Ermittlerpaar Moretti und Roland 02 - Suendenspiel
Esads Mörder gefunden?«, fuhr Doktor Andersen mit einem kleinen, ironischen Lachen fort.
»Noch nicht, aber wir verfolgen einige wichtige Spuren, die uns schon noch zu ihm führen werden«, sagte Roland.
Doktor Andersen blieb vor einer Tür stehen, die offensichtlich in Safets Zimmer führte.
»Safet? Bist du da? Die Polizei ist hier und möchte mit dir sprechen … schon wieder.«
»Einen Augenblick«, rief Safet von drinnen.
Der Arzt schaute sie mit einem nachsichtigen Lächeln an.
»Teenager«, sagte er. »Man muss ihnen das Recht auf ihre Geheimnisse lassen.«
»Den meisten«, sagte Roland.
Die Tür wurde geöffnet, und ein junges Gesicht tauchte auf. Die Haare waren frisch geschnitten, die Sachen dunkel wie immer und mit einem Partisanentuch aufgepeppt. Dieses Mal in grünen Farbtönen.
»Seien Sie nett zu ihm«, sagte der Arzt und ging zurück ins Wohnzimmer.
Liv und Roland traten in Safets neues Reich. Es war … ja, sehr neu. Ein Bett in der Ecke, ein Regal mit seinen Büchern, ein großer Schrank mit Spiegeltüren, ein Schreibtisch mit seinem Laptop und noch nichts an den Wänden. In der Ecke ein weiterer Flachbildfernseher, wie viel Zoll konnte Roland nicht schätzen, doch darunter blinkte eine Spielkonsole.
»Du bist ja komplett ausgestattet, was?«, fragte Liv und ging zu dem Fernseher hinüber, während Safet erklärte, dass Doktor Andersen das alles für ihn gekauft hatte, er es ihm aber zurückzahlen würde, wenn er erst 18 war.
»Und wovon, von deinem Studiendarlehen?«, fragte Roland und dachte, dass Doktor Andersen dann wohl lange auf sein Geld warten konnte. Rolands Sohn, Peter, hatte auch gedacht, er würde reich sein, wenn er erst einmal sein Darlehen bekäme, aber die Enttäuschung war gewaltig gewesen. Man bekam nicht viel, wenn man noch zu Hause wohnte, und nicht zuletzt, weil Roland und seine Exfrau darauf bestanden hatten, dass Peter für sein Handy und seinen persönlichen Verbrauch selbst aufkam und ihm kein Taschengeld mehr gaben, standen ihm keine großen Summen zur Verfügung.
»Wenn ich mein Geld bekomme. Aus der Lebensversicherung meines Vaters«, antwortete Safet mit kindlichem Trotz in der Stimme.
Liv berührte den Bildschirm.
»Nice. 50 Zoll?«
»52.«
Liv pfiff.
»Nicht schlecht.«
Safet behielt seine düstere Miene bei.
»Warum sind Sie gekommen?«
Roland und Liv sahen sich an, als wollten sie absprechen, wer den Anfang machen sollte. Sie setzen sich aufs Bett, und Liv legte los.
»Wir sind über einige Informationen gestolpert, die wir nicht ganz verstehen«, sagte sie, und Roland erklärte, dass es in erster Linie um seinen Vater ging, ein Stück weit aber auch um ihn.
Safet nickte. Sein Gesichtsausdruck änderte sich nicht im Geringsten. Er war unverändert ernst.
Roland seufzte. Sie mussten es angehen, auch wenn das bei dem jungen Mann, der in seinem Leben bereits so viel durchgemacht hatte, unweigerlich einiges aufreißen musste.
»Okay«, sagte er. »Wir haben heute mit der Polizei in Sarajevo gesprochen und die haben uns erzählt, dass …«, er atmete tief durch, bevor er fortfuhr, »Esad Nuhanovic und sein Sohn Safet 1996 ermordet in einem Massengrab außerhalb von Srebrenica gefunden wurden. Ein Jahr nach dem Massaker und eurer Flucht aus der Stadt.«
Über Safets Gesicht huschte ein Schatten, und gerade als Roland hätte schwören können, dass er nicht mürrischer dreinblicken konnte, passierte es. Sein Gesicht fiel in sich zusammen, und auch sein ganzer Körper schien in sich zusammenzusacken. Was sie wussten, war keine Überraschung für den Jungen. Nur dass es entdeckt worden war.
»Wir haben keine Erklärung dafür, hoffen aber, dass Sie uns das erklären können. Ich weiß natürlich, dass Sie erst drei Jahre alt waren, als Sie geflohen sind, aber vielleicht hat Ihnen Ihr Vater etwas erzählt, das uns eine Antwort darauf geben kann?«, fragte Liv.
Safet biss sich auf die Lippe. Der entscheidende Punkt, an dem der Verhörte über seine Antwort nachdachte. Wenn er sich jetzt nur für die richtige entschied, die Wahrheit sagte und nicht ein neues Netz aus Lügen spann.
Liv zog ein blaues Päckchen Camel Lights aus der Tasche.
»Rauchen Sie?«, fragte sie und bot Safet eine an.
»Wenn es niemand sieht«, sagte er und griff nach der Zigarette.
Sie gab ihm Feuer und steckte sich selbst auch eine an.
»Dachte ich mir doch«, sagte sie dann, während ihre Gesichter für einen Moment hinter dem Qualm verschwanden.
Roland war den Rauch
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