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Eros und Evolution

Eros und Evolution

Titel: Eros und Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ridley
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»Back-up«-Kopien von Genen; dafür aber gibt es anstelle des zufälligen Austauschs zwischen Chromosomen eine weit einfachere Möglichkeit: Man nennt sie Diploidie. 28 Ei und Spermium sind jeweils haploid – beide besitzen je eine Kopie jedes einzelnen Gens. Bei einem Bakterium oder einer primitiven Pflanze wie einem Moos ist es dasselbe. Die meisten Pflanzen jedoch und nahezu alle Tiere sind diploid, das heißt, sie besitzen von jedem Gen zwei Kopien – je eine von jedem Elternteil.
    Es gibt einige wenige Organismen, vor allem Pflanzen, die aus natürlichen Hybriden hervorgegangen oder vom Menschen ihrer Größe wegen selektioniert wurden und polyploid sind. Der größte Teil der Weizenhybride zum Beispiel ist hexaploid: Er besitzt von jedem Gen sechs Kopien. Bei Süßkartoffeln sind alle weiblichen Pflanzen oktoploid oder hexaploid, alle männlichen Pflanzen sind tetraploid – ein Umstand, durch den diese Pflanzen steril sind. Sogar einige Stämme der Regenbogenforellen und Haushühner sind triploid – und schließlich noch eine Papageienart, auf die man vor ein paar Jahren stieß. 29 Ökologen vermuten inzwischen, Polyploidie könne bei Pflanzen eine Art Alternative zur Sexualität sein. In großen Höhen und in den höheren Breitengraden scheinen Pflanzen zugunsten asexueller Polyploidie auf Sexualität zu verzichten. 30
    Doch die Erwähnung von Ökologen an dieser Stelle greift zu weit voraus. Im Moment geht es uns um die Ausbesserung von Genen. Gestatteten sich diploide Organismen bei jeder Zellteilung im Verlaufe ihres Körperwachstums auch nur ein geringes Maß an Rekombinationstätigkeit zwischen ihren Chromosomen, dann gäbe es mehr als genug Gelegenheit zur Reparatur von Genen. Das tun sie aber nicht. Sie rekombinieren ihre Gene nur bei jener besonderen endgültigen Teilung namens Meiose, die zur Bildung einer Spermien- oder einer Eizelle führt. Bernstein hat darauf eine Antwort. Seiner Ansicht nach gibt es eine andere, ökonomischere Art, Genschäden im Verlaufe einer gewöhnlichen Zellteilung auszubessern. Sie besteht darin, nur die besten Zellen überleben zu lassen. Unter dieser Voraussetzung sind Ausbesserungen unnötig, denn die gesunden Zellen werden die geschädigten in kürzester Zeit ausdünnen. Nur wenn der Körper Keimzellen produziert, die er allein in die Welt entlassen muß, wird es nötig, auf Fehlersuche zu gehen. 31 Wie also lautet der Urteilsspruch über die Reparaturtheorie? Ich würde sagen: unbewiesen. Zwar hat es deutlich den Anschein, als seien die Mittel, deren sich die Sexualität bedient, aus denen hervorgegangen, die auch zur Genreparatur herangezogen werden, und Rekombination erreicht mit Sicherheit ein hohes Maß an Genausbesserung. Aber ob das der eigentliche Sinn von Sexualität ist? Vermutlich nicht.

Fotokopierer und Ratschen
    Auch den Genetikern lassen Schädigungen der DNA keine Ruhe. Doch während Bernstein sich mit den Schäden beschäftigt, die repariert werden, beschäftigen sich die Genetiker mit den Schäden, die sich nicht reparieren lassen. Sie bezeichnen diese als Mutationen.
    Früher hatte die Wissenschaft Mutationen als seltene Ereignisse betrachtet. Doch in den vergangenen Jahren erkannte man allmählich, wie viele Mutationen tatsächlich ständig geschehen. Sie addieren sich bei Säugern zu einer Häufigkeit von ungefähr einhundert pro Genom und Generation. Das bedeutet, daß Ihre Kinder sich einzig aufgrund zufälliger Kopierfehler Ihrer Enzyme oder als Folge von Mutationen, die in Ihren Eierstöcken oder Hoden von kosmischer Strahlung verursacht wurden, in über hundert genetischen Details von Ihnen und Ihrem Partner unterscheiden. Etwa neunundneunzig von diesen hundert Unterschieden sind bedeutungslos: sogenannte stille oder neutrale Mutationen, die den Sinn eines Gens nicht entstellen. Das mag nicht übermäßig viel erscheinen, wenn man bedenkt, daß wir 75000 Genpaare besitzen und daß die meisten Änderungen minimal und harmlos sind beziehungsweise innerhalb ruhender DNA, das heißt zwischen den Genen, geschehen. Doch es reicht, um eine stetige Ansammlung von Schäden nach sich zu ziehen, wobei dies natürlich auch zu einer ständig wechselnden Anzahl neugeschaffener Ideen führt. 32 Die allgemein anerkannte Ansicht zum Thema Mutationen lautet, daß die meisten von ihnen nichts Gutes bedeuten und daß ein gut Teil davon ihren Träger oder ihren Erben tötet (Krebs beginnt mit einer oder mehreren Mutationen), daß es aber gelegentlich unter all

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