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Erlosung

Erlosung

Titel: Erlosung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischer Claus Cornelius
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geschlossen, die Kabine stand auf einer anderen Etage. Ella schob die Walther in die Tasche und drückte den Rufknopf, wusste aber in derselben Sekunde, dass sie nicht stehen bleiben durfte. Das Treppenhaus – da, die Tür! Sie zerrte an der Klinke und dachte erst, die Tür wäre abgesperrt, doch sie war wieder nur schwer. Sie musste sich mit ihrem ganzen Körpergewicht dagegenwerfen. Dann gab die Tür nach, und ein Schwall warmer, ölig riechender Luft schlug ihr entgegen.
    Â»Bleiben Sie stehen, Doktor Bach! Geben Sie auf! Wir kriegen Sie sowieso! Sie – «
    Die Tür fiel zu und schnitt Aziz das Wort ab. Mit großen Sprüngen hetzte Ella die Betonstufen hinunter. Sie hörte ihre Schritte von den Wänden widerhallen, und sie hörte sich selbst keuchen, in schnellen flachen Atemstößen, und sie hörte ein surrendes Geräusch, und sie blieb stehen, um es genauer hören zu können, der Fahrstuhl! , und von irgendwoher weit weg vernahm
sie eine Stimme, mikrofonverstärkt, aus dem großen Saal, und dann hörte sie, wie unter ihr die Tür geöffnet wurde, und sie lief weiter.
    Als sie die nächste Etage erreichte, krachte ein Schuss über ihrem Kopf, diesmal kein Schalldämpfer, und gleich darauf noch einer. Im Laufen blickte sie nach oben, und da war der Mann mit dem Hauttransplantat und feuerte, aber die Kugeln prallten von den Stufen ab und heulten als Querschläger durch den Schacht. Im selben Moment erschienen zwei schwarz gekleidete Sicherheitsmänner auf einem Treppenabsatz über ihnen, einen Hund an der Leine. Der Mann mit dem Transplantat rief ihnen etwas zu, das wie là ba s klang, und sie trampelten die Stufen herunter.
    Ella rannte weiter, in großen Sprüngen, und bei jedem Sprung schoss der Schmerz von ihrer Hüfte hoch bis hinter die Stirn. Sie wusste nicht, wie viele Untergeschosse das Kongresszentrum hatte, aber bestimmt gab es dort unten mehr Möglichkeiten, ihren Verfolgern zu entkommen, und vielleicht fand sie auch noch andere Fahrstühle. Sie versuchte, sich das Gebäude vorzustellen wie eine dreidimensionale Computeranimation. Wo war sie? Wie weit ging es noch nach unten? Sollte sie die Tür zur nächsten Etage nehmen? Und da, musste sie dann da nach links oder rechts?
    Der Weg zurück nach oben war ihr verstellt. Die Hundeführer waren schnell, die Pfoten des Tiers klickten auf den Stufen, aber es bellte nicht, nur sein hechelnder Atem war zu hören. Die Beleuchtung flackerte. Jenseits der Eisentür hielt der Lift mit einem mechanischen Seufzen. Ein Klappern verriet, dass die Kabine sich öffnete und wieder schloss. Dasselbe Seufzen, als sie sich wieder in Bewegung setzte. Ella hörte eine Sirene, die von weit draußen hereindrang, und aus der Tiefgarage einen Motor der gestartet wurde, gefolgt von quietschenden Reifen. Sie rannte weiter.

    Wo ist der nächste Fahrstuhlschacht? Ich muss wieder nach oben, ich muss die Pistole loswerden, irgendwo verstecken, wo man sie nicht findet, und das Bekennerschreiben, das auch, ich muss muss muss –
    Sie glühte vor Hitze und Angst. Auf jedem Absatz warf sie einen Blick nach oben. Die Hundeführer öffneten die Tür über ihr, zerrten das Tier mit sich, raus aus dem Treppenhaus, die laufen zum Fahrstuhl, sie wollen dir den Weg abschneiden, die Kabine surrte heran, wo ist Aziz?, und da war er, da war Aziz, drängte sich durch die Tür zur Treppe, an den beiden schwarz gekleideten Männern und dem Hund vorbei, und als er freies Schussfeld auf Ella hatte, drückte er ab.
    Nichts geschah. Er drückte noch einmal ab, wieder nichts. Er blieb stehen, um nachzuladen, fluchte.
    Ella rannte weiter, mit schmerzender Lunge. Und sie war schneller als der Lift, ja, tatsächlich, sie war schneller. Die nächste Tür , dachte sie noch, dann war sie schon da, zog sie auf und befand sich in der Tiefgarage, gleich neben dem Fahrstuhlschacht. Das Licht war hier unten schwächer, aber ausreichend. Die Reihen parkender Autos verlockten dazu, sich dazwischenzuducken, zu verstecken. Surrend näherte sich der Lift.
    Ella überlegte fieberhaft. Gegenüber auf der anderen Seite der Garage, gab es noch mehr Türen. Wohin führen die? Du musst zurück in den großen Saal. Wenn dir nichts einfällt, sitzt du in der Falle. Entscheide dich, schnell! Da entdeckte sie den Feuerlöscher an der Wand, ein paar Meter von der Fahrstuhltür

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