Erntemord
Gerichtsmediziner aus und bekreuzigte sich, als er zu der Leiche hinaufsah.
Joe schüttelte den Kopf und wandte sich schließlich ab. „Bloß nichts vermasseln“, sagte er kurz. „Keine Fehler, kein Beweismaterial, das übersehen, verloren oder unbrauchbar gemacht wird, verstanden?“
Niemand antwortete, doch an ihren Gesichtern konnte man erkennen, dass seine Botschaft angekommen war. Einer der Männer von der Spurensicherung begann, Fotos zu schießen. Ein anderer stolperte ein paar Schritte weiter, um sich ebenso wie Brad zu übergeben.
Rowenna kehrte gerade zurück, als Joe sich seinen Weg zu Jeremy bahnte. Brad saß ein Stück weiter auf dem Boden, blass und zitternd. Joe warf Brad einen flüchtigen Blick zu und sah dann mit fragend erhobener Braue Jeremy an.
„Es ist nicht Mary“, sagte Jeremy leise.
„Wie zum Teufel haben Sie sie gefunden?“, fragte Joe.
Rowenna atmete zur Beruhigung tief durch und antwortete. „Ich habe sie gefunden. Mir war das Benzin ausgegangen, wie ich dir am Telefon schon erzählt habe.“ Ihre Stimme war tonlos und flach. Sie schüttelte den Kopf, als ob sie noch immer versuchte, die Ereignisse in ihrer Abfolge zu verstehen. „Ich … ich wurde von Krähen angegriffen.“
Joe runzelte die Stirn. „Was hast du außerhalb des Wagens gemacht?“ Bevor sie antworten konnte, fuhr er fort. „Und was meinst du damit, dass du von Krähen angegriffen wurdest?“
„Ich schwöre dir, die Krähen haben mich attackiert“, sagte Rowenna. „Es war so, als ob sie … Ich weiß nicht, als ob sie mich hier rausjagen wollten.“
„Also bist du in das Feld gerannt?“, fragte Joe unnachgiebig.
Rowenna hob verwirrt die Hände. „Ich … ich habe versucht, ihnen zu entkommen, das ist alles.“
„Und dann hast du … sie gefunden“, sagte Joe leise.
Rowenna nickte und schob die Hände in die Taschen ihrer leichten Jacke. Sie ist noch immer erschreckend blass, dachte Jeremy. Und sie vermeidet noch immer jeden Blick auf die Leiche, was er ihr wahrlich nicht zum Vorwurf machen konnte.
Der Wind frischte auf, und die Wolken zogen schneller über den Himmel. Einen Moment lang schien die Sonne, und es wurde fast warm.
Der Geruch des Todes, der vorher merkwürdigerweise gefehlt hatte, wurde plötzlich stechend.
Ein weiterer Polizist zog sich tiefer ins Feld zurück. Sekunden später hörte man, wie er sich erbrach. Joe seufzte und wandte sich an den Gerichtsmediziner. „Harold? Irgendwelche Ideen?“
„Sieht nach Strangulation aus“, erwiderte der Gerichtsmediziner. Er wirkte für seinen Job genau passend. Mittelgroß, mittlere Statur, ruhige blaue Augen und sorgfältig gekämmtes silbernes Haar.
Er war so weiß im Gesicht wie alle anderen.
„Das hätte ich Ihnen auch sagen können“, sagte Joe.
Ich auch, dachte Jeremy. Doch er sagte nichts, denn damit hätte er nur erreicht, die anderen gegen sich aufzubringen.
„Super, dann können Sie ja meinen Job machen“, erwiderte Harold aufbrausend. „Ich kann Ihnen nicht viel mehr sagen, bis Sie sie runtergeholt haben … und ich eine Autopsie durchführen konnte.“
„Ich möchte, dass dieses ganze Feld durchsucht wird“, sagte Joe. „Zentimeter für Zentimeter. Jenkins, wenden Sie sich an die Radiostationen. Ich möchte, dass jeder Farmer im Bezirk seine Vogelscheuchen kontrolliert.“ Er zog kurz die Brauen zusammen. „Wem gehört dieses Grundstück?“, fragte er.
„Den MacElroys“, sagte Rowenna leise. „Ich glaube, es gehört Ginny.“
„Der alten Tante von Nick MacElroy gehört dieses Feld?“, fragte Joe überrascht.
„Soweit ich weiß, geht der Ertrag von diesem Feld an sie, ja. Ihr gehört das Land. Nick gehören das Haus und einige der Felder nördlich davon“, erklärte Rowenna.
„Nun“, sagte Joe leise, als ob er mehr zu sich als zu irgendjemandem anderen spräche. „Ich würde sagen, das schließt die Möglichkeit aus, dass der Besitzer auch der Mörder ist.“ Ersah hinüber zu Jeremy und Rowenna und blickte dann Brad an, der zu ihnen trat, auch wenn er noch sehr mitgenommen aussah. „Fahrt schon mal los zum Revier. Ich werde von jedem eine Aussage brauchen. Fahrt los und fangt an zu schreiben, sobald ihr da seid. Ich brauche jedes Detail, das euch noch in Erinnerung ist.“
Als ob irgendjemand den Anblick der Leiche vergessen könnte, aufgespießt im Maisfeld und als Vogelscheuche hergerichtet, dachte Jeremy.
Rowenna starrte wie betäubt in Richtung Straße. Jeremy berührte sie sanft am Arm.
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