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Erntedank

Erntedank

Titel: Erntedank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Michael; Klüpfel Kobr
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Beute, oder wie? Zwetschgenknödel als Hauptgericht, Zwetschgenkompott als Nachspeise, als Kuchen Zwetschgendatschi! Das ist ja sehr abwechslungsreich.«
    Kluftinger war im Moment nicht danach, seinem Kollegen die geschmacklichen Vorzüge eines guten Datschi mit echten Hauszwetschgen, Streuseln und Sahne zu erläutern. Er war vielmehr irritiert, weil sein Vermeidungsplan offenbar versagt hatte.
    »Ja, ja, immer das Gleiche«, antwortete er deswegen beiläufig, um dann mit größerem Interesse fortzufahren: »Und die Mail?«
    »Du, es ist ja dein Computer, und ich kenn ja dein Passwort nicht.«
    »Hättest du schon machen können«, gab Kluftinger mit gespielter Freundlichkeit zurück.
    Ein paar Sekunden lang erwog Kluftinger seine Alternativen. Er kam zu dem Schluss, dass er, wollte er seine Autorität nicht ernsthaft in Frage stellen, den Computer jetzt zumindest würde anschalten müssen. Das würde ihm auch noch etwas Zeit zum Nachdenken verschaffen. Er ließ sich schwer in seinen Drehstuhl fallen und drückte den Einschaltknopf. Während der Rechner startete, sah er mehrmals verstohlen zu Hefele, der scheinbar gelangweilt in der Zeitschrift des Berufsverbands blätterte. Kluftinger meldete sich als Benutzer an und bewegte dabei stumm die Lippen.
    Als er auf die Taste drücke, die er immer die »Retour-Taste« nannte, von der ihm sein Sohn jedoch stets versicherte, dass es sich um den »Return« handle, fing der Rechner plötzlich an zu piepsen und hörte nicht mehr auf. Kluftinger zuckte zusammen. Aus den Augenwinkeln sah er, dass auch Hefele wegen des Geräusches seinen Kopf gehoben hatte und zu ihm blickte. Kleine Schweißtröpfchen bildeten sich auf seiner Stirn. Er hatte diesen Fall schon einmal gehabt, damals hatte er sich bei seiner Anmeldung vertippt. Leider wusste er nicht mehr, wie er es damals geschafft hatte, doch noch das System zu starten. Kluftinger sah keine andere Möglichkeit: Mit gestrecktem Zeigefinger drückte er noch einmal so lange auf den großen Anschaltknopf, bis der Rechner hörbar abschaltete. Sofort erstarb das Piepsen und der Bildschirm wurde schwarz. Dann begann der Computer erneut hochzufahren. Kluftinger räusperte sich, blickte zu Hefele und wiederholte, als er bemerkte, dass der die ganze Zeit hergesehen hatte, einen Satz, den er so oder so ähnlich einmal bei einer Computerschulung aufgeschnappt hatte: »Das Netzwerk ist mal wieder abgeschmettert.« Hefele sah ihn ein paar Sekunden fragend an und erwiderte dann nickend: »Ja ja, das Netzwerk. Passiert mir auch immer wieder.«
    Als sich Kluftinger erneut anmelden musste, tippte er betont langsam und wiederholte dabei flüsternd die Buchstaben, die er drückte.
    Schließlich startete das Mail-Programm mit einem melodischen Dreiklang. Ganz oben in der Liste leuchtete, blau unterlegt, Böhms Name. Er hatte die E-Mail also erhalten. Jetzt wurde es ernst. Kluftinger zwang sich, ruhig zu bleiben. Er hatte es schließlich schon mehrmals gemacht. Er musste doch eine E-Mail öffnen können.
    Er klickte, klickte wieder, überlegte kurz, während er mit den Augen zweimal über den gesamten Bildschirm hetzte, sah auf die Tastatur, klickte noch einmal, wobei er seine Zunge leicht aus dem Mund schob, was er manchmal machte, wenn er sich sehr stark konzentrierte, und fühlte plötzlich so etwas wie Stolz: Die Nachricht öffnete sich. Mit einem zufriedenen Doppelkinn fläzte er sich in seinen Stuhl: Na also, ging doch.
    Leise, kaum hörbar, las er sich den Text vor:
    »Hallo, Klufti!
    Ich hab dir die Bilder als Attachment geschickt. Habe die
    Schrift recht deutlich herausbekommen.
    LG+CU
    GEORG«
    Als er noch damit beschäftigt war, über den Sinn der Grußformel nachzudenken, erhob sich Hefele vom Sofa, kam zum Schreibtisch und stützte sich auf der Stuhllehne auf, so dass er seinem Chef über die Schulter blicken konnte:
    »Und, lass sehen … «, sagte er und klang irgendwie erleichtert.
    »Das ist nur der Text. Die Bilder hat er als Attachment geschickt.« Kluftinger betonte das Wort dabei französisch: »Attaschmoo«.
    Sein Kollege blickte ihn verständnislos von der Seite an, nickte aber, als er sich ihm zuwandte, und sagte: »Ach ja, natürlich, als Attaschmoo.«
    Dann schwiegen sie einige Sekunden und nickten beide.
    Da niemand etwas sagte, sah sich Kluftinger erneut gezwungen, die Stille zu durchbrechen: »Ich weiß auch nicht, mit diesen Attaschmoos, irgendwie hat mein Computer da manchmal Probleme damit.«
    Hefele nickte weiter. Als

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