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Erntedank

Erntedank

Titel: Erntedank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Michael; Klüpfel Kobr
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Liter Kakao kaufte – eine Kombination, für die er beinahe jede andere Brotzeit hätte stehen lassen – kam er schließlich im Präsidium an. Eigentlich war es ja lediglich eine Polizeidirektion, irgendwann hatte aber auch Kluftinger sich dem Duktus derjenigen, die sich in der Organisationsstruktur der Polizei nicht allzu gut auskannten – so auch seine Frau Erika – angepasst und nannte seine Arbeitsstätte seither meist wahlweise »G’schäft« oder eben »Präsidium«. Tatsächlich befand sich Letzteres aber in Augsburg.
    Zunächst wurde in der morgendlichen Abteilungs-Konferenz, die seit einem Rundschreiben des Innenministeriums zur inneren Reform der Polizeistrukturen und sehr zu Kluftingers Unbehagen offiziell »Teamsitzung« genannt werden sollte, über Hefeles und Kluftingers Besuch bei Sutters Firma gesprochen. Kluftinger nannte sie deswegen noch lieber das »Treffen um halb achte«. Da sonst keine bahnbrechenden Neuigkeiten zu vermelden waren, fand die »Teamsitzung« bereits nach etwa zehn Minuten ihr Ende. Nicht jedoch bevor Kluftinger einige Aufträge an seine Mitarbeiter erteilt hatte:
    Maier sollte sich der Überprüfung der Geschäftsunterlagen von »Steinbock-Reisen« annehmen, zudem den geschäftlichen und beruflichen Werdegang des Opfers beleuchten und sich außerdem über den Leumund der Firma erkundigen.
    Als er Strobl gebeten hatte, weitere Ermittlungen über den Privatmann Sutter und dessen Umfeld anzustellen, kam seinem Kollegen noch eine Idee: »Vielleicht hatte er ja was mit der französischen Au-Pair-Schnecke?«, fragte er mehr im Spaß als im Ernst.
    »Also bitte, wie redest denn du?«, wies Kluftinger seinen Kollegen mehr der Form halber zurecht, »Mei, könnt natürlich … Versuch doch mal, da was rauszukriegen, ich glaub’s zwar nicht, aber wer weiß.«
    Strobl und Maier verließen den Raum, Sandy Henske blieb noch mit Hefele und Kluftinger am Konferenztisch sitzen und wartete offenbar ebenfalls auf weitere Anweisungen.
    »So, Frau Henske, jetzt, mach’ma weiter«, versetzte er.
    Wie es schien, verstand diese das aber nicht wie vom Kommissar beabsichtigt als Aufforderung, wieder an ihren eigenen Schreibtisch zurückzukehren und blieb ungerührt sitzen.
    »Wir hätten’s dann so weit, Sandy, jetzt ist die Konferenz zu Ende, Sie können weitermachen.«
    »Ach so, ja, dann mach isch misch mal wieder an die Arbeit. Glück auf dann noch, die Herren«, überspielte Sandy Henske ihren kleinen Lapsus, den sie auf die mangelnde Fähigkeit ihres Vorgesetzten schob, sich klar und deutlich auszudrücken.
    »Jetzat, ja, jetzt sitzen wir da, gell?«, gab Hefele nach einer Weile etwas verstört von sich. Offenbar hatte Kluftinger einfach vergessen, ihm eine Anweisung zu geben. Jedenfalls wusste er nicht recht, was er nun tun sollte. Dass er nicht sofort danach fragte, lag daran, dass das Verhältnis zwischen ihm und Kluftinger nicht das offenste und herzlichste war. Warum, das wussten sie nicht so recht und wenn man sie danach gefragt hätte, hätten sie es mit Sicherheit auch nicht zugegeben. Hefele war vor einigen Jahren aus dem Einbruchsdezernat in die Abteilung gekommen, noch unter Oberkommissar Reitemann, Kluftingers Vorgänger.
    Kluftinger hatte Hefele, den fünfzigjährigen, untersetzten Kollegen mit dem gezwirbelten Schnurrbart in dieser Zeit als überaus loyalen, ruhigen und humorvollen Kollegen kennen gelernt. Aber irgendwie hatte es sich nie ergeben, dass sie über einen längeren Zeitraum wirklich eng zusammengearbeitet hätten. Strobl und Maier, die kannte er besser, bei denen wusste er eigentlich immer, wie er reagieren musste. Er wusste immer schon vorher, wenn Maier, der Württemberger, im Laufe eines Gesprächs den Versuch unternahm, einen Witz zu machen. Ein Unternehmen, das nach Kluftingers Dafürhalten von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Und während sich Maier, sogar nach Kluftingers nur laienhaft ausgeprägtem Modebewusstsein, nicht vernünftig anziehen konnte, steckte Hefele seinen massigen Körper wie sein Vorgesetzter gerne in Janker und karierte Hemden, auch wenn er dazu Jeans trug. Die beiden waren sogar per Du.
    Und dennoch saßen sie nun da wie der Nachwuchs am Kindertisch, wenn die Eltern entfernte Bekannte eingeladen hatten, die mit ihren blassen Sprösslingen in akkuraten Bügelhemden ankamen, die immer alles besser wussten, und mit denen man sich nett unterhalten sollte, obwohl man sie noch nie gesehen hatte. Hefele machte es einem auch

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