Ermorden Sie ihn unauffällig
Bar gesessen — mittlerweile war es wieder Montag geworden —, und
nachdem er dahintergekommen war, daß er uns mit nichts mehr beleidigen konnte,
war er dazu übergegangen, uns völlig zu ignorieren. Er tat, als sei er taub,
und reagierte kein bißchen auf gesprochene, gerufene oder geschriene
Bestellungen.
So ging das nun schon wieder
eine geschlagene Stunde lang, und da wir beide die einzigen Gäste waren, begann
die Sache allmählich spannend zu werden.
»Donavan!« Duke trommelte mit
beiden Fäusten heftig auf die Theke. »Wenn Sie schon Ihre Gäste nicht bedienen
wollen, dann stellen Sie wenigstens diese vermaledeite Bourbonflasche auf die
Bar, ja?« Nichts rührte sich. »Sieh dir nur diesen elenden alten Mistkerl an«,
stöhnte Duke. »Man müßte mitten auf der Autobahn einen Sockel bauen und ihn
daraufstellen. Dann würde ich mir einen Panzer kaufen und ihm ganz schön
einheizen.«
»Ich glaube, er geht ein«,
sagte ich laut. »Er fällt auseinander, ein morscher Brocken nach dem anderen.«
»Ich möchte lieber nicht
dabeisein, wenn es passiert.« Duke erschauerte bei dem Gedanken. »Der Gestank.«
»Paß auf«, sagte ich erregt.
»Wenn wir uns seinen Leichnam unter den Nagel reißen, können wir ein Vermögen
scheffeln. Wir lassen ihn einbalsamieren und ziehen quer durch die Staaten
damit. Wir wären die Sensation auf sämtlichen Jahrmärkten — wie klingt zum
Beispiel das: >Das Monstrum, das sich als Mensch maskierte!< Ein Blick
auf Donavan — einbalsamiert —, und niemand käme auf den Gedanken, daß er mal so
etwas wie ein Kneipier war.«
»Klingt gar nicht so übel.«
Duke nickte nachdenklich. »Aber wie soll man die komischen Haarbüschel
erklären, die ihm aus dem Kopf sprießen?«
»Er war doch ein Monstrum aus
einer anderen Welt«, sagte ich langsam. »Er brauchte Haare, weil er wie ein
Mensch aussehen wollte. Also nahm er ein bißchen ganz seltenes Gras, wie es nur
in der Mongolei wächst, und pflanzte es auf seinem Schädel ein. Es ist bloß
nicht richtig angegangen.«
»Weißt du auch, warum?« schrie
Duke triumphierend. »Weil dieses Gras in der mongolischen Wüste nur wächst,
wenn es ständig von vorüberziehenden Kamelen gedüngt wird — verstehst du?«
»Na klar«, schrie ich zurück.
»Und mit den Zähnen hatte er den gleichen Ärger — weil er ja ursprünglich auch
keine besaß. Die Dinger, die er jetzt hat, die stammen...«
Eine Flasche Bourbon landete
mit ohrenbetäubendem Krach vor uns auf der Theke. »Der erste Schluck soll euch
im Hals steckenbleiben!« schrie uns Donavan halb irre und mit wild blitzenden
Augen an, während er mein Geld kassierte. »Und dann sollen euch Giftpilze und
Algen in der Kehle wachsen, damit ihr ganz langsam erstickt!«
»Mein lieber Mann«, sagte Duke
todernst, »solches Zeug wächst dir ja schon auf dem Dach.«
Donavan zuckte, als habe er
gerade den Todesstoß empfangen, dann stieß er einen gellenden Schrei aus, griff
sich mit jeder Hand ein Haarbüschel und zerrte wie ein Wilder daran.
»Aha!« brüllte er ein paar
Sekunden später. »Seht ihr’s? Nicht mal ein Haar kann man ansreißen; selbst
nicht mit einem Bagger!«
Da stand er und blinzelte uns
in stolzer Freude an, während ihm die Schmerztränen übers Gesicht rollten.
»Das war wirklich fabelhaft.«
Duke brannte sich lässig eine Zigarette an. »Hast du noch mehr solcher Tricks
in der Kiste, Donavan?« Dann beugte er sich zu mir herüber. »Wenn wir ihn gehen
lassen und er so weitermacht, dann bringt er sich vielleicht selber um — und
dann brauchen wir nur noch so ’ne Flüssigkeit zum Balsamieren.«
»Ha!« Donavan widmete uns eine
verzerrte Grimasse, dann verlor er plötzlich jedes weitere Interesse und zog
sich wieder ans andere Ende der Bar zurück.
»Wie hast du eigentlich den Tag
verbracht, mein Freund?« erkundigte sich Duke, während ich unsere Gläser neu
füllte.
»Das weißt du doch«, knurrte
ich. »Genauso wie den Tag zuvor und den Tag davor — und so weiter. Larry holt
mich jeden Morgen am Hotel ab und fährt mich irgendwohin in die Wildnis, wo ich
am allerwenigsten Gelegenheit habe, einen Menschen zu treffen. Nachmittags holt
er mich wieder ab, und in der Zwischenzeit spiele ich Wildschütz oder wie du’s
nennen willst — jedenfalls verziere ich die Landschaft mit lauter .45 8er
Patronenhülsen. Es ist schon ein aufregendes Leben...«
»Der oberste Chef und ich
hatten eine Sitzung, die fast den ganzen Tag dauerte«, sagte er langsam. »Es
ist, als
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