Erregende Ermittlungen
Wir sind wieder im Geschäft! Ich erklär’s Dir später – jetzt müssen wir erst mal raus hier und nach Halifax.“ Sie kletterte aus dem Bett und verzog gleich darauf das Gesicht, als verschiedene Stellen ihres Körpers unmissverständlich protestierten. Entschlossen ignorierte sie den Spiegel, duschte schnell und stürzte sich in eine schwarze Jeans und ein rotes T-Shirt mit der kryptischen Aufschrift „BAD IDEA!“. Dazu fand sie ein passendes Halstuch, das die inzwischen in allen Farben schillernden Blessuren an ihrem Hals einigermaßen verdeckte.
Kurz darauf bezahlte John das Zimmer, sie schlich sich hinten über die Veranda zum Auto, und sie befanden sich auf der 103 in Richtung Norden. Megan berichtete über Marvins Anruf und die Adresse, die sie erhalten hatte.
„Nun? Was meinst du?“, fragte sie schließlich, als John sich als Antwort in Schweigen hüllte.
„Ich weiß nicht so recht“, wich dieser aus. „Ich hatte mich eigentlich schon ganz gut an den Gedanken gewöhnt, dass wir die Geschichte der Polizei überlassen. Die sind für so etwas ausgebildet.“
„Im Gegensatz zu mir, wolltest du sagen?“
„Eh – nein, nein, natürlich nicht. Aber ich, ich bin doch wirklich nur ein Klotz am Bein, oder?“ Er sah gequält zu ihr herüber. „Gestern habe ich dich zuerst bei einer Beschattung angerufen, sonst hätte der Kerl dich doch gar nicht in die Finger bekommen. Und dann lasse ich ihn einfach so davon spazieren. Der wusste ganz genau, dass ich nicht abdrücken würde.“
„Ich bin froh, dass du kein kalt berechnender Killer bist!“ Sie legte ihm eine Hand auf den Schenkel. „Letztlich haben wir es doch hingekriegt oder.“
„Ja…“, er schien nicht überzeugt.
„Ich sage dir was: Wir schauen uns dieses Lagerhaus an, und falls wir nichts heraus bekommen, dann fahren wir direkt zur Polizei. In Halifax muss es eine Wache der Mounties3 geben, oder auch von der Regional Police. Ist das ein Deal?“
John zögerte, dann nickte er.
„Deal!“
„Gut. Also, dann schau mal nach „Neptune Crescent 3“ im Navi, da müsste die Firma ansässig sein. Und vorher fahren wir noch bei Alamo vorbei, die haben sicher auch eine Niederlassung in Halifax. Dieses Auto kennen unsere Freunde jetzt, das ist zu heiß.“
Kurz nach zehn Uhr standen sie in einem brandneuen Ford Taurus auf dem Kundenparkplatz eines Anbieters für Survival Trainings und spähten über eine große, praktisch ausgestorbene Kreuzung hinüber zu der etwas abseits gelegenen Halle. „Farside Import & Export Ltd., Quebec“ stand auf einem kleinen Schild am Tor, ansonsten gab es ringsum nur das schmucklose graue Metallprofil der Fertigbauelemente, aus denen das Lagergebäude bestand. Kein einziges Auto stand auf dem Platz vor der Halle, kein Lebenszeichen war zu sehen. Megan verfluchte die Tatsache, dass ihr schönes Fernglas immer noch im Laub des kleinen Parkplatzes lag, wo sie es am Vortag verborgen hatte. Aber auch ein Glas kann nicht mehr Aktivität zeigen, wenn es keine gibt.
„Das ist also eine Lagerhalle, die einer Firma gehört, die Geld aus Griechenland erhalten hat, ja?“, fragte John halblaut. Seine Skepsis war ihm deutlich anzuhören.
„Richtig. Wir beschatten sie jetzt.“
„Hm. Gut, wenn du das sagst. Ah - wie lange beschatten wir die Halle?“
Megan biss die Zähne aufeinander. Der Grünschnabel ging ihr schon wieder auf die Nerven. Gut, er hatte keine Ahnung, wenn es um Polizeiarbeit ging, aber musste er deshalb ständig quengeln wie ein kleines Kind?
Dann zwang sie sich zur Entspannung und dachte nüchtern über den Punkt nach. Sie musste zugeben, dass es eine berechtigte Frage war: wie lange konnten sie zu zweit hier ausharren? Und vor allem: War das wirklich sinnvoll? Wenn sie ehrlich zu sich war, dann stellte dieser nüchterne Industriebau so etwas wie den letzten Strohhalm dar. Aller Wahrscheinlichkeit nach war das eine falsche Fährte, und sie konnten Tage und Wochen hier herumlungern, ohne etwas Interessanteres zu beobachten als einen Penner, der Pfandflaschen aus einem Container fischte.
Kurz entschlossen griff sie nach ihrem Rucksack, fischte die Kimber heraus und steckte sie sich hinten in den Bund ihrer Jeans, das Shirt darüber. Ein kleines Werkzeug aus einer Seitentasche behielt sie gleich in der Hand. Dann öffnete sie die Tür und stieg aus.
„Was ist jetzt? Wo willst du hin?“
John war ebenfalls ausgestiegen und musterte sie mit zusammen gekniffenen Augen über das Dach
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