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Ernteopfer

Ernteopfer

Titel: Ernteopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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ihrem Gesicht den leichten Anflug eines Lächelns ausmachen.
    »Danke für die Blumen. Meine Mutter kommt aus Hei delberg und sie hat großen Wert darauf gelegt, dass meine Geschwister und ich zweisprachig aufwuchsen.«
    Gerhard mischte sich ein.
    »Frau Katarzyna Schablinski hat mich gefragt, wann die Leiche ihres Bruders freigegeben wird. Hast du darüber schon was gehört?«
    Ich sah Katarzyna an.
    »Das kann ich Ihnen leider noch nicht sagen, es wird wahrscheinlich noch ein paar Tage dauern. Wir werden Ihnen dann natürlich sofort Bescheid sagen.«
    Sie schluchzte kurz auf.
    »Dann wird ja alles gut. Dann kommt wenigstens einer meiner Brüder zurück in die Heimat.«
    Ich glaubte, nicht recht zu hören.
    »Was meinen Sie damit? Haben Sie noch weitere Brü der?«, fragte ich erstaunt.
    »Ja, ich habe, äh, ich hatte zwei Brüder, Jakub und To masz.«
    Eine gewisse Erregung konnte ich beim besten Willen nicht mehr verbergen.
    »Und was ist mit Tomasz passiert?«
    »Wir wissen es nicht. Er ist vor einem Jahr hier in Deutschland spurlos verschwunden.«
    »Spurlos verschwunden? Können Sie das bitte etwas näher erläutern?«
    »Na ja, eben verschwunden. Er kam nach Deutsch land, um hier als Erntehelfer zu arbeiten. In Polen war er arbeitslos. Er rief damals noch daheim an, dass er ange kommen sei. Doch seitdem haben wir nie wieder etwas von ihm gehört.«
    »Haben Sie das der Polizei gemeldet? Was wurde da mals unternommen?«
    »Wir konnten so gut wie nichts machen. Die Polizei hatte nicht mal eine Vermisstenanzeige aufgenommen. Er ist ja ohne Arbeitserlaubnis eingereist. Also illegal.«
    »Die Polizei hatte damals wirklich nichts in der Sache unternommen?«
    »Soviel ich weiß, hatte der Beamte nur bei Siegfried angerufen –«
    »Bei Siegfried?«, unterbrach ich sie, während ich von meinem Stuhl aufsprang.
    »Ja, Tomasz sagte uns am Telefon, dass er bei Siegfried untergekommen sei. Mehr wussten wir auch nicht.«
    »Hat Siegfried das bestätigt?«
    »Nein, angeblich kannte dort niemand meinen Bruder. Ein Tomasz Schablinski war dort nie gemeldet.«
    »Klar, er war ja illegal. Meine Kollegen ließen es dann auf dieser Aussage beruhen?«
    »Ja. Man sagte uns, dass er schon wieder auftauchen würde, schließlich sei er volljährig. Einer sagte uns dann noch, dass er vielleicht eine Frau kennengelernt hätte.«
    Ich schüttelte nur den Kopf.
    »Gerhard, versuche bitte nachher gleich diesen Vorgang im Tagebuch zu finden. Das könnte sehr wichtig sein.«
    Und zu Frau Schablinski gewandt sagte ich:
    »Und was für eine Rolle spielte Jakub dabei?«
    »Er wollte auf Spurensuche gehen, um seinen Bruder zu finden.«
    »Hatten Sie mit Ihrem Bruder noch Kontakt, seit er bei Siegfried arbeitete?«
    »Er hatte zwei- oder dreimal angerufen. Beim letzten Gespräch sagte er, dass er erste Anhaltspunkte habe, dass Tomasz tatsächlich hier in dieser Gegend war.«
    »Sagte er Gegend oder Siegfried?«
    Sie überlegte.
    »Nein, er hat Gegend gesagt. Den Namen Siegfried hat er nicht erwähnt. Ganz bestimmt nicht.«
    »Gut, dann haben wir jetzt wenigstens mal einen An haltspunkt. Es scheint so, als hätte Ihr Bruder Jakub etwas Entscheidendes gefunden. Wir müssen jetzt versuchen, die letzten Tage Ihres Bruders zu rekonstruieren. Wir werden alle Arbeiter von Siegfried und seinen Zulieferbetrieben befragen, ob sie Ihren Bruder gesehen haben. Das wird nicht ganz einfach, da Siegfried viele Erntehelfer an seine Genossenschaftsmitglieder tageweise in wechselnder Be setzung vermittelt hat.«
    »Und dann haben wir noch die Schlägerei mit diesem Marek und diesem Antoni beim Gemüsebetrieb Weiß«, ergänzte Gerhard.
    Katarzyna sah erstaunt auf.
    »Haben Sie eben etwas von einem Marek gesagt?«
    »Ja, dieser Mann hat vorgestern einen Kollegen fast totgeschlagen. Gerhard, weißt du übrigens, wie es ihm geht?«
    »Heute Morgen kam ein Fax aus dem Krankenhaus. Er liegt weiterhin im Koma. Es besteht aufgrund der Ver letzung zwar keine Lebensgefahr mehr, doch bei einem Komafall weiß man nie, was dabei rauskommt. Jedenfalls werden wir sofort benachrichtigt, wenn er aufwacht und vernehmungsfähig ist.«
    Frau Schablinski unterbrach Gerhard.
    »Könnten Sie mir bitte den Nachnamen dieses Mareks mitteilen?«
    »Na, klar. Gerhard, schaust du mal grad in deiner Lis te nach? Ich kann mir diese polnischen Namen einfach nicht merken.«
    Gerhard wühlte in einem Stapel Papier, bis er das ent sprechende Dokument gefunden hatte.
    »Hier haben wir es: Der

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