Erntedank
sonst nicht so.«
Kluftinger seufzte. Er wusste schon, warum er seine Sekretärin nur äußerst selten so eng in die Arbeit mit einband.
»Lass sie doch einfach«, verteidigte Hefele die Sekretärin, was Strobl wiederum veranlasste, ein vielsagendes Grinsen in Richtung seines Chefs zu schicken.
»Was macht ihr gerade?«, wollte Strobl wissen.
»Wir gehen die Sagen noch mal durch. Der Mörder hat uns damit sein eindeutiges Motiv geliefert, darin sind wir uns einig, denk ich.«
»Du sagst immer ›der Mörder‹. Wir wissen doch jetzt seinen Namen«, wandte Hefele ein.
»Schon. Einerseits passt das alles ganz gut, das mit seiner Mutter und so weiter. Aber was hat er denn mit der Heiligenfeld zu schaffen? Ich bin mir noch nicht sicher. Die Kollegen vernehmen ihn gerade, soviel ich weiß. Ich wollt sowieso gleich mal rübergehen. Das wird sich ja jetzt bald klären.«
Wie aufs Stichwort wurde die Tür aufgerissen, und Sandy stürmte herein, ihre Wangen vor Aufregung leicht gerötet. Sie legte Kluftinger das Blatt mit dem Gedicht, das er ihr gegeben hatte, auf den Schreibtisch, daneben platzierte sie den Ausdruck einer Internetseite. Darauf stand ebenfalls das Gedicht, allerdings schien es sich bei dem bei der Ärztin gefundenen Exemplar nur um die erste Strophe zu handeln. Kluftinger las sich konzentriert die weiteren dreizehn Strophen durch, nickte dann und sagte: »Also nicht selbst erfunden. Sehr gute Arbeit Fräulein Henske, danke.«
Doch die Sekretärin blieb stehen und sah den Kommissar mit großen Augen an.
»Ist noch was?«
Sie hatte offenbar damit gerechnet, dass er es selbst sehen würde, aber da das nicht der Fall war, tippte sie mit ihrem Finger ganz unten auf das Papier. Kluftinger folgte mit seinem Blick der Bewegung und zog plötzlich erstaunt die Augenbrauen nach oben.
»Sappradi! Auf geht’s, Kollegen, wir haben zu tun.«
Mit diesen Worten schnappte er sich den Ausdruck und lief aus dem Zimmer.
***
Kurz bevor er den Raum erreicht hatte, in dem zwei Beamte den
Tatverdächtigen vernahmen, hatten ihn seine Kollegen eingeholt.
»Was hast du denn auf einmal? Was hat Sandy denn gefunden?«
Statt einer Antwort reichte er ihnen den Zettel. Maier griff zu, las ihn und wurde blass. Kommentarlos reichte er ihn an Hefele weiter, der zusammen mit Strobl den Kopf darüber beugte. Gleichzeitig entdeckten sie die Stelle, die ihre Kollegen so in Aufruhr versetzt hatte: Unter dem Gedicht stand kleingedruckt »Autor: Brentano, Clemens. Romantik.«
Kluftinger war bereits im kleinen Vorraum des Vernehmungszimmers, in dem ein Kollege und eine der wenigen Beamtinnen der Sonderkommission Heinz Brentano in der Mangel hatten. Er steckte den Kopf zur Tür hinein und bedeutete einem von ihnen, herauszukommen.
Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, schüttelte Martina Schütz, eine hübsche Brünette, die mit ihren Einsachtundfünfzig vielleicht etwas klein geraten war, den Kopf: »Ganz schön harte Nuss.«
»Habt ihr schon was?«, wollte Kluftinger wissen.
»Nichts Verwertbares. Er hat kein Alibi, so viel ist klar. Den angeblichen Freund, mit dem er den Videoabend verbracht haben will, haben wir immer noch nicht gefunden. Er kommt mir irgendwie komisch vor.«
»Haben Sie außer Ihren Vermutungen sonst noch was rausgefunden?«, entgegnete Kluftinger und es tat ihm im gleichen Moment Leid, dass er einen so harschen Ton angeschlagen hatte. Aber er war zu aufgeregt, er schien der Lösung nahe zu sein.
Die Kollegin wirkte kurzzeitig irritiert, fing sich aber gleich wieder und sagte: »Immerhin haben wir das, was in den Akten steht. Ist ja kein Unbekannter, unser Freund hier. Zahlreiche Körperverletzungen. Aber eben auch ein sturer Bock.«
»Irgendwas zu den Zahlenkombinationen?«
»Nö.«
»Lassen Sie mich mal rein.«
Die Kollegin öffnete die Tür, nickte dem Beamten, der an einem kleinen Tischchen Brentano gegenüber saß, zu und ließ dann Kluftinger den Vortritt. Ihm folgten die anderen drei Kollegen. Brentano machte große Augen, als er die vielen Polizisten sah. Dann sagte er verächtlich: »Werden die zwei allein nicht mehr fertig mit mir?«
Kluftinger ignorierte den Metzger zunächst, flüsterte dem Kollegen, der ihn gerade noch verhört hatte, etwas zu, was Brentano sichtlich verunsicherte, und setzte sich ihm dann gegenüber.
Ganz ruhig sagte er: »Herr Brentano, ich weiß nicht, ob Ihnen die Rechtslage klar genug ist: Wenn Sie nicht gestehen, kann das Strafmaß deutlich schärfer
Weitere Kostenlose Bücher