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Erntedank

Erntedank

Titel: Erntedank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Michael; Klüpfel Kobr
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betreiben wie der Doktor. Und auch die Tatsache, dass er tatsächlich einen Ausdruck wie »Name-Dropping« gedacht hatte, zeigte ihm, dass er schon viel zu lange hier war. Zu Hause hätte er es einfach »Klugscheißerei« genannt.
    Wie sehnte sich der Kommissar jetzt nach einer zünftigen Schafkopfrunde. Kluftinger war sich sicher, dass Langhammer die Geheimnisse dieses Kartenspiels bis jetzt verborgen geblieben waren. Vielleicht würde er sich eines Tages einen Spaß daraus machen und ihn in der hohen Kunst dieses Spiels unterweisen. Bei einem hochdeutschen Wissensquiz würden ihn seine Kenntnisse aber erst einmal nicht weiterbringen.
    »Ich hab extra Bier gekauft, Sie mögen ja keinen Wein. Darum ein Gläschen Gerstensaft für Sie«, sagte Langhammer und schob dem Kommissar ein Weizenglas an dessen Platz. Kluftinger verkniff sich eine Bemerkung darüber, dass ein Weizen ja nun eigentlich kein Bier sei, ein Gerstensaft schon gar nicht – schließlich wurde es aus Weizen gebraut – denn er wollte die Kampfeslust des Hausherrn nicht schon so früh wecken. Schließlich war die Waffe in Form des Spiels ja bereits gewählt und Kluftinger fühlte sich schon vor Beginn unterlegen. Abgesehen davon freute er sich auch ein bisschen darüber, dass sich der Doktor seine Vorliebe für Bier gemerkt hatte. Deswegen beließ er es bei einem ehrlich gemeinten »Danke«.
    Als das Spielbrett auf dem Tisch lag, hob Dr. Langhammer sein Weinglas und sagte »Auf unsere Gäste. Santé!«
    Kluftinger stieß mit dem Doktor, der ihm gegenüber saß, an. Er nahm einen großen Schluck, denn er hatte Hunger und er dachte, damit seinen Magen zumindest ein wenig besänftigen zu können. Nach seinem Zwischenfall in der Leichenhalle war ihm zunächst der Appetit vergangen und er hatte tagsüber nicht mehr viel zu sich genommen. Das machte sich jetzt in einem flauen Gefühl bemerkbar.
    Als hätte der Doktor seine Gedanken erraten, sagte er zu seiner Frau: »Ach, bist du so gut und holst noch das Essen aus der Küche? Die beiden werden bestimmt hungrig sein.«
    »Allerdings«, nickte Kluftinger voller Vorfreude darauf, dass er nun etwas zwischen die Zähne bekommen würde. Sein Lächeln gefror jedoch, als er sah, was Annegret da ins Wohnzimmer trug. Sie hielt ein Tablett in den Händen, auf dem sich winzig kleine Brötchen mit allerlei buntem Belag und Verzierungen befanden.
    »Was Leichtes für den Abend«, kommentierte der Doktor das Tablett seiner Frau.
    Kluftinger rechnete sich blitzschnell aus, dass sich darauf höchstens fünf »leichte« Häppchen für jeden von ihnen befanden, die zusammengesetzt etwa die Größe eines Wurstbrotes ergaben, von denen Kluftinger beim Abendessen schon mal vier bis fünf verdrücken konnte.
    »Keine Angst, es ist genug da«, sagte Annegret und Kluftinger errötete aus Scham darüber, dass man ihm seine Gedanken möglicherweise angesehen hatte. Die Röte in seinem Gesicht wich aber schnell wieder einer dezenten Blässe, als Annegret nachschob, dass sich exakt noch ein solches Tablett in der Küche befinde. Machte bestenfalls zwei Wurstbrote, überschlug Kluftinger in Gedanken – viel zu wenig für einen anstrengenden Tag.
    »Meine Frau ist berühmt für ihre Canapés«, jauchzte der Doktor und drückte seiner Frau auch gleich einen Kuss auf die Wange.
    Kluftinger runzelte die Stirn. Was sollte schon dabei herauskommen, wenn man die Brotzeit nach einem Sitzmöbel benannte. Nachdem er sich drei von den Dingern einverleibt hatte, zwang er sich, eine Höflichkeitspause einzulegen. Seine Gedanken wanderten sehnsüchtig zu dem Wurstsalat oben im Gästezimmer. Die Brötchen schmeckten ja wirklich nicht schlecht. Aber eben nach dem Abendessen, nicht stattdessen.
    »So, jetzt geht’s aber los. Faites vos jeux, wie der Lateiner sagt«, lachte der Doktor.
    Kluftinger nickte ihm zu. Das wird ein langer Abend, dachte er.
    ***
    »Hallo! Du bist dran!« Erika versetzte ihrem Mann einen Stoß in die Rippen.
    »Ich … ach so, natürlich.« Mit einem Seufzen griff sich Kluftinger den Würfel und ließ ihn lustlos auf die Tischplatte fallen. Er zog seinen Spielstein – in Ermangelung anderer Farben hatte er sich für einen violetten entscheiden müssen – ziellos auf dem Brett hin und her. Ein Blick auf die antike Standuhr hinter Langhammer ließ ihn erstarren: Er hatte das Gefühl, mindestens seit einer Stunde hier am Tisch zu sitzen, tatsächlich waren aber erst wenig mehr als 15 Minuten vergangen. Er wusste

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