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Erntedank

Erntedank

Titel: Erntedank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Michael; Klüpfel Kobr
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Möglichkeiten schien es ihm noch am wenigsten demütigend, wenn er gleich die Segel strich und sich nicht erst einer Schulstunde des Doktors unterzog.
    »Aber, aber, wer wird denn da gleich aufgeben«, entgegnete der Doktor. »Da werden wir schon gemeinsam draufkommen.«
    Kluftinger biss die Backenzähne zusammen, bis seine Kaumuskeln deutlich hervortraten.
    »Also, nach diesem Maler ist auch eine füllige Körperstatur benannt«, sagte Langhammer. Kluftingers Augen verengten sich zu Schlitzen. Er wartete ein paar Sekunden, um zu sehen, ob der Doktor fortfahren würde. Hätte er eine Andeutung gemacht, dass gerade er das doch eigentlich wissen müsste, hätte er ihn seinen lila Spielstein essen lassen. Doch der Doktor hielt sich zurück. Noch. Kluftinger entspannte sich etwas, was die Blutzufuhr zum Gehirn merklich erhöhte. Seine Gedanken wurden wieder klarer. Eine Körperstatur und ein Maler, hatte der Doktor gesagt … Rubens, natürlich, damit musste dieser Rubens gemeint sein. Der mit den unglaublich dicken Frauen. Aber wie hieß der jetzt mit Vornamen? Karl, oder so ähnlich? Kluftinger schüttelte den Kopf: Egal, jetzt galt es vielmehr zu überlegen, ob er sich die Blöße geben sollte und die Lösung, auf die er nur mit des Doktors ungefragter Hilfe gekommen war, auch sagen sollte. Andererseits: Würde er stumm bleiben, sah er vermutlich noch blöder aus.
    »Rubens?«, brummte er deswegen missmutig und rechnete diesen Treffer gedanklich seinem Gegenüber an. Eins zu Null. »Peter Paul Rubens, ganz genau«, jauchzte der Doktor. »Mitte 16. bis Mitte 17. Jahrhundert, die Kernzeit des Barock«, dozierte er und drehte erst dann die Karte zur Kontrolle um, las die Antwort, spitzte zufrieden den Mund und nickte sich selbst anerkennend zu. Die Frauen schwiegen.
    Dann schickte er ein Lächeln zu Kluftinger hinüber, würfelte und zog seinen Stein. » … vier, fünf, sechs: Naturwissenschaft, na, wenn das mal nicht meine Lieblingskategorie ist.«
    Der Doktor schien nur Lieblingskategorien zu haben. Die Enttäuschung, die sich darüber in Kluftinger breit machte, versuchte dieser dadurch zu bekämpfen, dass er sich einredete, der Doktor bluffe nur. Er besah sich die Frage: Immerhin schien sie nicht ganz leicht zu sein.
    »Wie nennt man das Atmungssystem von Insekten?« Er hielt den Atem an.
    »Tracheen. Das sind feine Luftkanäle, die an der Körperoberfläche nach außen münden und sich im Gewebe verzweigen, so dass sie Luft zu den inneren Organen leiten können«, kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen.
    »Klingt ja reichlich auswendig gelernt«, murmelte der Kommissar.
    »Wie bitte?«, fragte Langhammer sofort.
    »Ich hab nichts gesagt«, erwiderte Kluftinger.
    Mit einem siegessicheren Lächeln auf den Lippen wollte der Doktor gerade die Würfel an seine Frau weiterreichen, da stoppte ihn ein »Moment!« Kluftingers mitten in der Bewegung.
    Für einen Augenblick war es still. Erika drehte ruckartig den Kopf und blickte ihren Mann mit leidender Miene an. Ihr schwante Böses. Sie wusste, dass ihr Mann nicht gerne verlor, das brachte vielleicht sein Beruf mit sich. Sie hatte gedacht, dass er sich in diesem Fall würde beherrschen können. Zumindest aber hatte sie gehofft, dass er mit seiner Intervention ein bisschen länger warten würde.
    »Wie oft haben Sie dieses Spiel eigentlich schon gespielt?«, fragte Kluftinger in polizeilichem Vernehmungston.
    Langhammer verstand nicht recht. »Ach Gott, sehr oft schon. Ist eines unserer Lieblingsspiele, nicht wahr, meine Sonne?«, antwortete er freundlich, doch sein Lächeln erstarb, als er in Kluftingers versteinerte Miene blickte.
    »Hab ich mir doch gedacht«, grinste der, lehnte sich zurück und sagte schließlich: »Ob wir nicht vielleicht die Karten mal ein bisschen mischen sollten?«
    Langhammer schien immer noch nicht zu verstehen. Er blickte etwas unsicher zwischen Kluftinger und den beiden Frauen hin und her, weil er das Gefühl hatte, möglicherweise einen Witz nicht mitbekommen zu haben. Dann dämmerte es ihm. »Sie meinen … ich … also wo denken Sie hin?«, sagte er und begleitete den Satz mit einem hüstelnden Lächeln, das nur schwer seine Empörung kaschieren konnte.
    »Wir stecken doch die Karten immer hinten rein, das sind alles neue Fragen, Herr Kluftinger.«
    »Ja, sicher, dann haben Sie ja bestimmt auch nichts dagegen, wenn ich ein bisschen mische, oder?«
    »Mein Mann ist halt immer sehr fürs Korrekte«, versuchte Erika die

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