Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erntedank

Erntedank

Titel: Erntedank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Michael; Klüpfel Kobr
Vom Netzwerk:
folgte Erika nach draußen, machte aber einen Abstecher in die Abstellkammer und schnappte sich den kleinen SchwarzWeiß-Fernseher, den sie für »Notfälle« dort abgestellt hatten. Als er mit Siggi ebenfalls nach draußen ging, steckte er ihm einen Zwanzig-Euro-Schein zu und zischte: »So schnell es geht, versteh’n wir uns?«
    Siggi ließ den Schein in der Gesäßtasche verschwinden und grinste breit über das ganze Gesicht. Dann stieg er in seinen Lieferwagen, nickte Erika Kluftinger zu, sagte »Keine Angst. Des krieg ma schon« und fuhr davon.
    Einigermaßen beruhigt drehte sich die Hausherrin nach ihrem Mann um. Als sie sah, was er dabei hatte, zog sie ungläubig die Augenbrauen hoch. »Was soll jetzt das sein?«
    »Wieso? Nur der Fernseher. Ich hab gedacht … «
    »Ja, spinnst jetzt du? Wir können doch nicht unseren eigenen Fernseher mit zur Annegret und zum Martin mitnehmen. Am besten packst du noch unsere Matratzen ein!«
    Wären sie nicht so umständlich zu transportieren gewesen, Kluftinger hätte es in Erwägung gezogen. In Langhammers Betten fand er jedenfalls keinen richtigen Schlaf.
    »Aber der Fernseher … «
    »Kommt nicht in Frage. Wenn du den Fernseher mitnimmst, dann sind wir geschiedene Leut. Ich mach mich doch nicht lächerlich mit dir!«
    Jetzt wurde es eng. Er wollte unbedingt diesen Fernseher mitnehmen. So könnte er sich frühzeitig von der Abendgesellschaft zurückziehen und müsste nicht die senfgelb gestrichene Wohnzimmerdecke der Langhammers anstarren. Erikas Schimpftirade hatte ihm genügend Zeit gelassen, sich eine überzeugende Begründung zurechtzulegen.
    »Es ist so«, hob er selbstsicher an, »die bringen heute wahrscheinlich in verschiedenen Sendern was über den Fall. Das sollt ich schon sehen.«
    Seine Frau blickte ihm prüfend in die Augen. »Aber das kannst du doch auch beim Martin … «
    Diesmal ließ er sie nicht ausreden. »Ich kann ja wohl schlecht die ganze Zeit ihren Fernseher belegen. Ich weiß ja nicht mal, ob sie überhaupt einen haben. Gesehen hab ich jedenfalls keinen.«
    Ohne ihre Antwort abzuwarten, stapfte er an ihr vorbei auf den Passat zu. Er rechnete jeden Augenblick mit einem weiteren Einspruch ihrerseits, doch der blieb aus. Ohne sich seinen Triumph anmerken zu lassen, öffnete er den Kofferraum und stellte das Gerät hinein.
    Als sie schon im Auto saßen und er gerade den Zündschlüssel drehen wollte, fiel ihm noch etwas ein.
    »Bin gleich wieder da«, sagte er und rannte noch einmal ins Haus. Dort griff er sich seine lederne Aktentasche, ging in die Küche, öffnete den Kühlschrank und nahm sich die Tupperdose mit dem Wurstsalat heraus, die dort seit vorgestern stand. Mit einem zufriedenen Lächeln schob er sie in die Tasche, ging nach draußen und zog die Tür hinter sich zu.
    ***
    Als sie das Auto vor Langhammers Doppelgarage parkten, bat Erika ihren Mann, den Fernseher wenigstens erst später aus dem Auto zu holen. Vielleicht würden es ihre Gastgeber ja gar nicht bemerken. Kluftinger war anstandslos zu diesem Zugeständnis bereit. Immerhin würde er auch ganz gerne auf eine Bemerkung Langhammers über seinen TV-Transport verzichten.
    »Das Glockengeläut von Big Ben« – so hatte der Doktor ihn gestern stolz über die Melodie der Türglocke aufgeklärt – war noch nicht ganz verklungen, da öffnete sich bereits die Tür. Das Ehepaar Langhammer strahlte sie erwartungsfroh an.
    »Wir haben schon auf euch gewartet«, sagte der Doktor und winkte sie in den Flur. Kluftinger fiel auf, dass beide recht elegant gekleidet waren. Annegret trug eine samtige, schwarze Hose mit einem wollweißen Pulli, darüber eine Perlenkette und der Doktor ein Tweed-Sakko über einer dunkelbraunen Cordhose.
    »Geht’s ihr noch weg?«, fragte Kluftinger mit ehrlichem Interesse. Der Aufzug seiner Gastgeber hatte in ihm die Hoffnung geweckt, einen unverkrampften Abend allein mit seiner Frau verbringen zu können. Doch Langhammers sahen sich nur fragend an.
    »Ich mein … wegen eurem G’wand«, fügte Kluftinger erklärend hinzu.
    Wieder blickten sich die beiden an und fingen dann gleichzeitig an zu lachen: »Nicht doch, nicht doch, mein Bester. Das ist doch nur unsere Homewear. Was Legeres für den Feierabend.« Kluftinger bekam einen roten Kopf. Das fing ja schon gut an. Was Legeres für den Feierabend. Homewear! Na, damit konnte er auch dienen. Er grinste bei dem Gedanken, dass er in wenigen Minuten mit seiner in jeder Beziehung formlosen hellblauen

Weitere Kostenlose Bücher