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Ermittler in Weiß - Tote sagen aus

Ermittler in Weiß - Tote sagen aus

Titel: Ermittler in Weiß - Tote sagen aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgan Dürwald
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Gefühlsregungen gezeigt. Als die Zeugin von dem versitzenden Richter gefragt wurde, wie sich der Täter bei ihr verhalten habe, sagte sie, dass sie schon nach wenigen Minuten gemeinsam ins Bett gegangen seien. Der Richter wollte nun wissen: »Haben Sie dann gleich Geschlechtsverkehr gehabt?« Zum allgemeinen Erstaunen antwortete die Zeugin etwas verlegen: »Nee, Herr Richter, Geschlechtsverkehr haben wir nicht gehabt.« Bei dieser Behauptung blieb sie auch trotz mehrfachen Befragens. Da sie aber auf die Frage »Was haben Sie denn dann im Bett gemacht?« verlegen herumdruckste und nicht richtig zu antworten wusste, schaltete sich der Sachverständige Dr. Voigt ein. »Herr Richter, darf ich die Zeugin einmal direkt befragen?« »Bitte, Herr Sachverständiger, fragen Sie direkt.« Daraufhin wandte sich Dr. Voigt an die Zeugin: »Na, Mädchen, ihr seid doch gleich nach seiner Ankunft ins Bett gegangen?« »Ja sicher, Herr Doktor.« »Und wann habt ihr gevögelt?« »Erstmal gleich und dann noch mehrfach am Abend, aber Geschlechtsverkehr hatten wir keinen.« Damit war die Angelegenheit im Bett klargestellt und für das Gericht die Gefühllosigkeit des Angeklagten bewiesen. Und ich hatte gelernt, mich bei einer Befragung dem geistigen Niveau des Befragten anzupassen und notfalls auch einmal eine nicht ganz salonfähige Ausdrucksweise zu wählen, eine Erfahrung, die auch bei späteren Verfahren, bei denen ich selbst als Sachverständiger auftrat, immer wieder bestätigt wurde. Im Verlauf dieses Jahres arbeitete ich mich in das umfangreiche Gebiet der gerichtlichen Medizin ein. Neben der Sektionstätigkeit gab es noch weitere Spezialgebiete, die ich kennen lernen musste. Eine wichtige Rolle spielte die Toxikologie, die Lehre von den Vergiftungen, denn Todesfälle und Gesund-heitsschäden durch Gifte spielten immer wieder eine wichtige Rolle. Neben der Erkennung einer Vergiftung und ihrer Symptome waren auch Kenntnisse über den chemischen Giftnachweis notwendig. Hierzu gehörte auch der Nachweis und die Beurteilung einer speziellen und weit verbreiteten Art einer Vergiftung, nämlich der Beeinträchtigung durch Alkohol, sowohl bei Verkehrsdelikten als auch bei anderen Straftaten. Blutalkoholbestimmungen zählten daher im Institut zu den wichtigen Aufgaben, die von einem Arzt übernommen wurden. Später erfolgte die chemisch-toxikologische Bestimmung der Blutalkoholkonzentration nach dem Verfahren von WIDMARK durch einen Chemiker, während die medizinische Bewertung der alkoholischen Beeinflussung weiterhin dem Arzt oblag. Zum damaligen Zeitpunkt wurden die Blutalkoholuntersuchungen für ganz Thüringen im Jenaer Institut durchgeführt, sodass eine relativ große Zahl von Untersuchungen zusammenkam. Ein weiteres Spezialgebiet der Gerichtlichen Medizin ist die Feststellung der Vaterschaft. Untersuchungen zu derartigen Fragestellungen beschränkten sich zur Zeit meines Eintritts in das Fach in Jena im Wesentlichen auf die Feststellung der Zeugungsfähigkeit. Blutgruppengutachten sind dort zwar schon vor dem Krieg erstattet worden, wurden aber während des Krieges wegen Serummangel eingestellt und erst zu einem späteren Zeitpunkt wieder eingeführt. Das galt auch für serologische Spurenuntersuchungen. Weil ich das Gebiet sehr interessant fand, waren inzwischen aus dem halben Jahr, das ich bei der Gerichtsmedizin bleiben wollte, fast anderthalb Jahre geworden. Zudem verführte mich die hervorragende Arbeitsatmosphäre im Institut zum Bleiben. Doch dann wurde es dennoch Zeit, mich meiner ursprünglich favorisierten Fachrichtung zuzuwenden. Ich verließ die Gerichtsmedizin, um wieder eine klinische Tätigkeit aufzunehmen. Es bestanden aber weiterhin noch sehr enge persönliche Kontakte zu den Mitarbeitern des Instituts. Ich war zunächst wieder in der Chirurgie tätig und ging dann für eine begrenzte Zeit in die Neurologie/Psychiatrie, dem zweiten Fach, das eigentlich für mich nicht infrage kam. Hier gefiel es mir aber so gut, dass ich blieb, schließlich die Facharztausbildung begann und auch zu Ende führen wollte. Doch abermals kam etwas dazwischen. Am Abend des 1. Mai 1954 klingelte ziemlich spät das Telefon. Es war eine weibliche Stimme am Apparat, die mich aufforderte, sofort in ihre in der Innenstadt gelegene Wohnung zu kommen, sie hätte mir etwas Wichtiges mitzuteilen. Da sie aber nicht bereit war zu sagen, um was es sich handelte und ich aus meiner damaligen Tätigkeit in der Nervenklinik der Universität auch mit

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