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Erntedank

Erntedank

Titel: Erntedank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Michael; Klüpfel Kobr
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zog sich wortlos seine Jacke an. Die anderen standen noch etwas ratlos im Zimmer, bis Kluftinger auch ihnen eine Aufgabe zuwies. »Ihr könnt euch ja so lange mal um Sutters Umfeld kümmern. Ich würde vorschlagen … «, er machte eine kurze Pause, in der er sich die Aufgabenverteilung durch den Kopf gehen ließ: »Richard, du klopfst die geschäftliche Seite ab. Und du, Roland, schaust mal, was du über sein Privatleben so rauskriegen kannst. An die Arbeit.«
    ***
    Keine zehn Minuten später parkte Kluftinger seinen Passat am Straßenrand mitten in einem Waldstück am östlichen Ortsrand von Kempten. Mehrere Polizisten in Uniform hatten sich vor und hinter einem Wagen postiert, der in einer kleinen Haltebucht stand und von dem Kluftinger annahm, dass es sich dabei um Gernot Sutters BMW handele. Der Förster hatte ihn auf einem Kontrollgang entdeckt und die Polizei alarmiert. Zwei Beamte leiteten den spärlichen Verkehr an dem Auto vorbei und forderten die neugierigen Fahrer durch Winken auf, die Stelle zügig zu passieren.
    »Dann schau ma uns die Sache mal an«, sagte Kluftinger zu Strobl und setzte sich in Bewegung.
    »Schlecht scheint sein Geschäft ja nicht gelaufen zu sein«, sagte Strobl nach ein paar Schritten mit Blick auf das Auto. Kluftinger nickte. Es war ein neuer Siebener-BMW; wirklich nicht ganz billig. Gleichzeitig erkannten die beiden Kriminalbeamten, die von hinten auf das Fahrzeug zugingen, dass sich über die Windschutzscheibe unzählige feine Sprünge zogen. Sie sahen sich wortlos an und beschleunigten ihren Schritt.
    Die Fahrertüre stand offen, im Wagen lag ein Mann, der seine Füße nach draußen gestreckt hatte. Der Rest des Körpers lag seltsam verrenkt im Auto, der Kopf entzog sich dem Blick, weil er im Fußraum des Beifahrersitzes verschwunden war. Kluftinger, der zuerst gestutzt hatte, weil es beinahe so ausgesehen hatte, als würde hier noch ein Toter auf sie warten, erkannte schnell, dass das Beinpaar zu Wilhelm Renn gehörte. Nur Renn trug diese albernen karierten Golfhosen. Und nur Renn war an Tatorten in solchen Verrenkungen anzutreffen – wenn man von den Leichen einmal absah. Für alle hieß er deswegen »Willi, der Wühler«, weil er sich als leitender Beamter des Erkennungsdienstes nicht zu fein war, selbst vor Ort nach den verborgensten Spuren zu suchen.
    »Na, Willi, was gefunden?«, rief Kluftinger in den Wagen, nachdem er die Hupe der Limousine kurz gedrückt hatte.
    Zuerst hörte Kluftinger einen dumpfes Poltern, dann folgten ein paar Flüche und schließlich kam ein haarloser Schädel zum Vorschein. Kluftinger blickte in ein rotes, schmerzverzerrtes Gesicht; Renn rieb sich mit behandschuhten Fingern die Stirn. »Vielen Dank auch«, sagte er mit krächzender Stimme. »Du weißt genau, wie schreckhaft ich bin«, beklagte er sich weiter.
    »Du? Schreckhaft?«, Kluftinger blickte zu Strobl und fuhr mit unüberhörbarer Ironie fort: »Also, Eugen, hast du das gewusst? Der Willi ist schreckhaft. Ein so gestandenes Mannsbild?« Damit spielte der Kommissar auf einen weiteren wunden Punkt bei Renn an – er war klein und dürr und mit seiner Glatze und seiner Hornbrille mit den zentimeterdicken Gläsern wirkte er wie der Prototyp dessen, was die Allgäuer ein »Krischpele« nannten.
    »Ja ja, schon gut. Hauptsache, ihr habt euern Spaß. Aber zum Leichenfleddern bin ich schon recht, da macht ihr euch die Finger nicht schmutzig«, gab Renn beleidigt zurück, stieg aus dem Wagen und verstaute das Pinselchen, das er gerade noch in der Hand gehalten hatte, in einem kleinen Koffer. Dann strich er sich seinen dunkelgrünen Trenchcoat glatt, der so gar nicht zu seinem roten Sweatshirt und der karierten Hose passen wollte.
    »Aber dafür hab ich auch nix für euch«, sagte er und klang dabei ein wenig schadenfroh.
    »Wie – nix?« Kluftingers Blick wanderte in den Wagen. Er sah die eingedrückte Windschutzscheibe, die zwar gesplittert, aber bis auf ein paar kleine Scherben, die auf dem Armaturenbrett lagen, ganz geblieben war.
    »Keine Fingerabdrücke?«, fragte der Kommissar.
    Renn sah ihn mitleidig an. »Natürlich haben wir Fingerabdrücke. Aber wenn du mich fragst, werden die dir nicht viel nützen. So wie sich der Tathergang darstellt … «
    Kluftinger wartete ein paar Sekunden. Als Renn aber nicht fortfuhr, drängte er ihn mit einem »Wie denn?« zum Weitersprechen.
    »Also gut. Ist jetzt aber nur meine Meinung«, fing Renn an und lief mit kleinen Trippelschritten an dem

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