Erntemord
er würde sofort Streifenwagen hinausschicken. Dann sagte er noch etwas, was Jeremy aber nicht verstand, da die Leitung plötzlich tot war.
„Was zum Teufel?“, murmelte Jeremy.
Er sah auf sein Handy. Kein Empfang. Er fluchte.
„Was?“, fragte Brad.
Jeremy zeigte ihm sein Display. „Immerhin bin ich einmal durchgekommen“, sagte er.
Brad holte sein Handy heraus, doch es hatte ebenfalls keinen Empfang.
„Was sollen wir tun, während wir warten?“, fragte er.
„Wir suchen weiter.“
„Wonach?“
„Da bin ich nicht sicher.“
„Nun“, erwiderte Brad. „Wir wissen bereits, dass Ginny
recht hatte. Es waren Lichter hier draußen. Jemand hat eine Leiche abgelegt“, fügte er bitter hinzu.
„Ja, aber da ist noch mehr“, sagte Jeremy.
„Mehr was?“
„Ich weiß nicht, aber ich habe so ein Gefühl und wir müssen es herausbekommen. Lass uns weitersuchen.“
Brad nickte. Seiner Miene sah man die inneren Kämpfe an. Er versuchte, stark zu sein, doch es war ihm unmöglich, nicht zu befürchten, dass sie Marys Leiche dort draußen im Mais finden würden.
Die Sonne stand inzwischen tiefer, und in die zuvor warme Luft mischte sich nun die Kühle des späten Nachmittags. Jeremy stellte den Kragen seiner Jacke hoch und ging mit in den Taschen vergrabenen Händen die Reihen entlang, wobei sein Blick den Boden absuchte.
„Heilige Scheiße“, rief Brad.
Jeremy fluchte, drehte sich um und rannte zurück zu Brad. Brad war ein Stück von der ersten Leiche weitergegangen.
Er war an eine von mehreren Bäumen begrenzte Stelle gelangt, wo die dichten Reihen unordentlich wurden. Der Mais dort war aus Körnern gewachsen, die hinten aus der Sämaschine gefallen waren, und er war durchsetzt mit Buschwerk und Bäumen.
Brad starrte zwischen zwei Bäumen auf einen hohen Pfahl mit einem Strohhut darauf.
Die Leiche, die ihn einst getragen hatte, war so verwest, dass sie heruntergefallen war. Die ausgebleichten Knochen lagen unten auf der Erde.
Dieses Mal wusste Brad, dass die Knochen nicht von Mary stammen konnten, ohne dass Jeremy es ihm sagen musste.
Dennoch stand blanker Horror in seinen Augen.
„Wir haben den Jackpot geknackt“, sagte er trostlos. Er zitterte.
Jeremy nahm an, dass Brad vor einer weiteren Suche ebenso viel Angst hatte wie er selbst. Sie hatten bis jetzt zwei Leichen gefunden.
Wie viele würden es noch sein?
Rowenna konnte Jeremy nicht erreichen. Entweder er telefoniert selber, oder er hat keinen Empfang, dachte sie, denn ihr Anruf ging direkt zur Voicemail, was ihr die Entscheidung leicht machte. Jetzt musste sie Joe anrufen. Doch der nahm auch nicht ab, und als sie das Revier anrief, sagte man ihr, dass er einen Notruf erhalten hätte. Sie zögerte, doch sie hatte keine Gewissheit, dass Adam ein Mörder war, weshalb sie das auch schwerlich als Nachricht hinterlassen konnte. Sie bat den Officer, Joe so bald wie möglich auszurichten, dass sie angerufen hatte.
Ratlos ging sie zur nächsten Straßenecke und fragte sich, wie Adam und Eve reagieren würden, wenn sie sie dabeierwischten, dass sie ihnen hinterherspionierte. Sie wollte die Situation keineswegs schlimmer machen.
Wenn Adam ein Mörder war, der Blackouts hatte, sollte er dann mit seiner Frau allein sein?
Sie ging zum Laden, doch das Geschlossen-Schild war nirgendwo zu sehen. Also atmete sie tief durch, öffnete die Tür und ging hinein.
Eve stand hinter dem Tresen und dekorierte eine Schmuckauslage. Als Rowenna hereinkam, sah sie auf. „Hallo“, begrüßte sie sie, zögerte dann und musterte Rowenna. „Du siehst aus, als hätte dir jemand deinen Thanksgiving-Truthahn gestohlen.“
„Wo ist Adam?“, fragte Rowenna.
„Er ist vor fünfzehn Minuten gegangen. Sagte, er hätte eine Besorgung zu machen. Er sollte gleich zurück sein. Warum?“ Rowenna erkannte an ihrer erhobenen Stimme, dass sie sich Sorgen machte.
„Ach, ich habe ihn gesehen, das ist alles. Ich dachte, er wäre inzwischen wieder zurück.“
„Rowenna, was ist los?“
„Er … er möchte es dir selber sagen.“
Eve runzelte die Stirn und sah verärgert aus. „Warte eine Minute. Da geht etwas vor sich, und mein Mann sagt es dir zuerst?“
„Er hat Angst. Und er liebt dich.“
„Er hat Angst wovor? Und Liebe ist nur ein Wort“, sagte Eve, die sichtbar angespannt war. „Rowenna, was zum Teufel ist los?“
Rowenna sah nach draußen. Noch immer kein Zeichen von Adam. „Er war bei mir und hat mir erzählt, dass er Blackouts hat. Er befürchtet,
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