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Leben zu bleiben«, bemerkte Iwanow. »Bitte hören Sie auf, verdammtes Arschloch zu sein. Wollen Sie nicht alt werden und sich den Schnurrbart wachsen lassen? Den Bus fahren?«
Diese Fragen konnte Zula bloß als weiteren Beweis für Iwanows Geistesgestörtheit interpretieren, aber Csongor, der nur die Schultern zuckte, schienen sie etwas zu sagen.
»Zula möchte leben. Stimmt’s, Zula?«
Sonderbare Frage. Csongor drehte sich zu Zula um.
Währenddessen sah Zula Iwanow unerwartet schnell vorwärtsstürzen.
Zulas Blick sagte Csongor, dass etwas nicht stimmte, und er begann, den Kopf nach hinten zu drehen – gerade im richtigen Moment, um von Iwanows Pistolengriff einen vernichtenden Schlag unters Kinn versetzt zu bekommen. Csongor fiel spiralförmig zu Boden. Zula gelang es, sich halb unter ihn zu schieben und den Aufprall abzumildern. Mit ihrer freien Hand hielt sie seinen Kopf, bis er den Boden erreichte.
Dann steckte sie fest, denn sie saß mit Csongors ganzem Gewicht auf ihrem Schoß auf dem Boden. Er musste weit über hundertzwanzig Kilo wiegen.
Zula befeuchtete sich die Lippen und machte den Mund auf, um die letzte Rede ihres Lebens zu halten, in der sie versuchen würde, Iwanow zu erklären, warum es sinnlos war, Peter dafür zu töten, dass er sich Zula gegenüber nicht ritterlich verhalten hatte, und dann Zula in den Kopf zu schießen, während sie mit Handschellen an ein Rohr gefesselt war.
Dann gab es eine Reihe ohrenbetäubender Geräusche. Eine Seite von Iwanows Kopf wurde wie von einer unsichtbaren Schaufel abgetrennt und quer durch den Raum geschleudert. Er ließ sich seitwärts fallen, als versuchte er, sein Gehirn aufzufangen, bevor es auf dem Boden auftraf.
Jetzt bemerkte Zula, dass sich noch eine andere Person im Raum befand: ein großer dunkelhäutiger Mann. Er trug eine lange Waffe, die Zula vom Familientreffen als AK -47 kannte.
Ihre Blicke trafen sich.
»Englisch?«, fragte er.
»Amerikanerin«, sagte sie.
»Ihre Verwirrung ist verständlich, aber ich habe nicht nach der Nationalität , sondern nach der Sprache gefragt«, sagte der Mann mit dem Sturmgewehr, der irgendeine Art von britischem Akzent hatte. Er hockte sich neben Iwanows Leiche und begann, sie überall abzuklopfen. »Das der Typ, der Sie gefesselt hat?«, fragte er, nahtlos ins afroamerikanische Englisch übergehend.
Ein leises Klingeln kam aus einer von Iwanows Taschen. Der Mann griff hinein und zog eine Handvoll Wechselgeld hervor, wühlte es durch und zog einen Gegenstand heraus, der keine Münze war: einen Handschellenschlüssel. »Bingo«, sagte er. Er stand auf, während er sich das Sturmgewehr über die Schulter hängte, ging rasch zu Zula, stellte sich neben sie und schloss den Teil ihrer Handschelle auf, der an dem Rohr gehangen hatte. »Freiheit!«, verkündete er munter.
»Vielen Dank!«, rief Zula.
»Ist eine Illusion«, fuhr er fort und ließ die Handschelle um sein rechtes Handgelenk zuschnappen, womit er seinen rechten Arm an Zulas linken kettete. Dann steckte er sich den Schlüssel in die Tasche.
»Wer sind Sie?«, fragte sie und wand sich unter Csongor heraus.
»Sie können mich Mr. Jones nennen, Zula«, antwortete er. Darauf ließ er das Sturmgewehr von seiner Schulter gleiten, packte es am Lauf und betrachtete es wehmütig. »Schwer mit einer Hand zu schießen«, bemerkte er. Und drehte sich zu ihr um. Sein Gesicht war intelligent und nicht unattraktiv. »Was erregt in den Straßen von Xiamen wohl mehr Aufmerksamkeit als zwei mit Handschellen aneinandergefesselte Nigger?«
»Keine Ahnung.«
»Zwei mit Handschellen aneinandergefesselte Nigger mit einer Kalaschnikow.« Er legte die Waffe auf den Boden. Dann fiel sein Blick auf Iwanows Pistole. Mit seiner freien linken Hand hob er sie auf. »Schönes Stück«, sagte er. »Eine 1911, wenn mich nicht alles täuscht.«
Sogar inmitten dieser vielen Ablenkungen fand ein Teil von Zulas Verstand es merkwürdig, dass Mr. Jones auch nur im Entferntesten daran zweifeln konnte, dass Iwanows Waffe eine 1911 war. Es war ganz o ffensichtlich eine 1911. Er nahm sie in die rechte Hand, legte seinen Daumen auf den Schlaghahn, der in schussbereiter Position nach hinten gezogen war. Er drückte ab und ließ den Hahn vorsichtig nach vorne kommen, damit sich kein Schuss löste. Dann griff er mit der Linken hinüber und zog den Schlitten einmal nach hinten, wodurch eine scharfe Patrone ausgeworfen, eine neue geladen und der Hahn automatisch neu gespannt wurde.
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