Eroberer des Alls
Kohlendioxyd-Sauerstoff-Austausch nicht ganz im richtigen Verhältnis besorgt. Im Schiff verringerte sich der Sauerstoffgehalt ständig. Dieser stetige geringfügige Verlust hätte durch die zusätzliche Zufuhr von Sauerstoff ausgeglichen werden müssen. Aber das Flatterventil hatte sich verklemmt ...«
Er hörte einen tiefen Seufzer der Erleichterung hinter sich, doch vermied er es, Bramwell anzusehen. Bramwell war in letzter Zeit sehr schweigsam geworden und übte sich in der strengen Kunst der Selbstbeherrschung. Er erkannte jetzt, daß er sich von zu vielen Dingen hatte plagen lassen. Aber etwas plagte ihn immer noch, und zwar ganz fürchterlich: die Erinnerung an seine Unfähigkeit, entweder den Flug anzutreten oder jemand anderen zu benennen, so daß er hatte entführt werden müssen. Noch mehr quälte ihn die Erinnerung an sein Benehmen, als er entdeckte, daß er in einem Raumschiff auf dem Flug zur Venus war. McCauley und Randy rührten nicht daran, und Bramwell würde es nie über sich bringen, davon zu sprechen. Aber er schämte sich sehr.
Was ihm jedoch am meisten zusetzte – und das war auch der Grund für seine Einsicht und strenge Selbstbeherrschung –, waren die Folgen seiner Unfähigkeit, mit Problemen fertigzuwerden, und seines ständigen Bemühens, seine Schwächen zu vertuschen. Als er die hysterischen Anfälle überwunden hatte, wollte er sich an McCauley und Randy rächen, indem er sich ihnen widersetzte. Aber er hatte es nicht gewagt, ihnen offen die Stirn zu bieten. Er war mürrisch und beschämt gewesen und hatte sich gedemütigt gefühlt. Das Geräusch des Flatterventils war ihm wie eine Verhöhnung vorgekommen und hatte seine Nerven gereizt. So hatte er es einfach abgestellt. Fast hätte die Menschheit deswegen für immer auf der Erde bleiben müssen. Und die beiden Offiziere und er wären fast umgekommen.
McCauley sprach immer noch völlig sachlich in das Mikrophon.
»Auf Grund des verklemmten Ventils sank der Sauerstoffgehalt der Luft immer weiter, aber der Kohlendioxydgehalt stieg nicht an. Die Luft verwandelte sich immer mehr in reinen Stickstoff. Wir merkten das aber nicht, denn wenn man erstickt, denkt man eher an einen Kohlendioxydüberschuß als an ein Sauerstoffdefizit. Wir starben alle ganz bequem vor uns hin, als der Alarm losging, weil der Luftdruck durch den Sauerstoffverlust abgesunken war. Wir fanden die Störung und haben die erforderliche Sauerstoffkonzentration wieder hergestellt. Weitere unangenehme Zwischenfälle sind nicht zu erwarten. Im Gegenteil ...«
Er stand auf und reichte das Mikrophon Bramwell. Bramwell zögerte einen Moment, dann sprach er:
»Ich möchte berichten, daß das Problem einer höheren Bramwell-Faraday-Schirmfeldstärke gelöst zu sein scheint. Der Zwischenfall, der sich hier ereignete, offerierte eine Theorie. Ganz zufällig ähnelte diese Theorie einem bestimmten Aspekt der Theorie über radioaktive Strahlungen. Daraus entwickelte sich eine Idee. Das neue Schirmfeld hat einen sehr günstigen Reflex, der die Eigengeschwindigkeit der solaren Teilchen in einen erhöhten Schirmwiderstand verwandelt. Die geladenen Teilchen werden somit dazu gebracht, sich ihrer eigenen Wirkung zu berauben. Ein detaillierter Bericht über die Theorie und die technischen Einzelheiten folgt in Kürze.«
Mr. Perkins brach in Gesang aus. Er begann mit einem Triller, den er zu einer Koloratur ausbaute; danach versuchte er sich an einer ganzen Arie. Triumphierend beendete er die Vorstellung. Bramwell warf ihm aus alter Gewohnheit einen finsteren Blick zu. Aber dann glättete sich seine Miene, als er McCauley das Mikrophon zurückgab. Er nickte in Richtung auf den winzigen Käfig.
»Nicht schlecht«, gab er zu. »Wirklich nicht schlecht!«
*
Vier Monate und 18 Tage nach dem Start kehrte das Venus-Schiff zur Erde zurück. Damals war es der längste Flug, den ein Raumschiff je unternommen hatte. Aber nicht nur das. Das Ergebnis des Fluges war, daß ein neues Prinzip für den Bramwell-Faraday-Schirm entwickelt worden war: Je höher die Geschwindigkeit eines geladenen Teilchens, desto höher der Schirmwiderstand. Da der Schutzschirm auch die stärksten kosmischen Strahlungen abfing, konnte die Wirkung der Teilchen auf lebende Organismen bestimmt werden, indem man der Strahlung ausgesetzte Organismen – Menschen und anderes irdisches Leben – mit solchen Organismen verglich, die vor der kosmischen Strahlung geschützt waren. Außerdem hatte das Schiff mit einer
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