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Lage, die Stelle anzugeben, wo er mithilfe des Fernglases beide blauen Kabel in dem Gebäude hatte verschwinden sehen: ein kleines Loch, höchstwahrscheinlich für einen Küchenventilator, über dem dritten und unter dem vierten Obergeschoss.
Sie zählten die Fenster zwischen der Ecke des Gebäudes und der Lage dieses Lochs. Dann schickten sie einen Sicherheitsberater in eine der unteren Etagen (in der Annahme, dass sie alle denselben Grundriss hatten) und ließen ihn vom Ende des Korridors her die Türen zählen und die Wohnungsnummern aufschreiben.
Währenddessen gelang es Zula, Csongor ein Stück von der allgemeinen Diskussion wegzulotsen. »Yuxia ist da unten allein in dem Lieferwagen!«, rief sie in gedämpftem Ton. »Wenn wir zu ihr gehen könnten …«
Csongor schüttelte den Kopf. »Iwanow hat den Schlüssel abgezogen«, sagte er. »Er ist in seiner Tasche.«
»Oh.«
»Seiner linken vorderen Hosentasche, falls diese Information mal relevant werden sollte.«
»Trotzdem – sie könnte hupen – um Hilfe rufen …«
»Den Punkt hat auch einer der Russen angesprochen«, sagte Csongor und verstummte.
»Und?«
»Das beunruhigt Iwanow nicht.«
»Warum nicht?«
»Yuxia hat dich ›Süße‹ genannt.«
»Ja und?«
»Deshalb glauben sie, du und Yuxia könntet Lesben sein.« Csongor errötete so sehr, dass es sogar in dem schwach bläulich erleuchteten Keller sichtbar war.
»Völliger Blödsinn«, sagte Zula. »Erinnere mich morgen dran, dass ich herzlich drüber lache, falls ich dann noch nicht zu Tode gefoltert worden bin.«
»Ich glaube aber, dass dieses ›Süße‹ eine Anrede unter schwarzen Frauen ist, auch unter heterosexuellen.« Etwas in Csongors Gesichtsausdruck wies darauf hin, dass es ihm nicht nur um einen Ausflug in amerikanischen Großstadtslang ging, sondern dass es möglicherweise eine direkte Auswirkung auf sein zukünftiges Glück hatte. Zula erlaubte sich einen Moment der Verwunderung darüber, wie der männliche Fortpflanzungstrieb sich in Situationen aufdrängen konnte, in denen er nicht das Geringste zu suchen hatte. Sie liebäugelte sogar mit einer kleinen harmlosen Lüge.
»Du hast recht«, sagte Zula schließlich. »Sie hat den Ausdruck einfach in irgendeinem Film aufgeschnappt oder so.«
»Du und Yuxia seid nur Freundinnen«, sagte Csongor mit so augenfälliger Erleichterung, dass Zula spürte, wie ihr Gesicht heiß wurde.
»Nur Freundinnen, die sich seit ganzen vierundzwanzig Stunden kennen«, sagte Zula.
»Iwanow glaubt etwas anderes«, sagte Csongor, »und er hat Yuxia gesagt, wenn sie irgendwelche Schwierigkeiten macht, tut er dir etwas an.«
»Tja«, sagte Zula, »der Teil könnte allerdings stimmen.«
Das zu hören, gefiel Csongor nicht.
»Aber selbst wenn Yuxia und ich kein Paar sind«, bemerkte Zula, »könnte die Androhung von Gewalt gegen mich ihre Entscheidungsprozesse beeinflussen.«
Der Türen zählende Russe kam mit einer groben Zeichnung zurück. Mithilfe dieser Skizze und des Handyfotos der Gebäudevorderseite konnten sie schlussfolgern, welche Tür zu der fraglichen Wohnung führte, vorausgesetzt, sie wussten, ob sie im dritten oder vierten Obergeschoss lag. Diese Frage ließ sich jedoch auch durch einen Blick auf das Gebäude von außen nicht beantworten. Was sie jetzt wussten, war, dass der Troll (nach chinesischer Zählung, die im Erdgeschoss mit 100 begann) vermutlich in Wohnung 405 oder Wohnung 505 lebte.
In Anbetracht der Tatsache, dass sie erst ganze zwanzig Minuten in dem Gebäude waren, empfand Zula das als großartigen Fortschritt (wenn man es so sehen wollte). Iwanow schien es jedoch nur noch missmutiger zu machen.
Sie ging hinüber zu dem großen rostigen Stahlkasten, der, wie leicht an den ganzen Kabeln und Leitungen, die in ihm verschwanden, zu erkennen war, als Hauptverteilerkasten für das Gebäude diente. Seine Tür hing schief. Zula trat sie auf. Onkel John hatte ihr eingeschärft, immer wenn sie sich unbekannten elektrischen Anlagen näherte, die Hände in den Taschen zu behalten. Das tat sie jetzt.
Der Kasten wies eine Anordnung von flachen, runden Gegenständen mit kleinen Fenstern darin auf. Diese steckten in runden Sockeln, von denen manche leer waren und Schraubengewinde und Elektroden wie die in Glühbirnenfassungen offenbarten. Die meisten waren jedoch durch die kleinen, mit Fenstern versehenen Knöpfe besetzt. Diese waren zum größten Teil mit Papierstreifen markiert, auf die von Hand chinesische Schriftzeichen gemalt
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