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Ernten und Sterben (German Edition)

Ernten und Sterben (German Edition)

Titel: Ernten und Sterben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter M Hetzel
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leere Flaschen. Mit der Abluft des Kühlaggregats hätte man ein ganzes Wohnhaus beheizen können. Auf dem Schweineeimer für den Komposthaufen thronten der Rest einer Ananas und Möhrenschalen, die mit einem Schimmelbelag überzogen waren. Friedhelm würgte die Reste des gestrigen Essens hoch, rannte zur Gästetoilette und übergab sich lautstark.
    Danach hatte er Beine wie aus Gummi, entsprechend unsicher kehrte er zurück und ließ sich auf seinen Stuhl plumpsen.
    »Jetzt geht’s mir besser.« Er spülte das Granulat mit einem Rotweinrest hinunter. »Wir haben wohl hier auch noch getagt, oder?«
    Hubertus nickte schwach, erhob sich ächzend und ging auf die Terrasse. Dort ließ er sich in einen Deckchair fallen, der bedenklich knarrte. »Bring doch bitte mal zwei Decken nach draußen. Wir warten hier auf Albertine und genießen die Frühlingssonne. Keine Ahnung, wann sie kommt.«
    Friedhelm deckte seinen Bruder behutsam zu, legte ihm ein weiches Kissen ins Genick und machte es sich auf dem anderen Gartenmöbel bequem. Bald schnarchten die beiden um die Wette.
    Albertine sah sich das Stillleben lächelnd an und überlegte, wie sie die Brüder sanft wecken könne. Clementine war nur kurz vor der Terrasse stehen geblieben und sofort wieder zurück in Albertines Haus gegangen. Sie kam mit ihrem größten Tam-Tam-Gong zurück, holte mit dem Klöppel so weit aus, wie sie konnte, und schlug zu.
    Fast schien es so, als würde eine Druckwelle Hubertus und Friedhelm erfassen, die ihre Körper vibrieren ließ. Hubertus riss die Augen auf, er wirkte wie gelähmt. Friedhelm dagegen drehte sich zur Seite und murmelte etwas Unverständliches, das sich wie »Scheiß-Japse« anhörte. Clementine wollte ein zweites Mal ausholen, aber Albertine fiel ihr in den Arm.
    »Das müsste reichen«, sagte sie und hielt Friedhelm Nase und Mund zu.
    Nach Luft japsend war er schnell auf den Beinen und schlug mit den Armen um sich. »Ach, Albertine«, sagte er, als er wieder zu Atem kam. »Warum hast du keine Mund-zu-Mund-Beatmung gemacht? Das war schon immer mein Traum.«
    »Ich verschwende mich nicht an Pleitiers«, sagte Albertine und erinnerte die beiden daran, dass gleich der Schützenverein und der Spielmannszug das Dorffest eröffneten. Sie verzichteten darauf, sich umzuziehen, und gingen einfach los.
    Albertine genoss es, von Friedhelm und Hubertus umrahmt zum Dorfplatz zu spazieren, wo schon die Musik spielte. Da entdeckte sie auf der anderen Straßenseite ein Liebespaar, das eng umschlungen den Bürgersteig blockierte.
    »Da links vorn sind Lisa und Gunnar, Hubertus!«, zischte Albertine und deutete so unauffällig wie möglich mit ihrem Kinn. »Links, nicht rechts. Manchmal bis du aber auch schwer von Begriff.«
    »Gunnar, der Pferdeflüsterer?« Friedhelm, der alles mitbekommen hatte, reckte den Kopf.
    »Genau der. Los, den beiden hinterher.« Albertine wechselte die Straßenseite und beschleunigte ihren Schritt.
    Es stellte sich heraus, dass sich Gunnar tatsächlich in Lisa verliebt hatte. Nach der ersten Phase zwischenmenschlicher Annäherung stellten sie eine Art Gleichklang der Sinne fest. Außerdem zählte man im Dorf Gunnar offenbar zum engeren Kreis der Verdächtigen, wie der tägliche Blick in seinen SPAM -Ordner bewies. Durch ein Outing wollte er die Lage entschärfen. Er und Lisa hatten zunächst auf Facebook ihre Beziehung öffentlich gemacht und wollten nun auf dem Dorffest diese Tatsache auch im wirklichen Leben unter Beweis stellen.
    An der Bude von Curry-Dieter stand Egon-Erwin und hatte sich schon seine zweite »Nervenschocker« bestellt.
    »Die nehm ich auch«, sagte Friedhelm. Bald tropfte ihm der Schweiß von der Stirn.
    »Curry fördert die Verdauung«, erklärte Hubertus. »Bitte behalte deine Gase für dich, oder stell dich auf die Weide zu den anderen Ochsen.«
    »Ihr seht aus, als hättet ihr den Weinkeller von Hubertus trockengelegt.« Egon-Erwin blickte von einem Bruder zum anderen.
    »Dann wollen wir uns doch direkt ins Vergnügen stürzen«, sagte Friedhelm, der offenbar schon wieder Lust auf ein Bier verspürte und seinen Kater vertrieben hatte.
    Am Stand vom Ole Fuhlendorf bestellte die Runde die ersten Bio-Biere. Egon-Erwin hatte seinen Becher als Erster geleert und zog mit seiner Kamera los. Er hatte sich vorgenommen, jeden zu fotografieren, den er nicht kannte. In seinen Augen waren mittlerweile alle verdächtig.
    Albertine sah sich ebenfalls um, entdeckte aber zunächst nur die eigenen Patienten,

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