Ermittler in Weiß - Tote sagen aus
Uferstelle in der Nähe des Fundortes zeigte sich eine leicht flach abfallende Beschaffenheit des Seeufers. Allerdings lagen einige größere Steine in diesem Bereich, sowohl außerhalb als auch im Wasser. Sowohl die Platzwunde am Hinterkopf als auch die Hautabschürfungen an den Schultern waren kaum unterblutet. Sie hätten ihrer Beschaffenheit nach auch nach dem Tode entstanden sein können. Da sich bei der Sektion ein typischer Ertrinkungsbefund gezeigt hatte, war die Frau zweifellos lebend ins Wasser geraten und dann ertrunken. Die Platzwunde am Hinterkopf, die sehr oberflächlich war und kaum zu einer ernsthaften Beeinträchtigung geführt haben dürfte, konnte auch entstanden sein, als der Sack ins Wasser gerollt wurde. Unter Berücksichtigung aller bis zum Zeitpunkt unmittelbar nach der Sektion bekannten Befunde und Umstände entschied ich mich trotz der Auffindungssituation dafür, mit größter Wahrscheinlichkeit einen Selbstmord anzunehmen. Die Frau hatte sich nach meiner Überlegung wahrscheinlich am Ufer selbst in den Sack begeben, diesen von innen zugebunden und sich dann in den See gerollt. Hierbei konnte sie durchaus mit dem Kopf an einen Stein gestoßen sein und sich die Platzwunde bzw. die Hautabschürfungen zugezogen haben. Allerdings war dadurch noch nicht geklärt, wodurch die Abschürfungen und Eintrocknungen an den beiden Seiten des Halses entstanden waren. Hier musste noch etwas anderes vorgefallen sein. Zwei Tage später wurde meine Selbstmord-Hypothese bestätigt, als der frühere Freund mit der Post einen Abschiedsbrief von der jungen Frau erhielt. Hierin teilte sie ihm ihr Vorhaben mit, wobei sie als Grund anführte, die Trennung von ihm nicht verkraften zu können. Sie kündigte auch an, mit Hilfe des Seesacks, der von ihrem Freund stammte, ins Wasser zu gehen. Sie hatte dieses außergewöhnliche Vorgehen gewählt, weil sie eine gute Schwimmerin war und befürchtete, sich ansonsten durch Schwimmbewegungen zu retten. Auch die Kopfwunde und die bis dahin rätselhaften Veränderungen am Hals fanden durch den Abschiedsbrief eine Erklärung. Sie hatte nämlich zu Hause bereits einen Selbstmordversuch durch Erhängen gemacht, bei dem jedoch der Strick gerissen war. Sie war auf den Boden aufgeschlagen und hatte sich eine Wunde am Kopf zugezogen.
Kapitel 5
Tod durch Dolche und Äxte (Scharfe Gewalt)
Stich-, Schnitt- und Hiebverletzungen werden unter dem Begriff der scharfen Gewalt zusammengefasst. Sie spielten in der DDR insofern eine größere Rolle, als sie mit Werkzeugen - Messer, Dolche und auch Hiebwerkzeuge wie Äxte und Beile - durchgeführt werden konnten, die relativ leicht zu beschaffen waren. Schusswaffen dagegen standen nur einem begrenzten Personenkreis zur Verfügung. Verletzungen durch scharfe Gewalt kamen sowohl bei Unfällen als auch bei Selbstmorden und Morden vor. In den fünfziger Jahren begegneten uns relativ häufig Schnitt- und auch Stichverletzungen bei Verkehrsunfällen, da viele ältere Fahrzeuge noch nicht mit Sicherheitsglas ausgestattet waren. Bei Kollisionen zersprangen die Scheiben, insbesondere die Windschutzscheibe, wobei scharfe, mitunter dolchähnliche, äußerst spitze Glasscherben entstanden, die schwere Stich-und Schnittverletzungen hervorriefen. Sie erschwerten mitunter erheblich die Feststellung, ob eine solche Verletzung durch den Unfall selbst hervorgerufen worden oder vorher als Folge einer tätlichen Auseinandersetzung entstanden war. Nur die genaue Untersuchung der Wunde und des Stichkanals konnte in solchen Fällen weiterhelfen. Das Gleiche galt auch für die Beurteilung von Schnittwunden, da Glasscherben so scharf wie ein Messer sein und auch Verletzungen wie durch ein Messer hervorrufen können. Der im Folgenden geschilderte Fall hat uns zunächst viel Kopfzerbrechen bereitet und konnte nur durch die gemeinsame Beurteilung sämtlicher Ermittlungsergebnisse geklärt werden.
Mord oder Unfall?
Auf einer Landstraße, die durch ein größeres und dichtes Waldgebiet führte, wurde ein Pkw älteren Baujahrs im Straßengraben gefunden. Mit der rechten Frontseite war er offensichtlich zunächst gegen einen ziemlich dicken Baum gefahren, wobei der rechte Kotflügel abgerissen, die Vorderachse nach hinten verschoben und der Kühler aufgerissen wurde. Durch den Anprall hatte sich der Wagen offensichtlich gedreht, war dann in einem beinahe rechten Winkel zur Straße in den Graben gefahren, wobei wahrscheinlich noch weitere Beschädigungen an der
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