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Ernten und Sterben (German Edition)

Ernten und Sterben (German Edition)

Titel: Ernten und Sterben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter M Hetzel
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erste Schluck kitzelte seinen Gaumen wie ein bacchantischer Zaubertrunk.
    »Herrlich! Perfekt temperiert und wunderbar im Abgang. Aber das weißt du ja alles selbst viel besser als ich.« Aus dem Augenwinkel bemerkte Hubertus, dass Friedhelm wieder an ihrem Tisch Platz genommen hatte. »Gib mir doch bitte die Flasche mit. Ich zahl morgen«, sagte er zu Reinhold.
    Der lächelte zufrieden, reichte Hubertus die geöffnete Flasche und machte sich eine Notiz auf dem Karton.
    Beschwingt und voller Vorfreude auf den Rest in der Weinflasche kehrte Hubertus zu seinem Tisch in der »Heideblume« zurück.
    »Na, mein Guter, was gab es so Geheimnisvolles zu besprechen?« Hubertus wunderte sich, dass Friedhelm einen Grappa trank.
    »Erzähl ich dir auf dem Weg zurück. Leg mal einen Zehner Trinkgeld auf den Tisch.« Friedhelm ruckelte sich die Weste seines Boss-Anzuges zurecht. Mit dem Jackett sah er ein wenig wie Harald Schmidt aus, fand Hubertus.
    Mürrisch klaubte er den Schein aus seinem Geldbeutel und stellte sein Schnapsglas darauf. Den Rest Riesling trank er in einem Zug aus und stellte die Flasche unter den Tisch. Im Gehen winkten sie Sören zu, der abräumte und das Geschirrtuch über seinem Kopf kreisen ließ wie Peter Fox bei seinem legendären Auftritt in der Berliner Wuhlheide.
    Mit jedem Schritt, den sie sich von der »Heideblume« entfernten, wurde die Geräuschkulisse vom Dorfplatz leiser. Hubertus konnte seine Neugier kaum beherrschen. »Also, red, Frieder. Was hatte Sören denn auf dem Herzen?«
    »Er will die ›Heideblume‹ verkaufen.« Friedhelm machte einen ernsten Eindruck. »Sören glaubt, dass dieser Serienkiller ihm das Geschäft ruiniert. Nach den ersten vier Toten sind die Sensationstouristen gekommen. Aber der Mord am Bürgermeister hat wohl viele verschreckt. Sören hat mir erzählt, dass im Dorf die Stimmung gegen euch auf der Kippe gestanden hat. Anfangs wart ihr die Bösen, aber nun hat sich das Blatt gewendet. Alle hoffen, dass man den Killer bald schnappt. Sonst ziehen auch die Familien weg, und der Ort vergreist. Und wenn morgen beim Schützenfest irgendetwas passiert, wird hier eine Massenpanik ausbrechen oder Lynchjustiz stattfinden oder was auch immer. Die Dörfler haben jetzt den Pferdeschmied unter Generalverdacht, weil er so lange verschwunden ist. Weißt du denn, wo dieser Gunnar steckt?« Friedhelm sah Hubertus durchdringend an.
    Der schüttelte den Kopf und hoffte, dass er einigermaßen glaubhaft wirkte.
    »Na gut!« Friedhelm beschleunigte seinen Schritt. »Wir sollten zumindest mal kurz bei Albertine vorbeischauen. Sie hat immer ein kaltes Bier im Kühlschrank und einen teuren Rotwein im Keller. Das müsste dir doch gefallen, oder?«
    Wenig später standen sie vor Albertines Haustür und stritten sich wie pubertierende Jünglinge darum, wer klingeln durfte. Schließlich öffnete sich die Tür von selbst, und Albertine begrüßte zunächst Friedhelm und dann Hubertus.
    »Mein Sonnenschein!«, rief Friedhelm aus. »Hast du noch flüssiges Gold für mich und roten Beerensaft für meinen Bruder? Wir sind durstig, denn in Klein-Büchsen sind die Wege staubig.« Er drängelte sich ins Wohnzimmer, wo er das Sofa komplett in Beschlag nahm.
    Hubertus folgte ihm und fragte sich, wer hier eigentlich wirklich ein Alkoholproblem hatte.

siebzehn
    Ich habe ein Alkoholproblem, dachte Friedhelm, als er kurz nach dem Aufwachen seinen ausgetrockneten Mund mit der pelzigen Zunge befeuchten wollte. Sein Kopf dröhnte gewaltig. Nun lag er nicht mehr bei Albertine auf dem Sofa, sondern bei seinem Bruder im Gästezimmer. Er hatte immer noch seinen Boss-Anzug und die teuren Maßschuhe an. Im Badezimmer stellte er fest, dass sein Gesicht genauso verknittert aussah wie der teure Anzug. Duschen half in solchen Fällen nur partiell, deshalb zog er sich das komplette Freizeit-Outfit seines Lieblingsausstatters an und stolperte hinunter ins Esszimmer.
    Hubertus saß vor einem Glas Rollmöpse und leerte gerade eine Flasche Mineralwasser auf ex. Auf dem Tisch lagen mindestens fünf aufgerissene Aspirin-Packungen.
    »Aspirin ist alle«, sagte er und schob Friedhelm ein No-Name-Granulat zu. »Das rühren die Bauern ihren Kühen immer unters Kraftfutter.«
    »Lecker.« Friedhelm leckte sich die Fingerspitze ab. »Schmeckt wie Ahoi-Brause. Wo steht dein Wasser?«
    Hubertus zeigte mit dem Kopf in Richtung Küche, und Friedhelm begab sich auf die Suche. Neben dem Kühlschrank mit der Energieeffizienzklasse G standen nur

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