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Erntemord

Erntemord

Titel: Erntemord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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lokalen Künstlern und Goldschmieden zusammen.“
    „Wie steht’s mit Pulvern und Zaubertränken? Verkaufen sie die auch?“
    „Ja. Und Tee“, erwiderte Rowenna, die die leichte Schärfe in seiner Stimme heraushörte.
    „Tut mir leid“, sagte er und setzte sein Glas ab. „Ich schätze, ich sollte dich nach Hause bringen.“
    „Klingt gut.“ Sie glitt vom Stuhl und wartete auf ihn.
    Als Hugh mit der Rechnung kam, lächelte Rowenna ihn an. Er grinste zurück. „Bis bald“, sagte er.
    „Bis bald. Danke“, sagte Jeremy. Er legte eine Hand in Rowennas Rücken und führte sie hinaus.
    Die Luft draußen war herrlich frisch. Die bittere Kälte des Winters aber ließ noch auf sich warten.
    Die Stadt wirkte sehr ruhig. Es schien, als wären sie die einzigen Menschen auf der Straße, als sie zu Jeremys Mietwagen schlenderten.
    Er zeigte auf eines der Häuser, an denen sie vorbeikamen. „Meine neues Domizil“, sagte er.
    „Oh, ein ganzes Haus?“, fragte er.
    „Hey, es ist Herbstsaison“, sagte er. „Es war besser, das Haus zu mieten, als die lächerlich überteuerten Hotelpreise zu zahlen. Ich hatte nur Glück, es zu bekommen, weil jemand anders kurzfristig absagen musste. Wusstest du, dass sogar die Einheimischen gerne herumreisen, um die Herbstfärbung zu sehen?“
    „Ja, aber sie werden bald weiter nördlich reisen“, sagte sie. „Vermont, Maine.“
    „Es ist hübsch“, gestand er zu.
    „Da unten, wo du wohnst, bekommt ihr die Jahreszeiten nicht wirklich mit, oder?“
    „Aber sicher. Wir haben es tödlich heiß. Dann nur heiß.
    Fast kühl. Und manchmal im Schatten liegt fast so etwas wie Frost in der Luft.“
    Sie lachte.
    „Ich übertreibe“, sagte er. „Wir hatten im Norden sogar Schnee, und es gab Tage, an denen es in Nordflorida kälter war als in Chicago.“
    Während sie die Straße entlanggingen, dachte sie, dass sie sein Lächeln wirklich mochte. Sie wünschte, sie wären nicht nur deshalb hier, weil eine Frau vermisst wurde. Und sie fragte sich, wie es weiterginge, wenn sie ihr Haus erreicht hatten.
    Am Wagen öffnete er ihr die Beifahrertür. „Danke, dass du dich von mir nach Hause bringen lässt“, sagte er beiläufig.
    „Nun, es ergab Sinn, und da es dir nichts ausmacht …“, erwiderte sie und hoffte, dass ihr Tonfall ebenso leichthin klang.
    Als sie die Stadt hinter sich ließen, bemerkte sie unwillkürlich, wie viel dunkler alles wurde. Die Küste von New England war dicht besiedelt, seit die Pilgerväter gelandet und andere ihnen gefolgt waren. Doch sie fuhren ins Landesinnere, in das Farmland. Sie erklärte Jeremy jedes Richtungsschild, damit er genau wusste, wohin sie fuhren und wie er wieder zurückkam.
    „Wie weit draußen wohnst du?“, fragte er.
    „Jetzt? Zwanzig Minuten. Zur Rushhour? Dreißig. Und an einem Tag wie Halloween über eine Stunde.“
    Sie wohnte nicht so weit AußerHaushalb der Stadt, aber die Straßenbeleuchtung wurde immer spärlicher und versiegte ganz, als sie die Maisfelder erreichten. Sie starrte auf die aufrechten Stängel, bleiche Wachen in der Nacht. So kurz vor der Ernte standen sie sehr hoch. Sie zogen verschwommen als Schatten in der Dunkelheit an ihr vorbei.
    Rowenna hatte gar nicht bemerkt, wie angespannt sie war, bis sie fast zusammenzuckte, als sie Jeremys Stimme hörte.
    „Hast du viel Land?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Nein, nur wenige Hektar. A berich liebe das Haus, und das Landleben ist schön. Ich dachte immer daran, mir ein Pferd anzuschaffen, wenn ich nicht mehr so viel unterwegs bin.“
    Sollten sie die Maisfelder inzwischen nicht passiert haben? fragte sie sich. Sicher mussten sie inzwischen ihr Haus erreicht haben. Nein, sie schätzte die Entfernung falsch ein, weil die Maisfelder ihr Angst machten.
    Sie ermahnte sich, nicht lächerlich zu sein. Sie wohnte draußen bei den Maisfeldern. Sie war an sie gewöhnt. Dieses Unbehagen war völlig neurotisch. Sie musste damit aufhören. Sie liebte ihr Zuhause und konnte es sich nicht leisten, wegen eines dummen Albtraums Angst davor zu haben.
    „Bist du in Ordnung?“, fragte er und sah sie von der Seite an.
    „Alles gut. Warum?“, fragte sie.
    „Du siehst blass aus.“
    „Sei nicht albern“, wehrte sie ab und hoffte, dass ihr Lachen nicht so unsicher klang, wie sie sich fühlte. „Das ist das Licht. Oder der Mangel an Licht.“
    Schließlich hatten sie die Maisfelder hinter sich gelassen. Natürlich befanden sie sich noch immer dort draußen. Lauerten in der Dunkelheit.

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