen Jahren freundschaftlich verbunden – Raymond, Serge Barrault und ich. Als es um die Rettung des Euro ging, vor einigen Jahren, gehörten wir zu den Beraterteams der deutschen und der französischen Regierung, und dabei haben wir festgestellt, dass wir nicht nur gut zusammenarbeiten, sondern vor allem die gleichen Ideen im Herzen tragen – «
    Das Handy verstummte plötzlich. »Hallo?«, sagte Ella. »Ich höre Sie nicht mehr – Professor Forell?«
    Â» – mich kurz vor seinem Verschwinden angerufen«, es knackte, dann war Forell wieder da, »und gesagt: Ich schicke dir etwas von größter Wichtigkeit durch jemanden, den du kennst. Er sagte mir nicht, wer es ist; es sei zu gefährlich. Er sagte mir auch nicht, was es war, um mich nicht in Gefahr zu bringen. Er sagte, sein Telefon würde wahrscheinlich überwacht, alle seine Telefone und seine Computer auch. Er sah keinen anderen Weg, mir diese Sache zukommen zu lassen, schon gar keinen elektronischen – man weiß nie, wer einem über die Schulter schaut und es dann womöglich verfälscht oder ganz zerstört. Er wollte versuchen, die Welt auch über das Internet zu warnen, aber er hatte wenig Hoffnung, dass es gelingen könnte. Nur mir und Serge könne er vertrauen, sagte er. Aber Serge ist Franzose, und es gibt zu viele korrupte Beamte im Elysée.«
    Forell sprach jetzt schneller, als versuche er, die Dringlichkeit
zu verdeutlichen, die aus Lazares Anruf auch zu ihm gesprochen haben musste. »Wenn ihm etwas zustößt, hat er gesagt, dann soll ich den Gegenstand jemandem in der Amerikanischen Botschaft geben. Der Inhalt ist verschlüsselt und lässt sich nicht kopieren, nur vernichten. Das einzige andere Exemplar befindet sich in seinem Besitz.«
    Â»Aber was ist es?«, fragte Ella.
    Â»Ein Memory Stick mit einer Bild- oder Tonaufnahme, aber wovon genau, hat er mir nicht gesagt. Nur dass es sich um eine Verschwörung handele – eine Verschwörung mit dem Ziel, unserer Welt ein für alle Mal ein anderes Gesicht zu geben, nein, sie so zu entstellen, dass man sie nicht mehr wiedererkennen könne. Ich betrachte es als meine Aufgabe, das zu verhindern, sagte er. Aber bis der richtige Zeitpunkt gekommen ist, müsse er unsichtbar werden, denn sie würden versuchen, ihn auszuschalten, ihn für immer zum Schweigen zu bringen. Das klingt vielleicht etwas melodramatisch für Ihre Ohren, aber Sie dürfen nicht vergessen – er ist Franzose.«
    Ella spürte, wie ihr Blut heiß wurde; sie spürte es an den Schläfen und auf der Stirn. »Woher weiß er von dieser Verschwörung? «
    Die Verbindung wurde immer schlechter, und auf einmal ertönte Musik. Forell lachte. Es war ein leises, resigniertes Lachen, als wäre ihm plötzlich klar geworden, wie wenig von dem, was er bisher ernst genommen hatte, wirklich etwas bedeutete. »Hören Sie das?«, fragte er. »Bach, Johann Sebastian. Toccata und Fuge in D, dazu ein Glas roten Bordeaux.« Ein melodisches Gläserklirren mischte sich in die Orgelklänge. »Sie werden nicht rechtzeitig hier sein, oder? Aber das spielt jetzt wohl auch keine Rolle mehr. Ach, ja – die Verschwörung: Raymond gehörte dazu, jedenfalls anfänglich. Er sprach von einem Kartell, das aus sieben Mitgliedern bestand – er und sechs weitere, von denen jedes einzelne mehr Geld und Macht hätte als die
meisten Staaten der Europäischen Union zusammen. Diese Macht und dieser Reichtum machten ihm Angst. Raymond ist anders als die meisten Bankiers müssen Sie wissen. Er spürte die Last der Verantwortung. Manchmal, sagte er, halte ich den Atem an, um den Furcht einflößenden Herzschlag eines Giganten zu hören, dessen Kraft die ganze Welt verändern kann. Und dann spüre ich, wie er zum Schlag meines eigenen Herzens wird, das mich

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