Ermittler in Weiß - Tote sagen aus
Fahrspur zu sehen, die offensichtlich der Traktor verursacht hatte, denn er stand auf dieser Spur. Er musste aus irgendeinem Grund im Kreis gefahren sein, und das offenbar mehrfach, wie die Spur erkennen ließ. Die kreisförmige Fahrspur führte zudem über den Kopf des Toten und über den vorderen Teil der Anhängergabel hinweg. Damit stellten sich neue, konkretere Fragen: Wer hatte den Traktor gefahren? Warum war er überhaupt im Kreis gefahren? War es womöglich doch kein Unfall? Wollte jemand den Traktoristen umbringen? Die Untersuchung des Traktors ergab, dass der Schlüssel noch steckte, die Zündung eingeschaltet und der Rückwärts-gang eingelegt war. Beim Versuch, ihn anzulassen, sprang er aber nicht an. Wie sich herausstellte, war der Benzintank leer. Bei der Untersuchung des Toten fiel mir auf, dass an der Vorderseite im Bauchbereich die Kleidung zerrissen war. Darunter befand sich auf der Haut ein Eintrocknungsbezirk, der eine ganz eigenartige Form hatte, eine so genannte geformte Verletzung durch einen stumpfen Gegenstand. Um welchen es sich handeln konnte, vermochte ich auf Anhieb nicht zu sagen. Es musste jedenfalls ein flächenhafter und auch kantiger Gegenstand gewesen sein, der mit mäßiger Gewalt gegen die Haut gepresst worden war. Möglicherweise war der Traktorist dadurch umgeworfen worden. Als wir die Anhängerkupplung des Traktors untersuchten, fanden wir daneben an der Rückfront des Traktors eine Stelle, die genau die Form und Beschaffenheit aufwies, die für die Entstehung der Hautabschürfung bzw. Hauteintrocknung erforderlich war. Der Traktor war demzufolge rückwärts gefahren, sicherlich, um den Hänger anzukuppeln, wobei der Traktorist die Gabel des Anhängers hochgehalten hatte, um sie in die entsprechende Vorrichtung des Traktors einrasten zu lassen. Dabei war der Traktorist wahrscheinlich angefahren und umgeworfen worden. Zuletzt war der Traktor vermutlich über seinen Kopf hinweggefahren und hatte ihn getötet. So könnte es gewesen sein. Nur, wer hatte den Traktor gefahren und sich nach dem Unfall aus dem Staub gemacht? Wollte er vielleicht Hilfe holen oder war er in Panik geraten und einfach weggelaufen? Warum hatte der Traktorist den Traktor nicht selbst gefahren und einen Helfer die Gabel halten lassen wie er das ansonsten immer handhabte? Um bei der Klärung dieser Fragen voranzukommen, wurden alle Mitarbeiter des Gutes zusammengerufen, um sie zu befragen und um zu prüfen, ob eventuell einer fehlte. Aber es fehlte keiner. Und keiner wollte zum Zeitpunkt des Unfalls in der Nähe gewesen sein. Sie bestätigten sich ausnahmslos gegenseitig, schon auf dem anderen Feld gewesen zu sein. Es gab keinen Grund, an dieser Aussage zu zweifeln. Aber wer hatte dem Traktoristen beim Ankuppeln geholfen? Als der mittlerweile ebenfalls am Unglücksort eingetroffene Staatsanwalt wiederum sehr eindringlich nach einer eventuell noch fehlenden Person fragte, drucksten einige der Traktoristen herum und erklärten schließlich, dass es eine Möglichkeit gebe, wie man das Ankuppeln auch allein bewerkstelligen könnte. Es sei zwar verboten, so zu verfahren, weil es gegen die Arbeitsschutzvorschriften verstößt, aber es werde gelegentlich doch praktiziert, wenn die Traktoristen allein sind und nicht auf einen Helfer warten wollen. In diesem Falle lege der Traktorist beim Traktor den Rückwärtsgang ein, richte die Lenkung in Richtung auf den Anhänger aus und stelle den Gashebel auf Standgas. Dann lasse er den Traktor langsam rückwärts fahren, springe selbst schnell ab, laufe zur Anhängergabel, hebe sie an und warte, bis der Traktor herankomme. Dann führe er die Gabel in die Kupplung, springe wieder auf den langsam fahrenden Traktor auf und halte ihn an. Wie sich herausstellte, hatten die meisten Traktoristen diese Methode schon mehrmals angewandt, um Zeit zu sparen, wenn kein Helfer da war. Da es bisher immer geklappt hatte, hielten sie es für ausgeschlossen, dass diese Ankupplungsmethode eine Gefahr darstellen sollte. Ganz offensichtlich war Hans B. ebenso verfahren. Die erneute genaue Untersuchung der Kupplungsvorrichtung sowohl am Traktor als auch am Hänger bestätigte die Annahme: Sie zeigte nämlich deutliche Spuren vom Abgleiten der Anhängergabel. Hans B. hatte demnach zwar beim Anheben der Gabel die Höhe richtig getroffen, war aber etwas seitlich der Kupplungsvorrichtung aufgetroffen und nicht in die Kupplungsklaue gerutscht. Da man bei dieser Art des Ankuppelns nur über einen Versuch
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