Eros und Evolution
sich als eines in einer ganzen Reihe von Genen erweisen wird, welche die Sensitivität bestimmter Gewebe gegenüber Testosteron beeinflussen. 27 Hier wirkt also beides: Angeborenes und Erworbenes.
Genauso verhalten sich übrigens auch die Gene für die Körpergröße: Zwei genetisch verschiedene Männer, die sich von derselben Diät ernähren, werden nicht gleich groß werden. Auch zwei eineiige Zwillinge, die man unterschiedlich ernährt, werden verschieden groß werden.
Veranlagung ist die eine Seite des Rechtecks, Außeneinflüsse die andere. Gene für die Körpergröße sind im Grunde Gene, die auf eine bestimmte Diät mit einem bestimmten Wachstum reagieren. 28
Weshalb heiraten reiche Männer schöne Frauen?
Wenn Homosexualität durch hormonelle Einflüsse im Mutterleib bestimmt wird, dann muß dies aller Wahrscheinlichkeit nach für heterosexuelles Verhalten ebenfalls gelten. Im Verlaufe unserer Evolution haben Männer und Frauen sich mit sehr unterschiedlichen sexuellen Gelegenheiten und Einschränkungen auseinandersetzen müssen. Für einen Mann barg eine lose sexuelle Beziehung zu einer Fremden verhältnismäßig wenig Risiken – Infektion, Entdeckung durch seine Frau –, dafür aber einen enormen Gewinn: den billigen Erwerb eines zusätzlichen Kindes als Beitrag zu seiner genetischen Hinterlassenschaft. Männer, die solche Gelegenheiten ausreizten, hinterließen mit Sicherheit mehr Nachkommen als Männer, die das nicht taten. Da wir definitionsgemäß nicht von kinderlosen Vorfahren abstammen, sondern von Leuten, die sich vermehrt haben, kann man jede Wette eingehen, daß sich moderne Männer ein Stück sexuellen Opportunismus erhalten haben. Bei nahezu allen Säugetieren und Vögeln ist das so, selbst bei solchen Arten, die vermeintlich monogam sind. Damit soll nicht gesagt werden, daß männliche Untreue unabänderlich oder daß jeder Mann ein potentieller Vergewaltiger sei, sondern nur, daß Männer angesichts einer Gelegenheit zu einer Affäre leichter der Versuchung erliegen als Frauen.
Es ist mehr als wahrscheinlich, daß Frauen anders reagieren. Eine sexuelle Beziehung zu einem Fremden trug einer Frau im Pleistozän nicht nur unter Umständen eine Schwangerschaft ein, bevor sie sich der Unterstützung des Mannes hinsichtlich der Kinderbetreuung hatte versichern können, sondern, falls sie verheiratet war, riskierte sie damit auch eine mögliche Rache seitens ihres Ehemannes, falls nicht, lief sie Gefahr, allein zu bleiben. Diesen ungeheuren Risiken stand kein übermäßig hoher Lohn gegenüber. Ihre Chancen, ein Kind zu empfangen, waren genauso groß, wenn sie einem Partner treu blieb, und die Gefahr, ein Kind zu verlieren, war bei der fehlenden Unterstützung durch einen Ehemann ungleich größer. Frauen, die lose Affären eingingen, hinterließen also vermutlich nicht mehr Nachfahren, sondern eher weniger – und so haben moderne Frauen vermutlich einen gewissen Argwohn gegenüber losen Beziehungen geerbt.
Ohne die Evolutionsgeschichte im Hinterkopf ist es fast unmöglich, die unterschiedliche sexuelle Mentalität von Mann und Frau zu erklären. Im Augenblick ist es en vogue, solche Unterschiede zu leugnen und darauf zu beharren, daß Frauen einzig durch gesellschaftliche Repressalien daran gehindert werden, sich freizügige Pornographie über Männer zu besorgen, beziehungsweise daß es nur paranoider Machismo ist, der Männer zur Promiskuität treibt. Doch dabei ignoriert man den ungeheuren sozialen Druck, dem Männer und Frauen heutzutage ausgesetzt sind und dessen Ziel eine Minderung der Unterschiede zwischen beiden Geschlechtern ist. Eine moderne Frau erfährt von männlicher Seite den Anspruch, sich sexuell offen zu verhalten, denselben Druck erfährt sie aber auch von seiten anderer Frauen. Ganz ähnlich stehen Männer unter dem steten Druck der Forderung, »verantwortungsbewußter«, sensibler und treuer zu sein – ein Druck, der sowohl von anderen Männern als auch von Frauen auf sie ausgeübt wird. Vielleicht sind Männer eher aus Neid denn aus moralischen Beweggründen Playboys gegenüber ebenso kritisch wie Frauen, häufig sogar kritischer. Wenn Männer auf sexuelle Beute aus sind, dann trotz eines Jahrhunderte währenden Drucks in die andere Richtung. Mit den Worten eines Psychologen:
»Unsere unterdrückten Triebe sind in jeder Hinsicht genauso menschlich wie die Kräfte, die sie unterdrücken.« 29
Worin bestehen nun die Unterschiede in der sexuellen Mentalität von Mann
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