Error
als würde ich sie von einer Brücke stürzen. Mein Bruder ist in Los Angeles und schreibt an seiner Doktorarbeit, und ich rede vielleicht viermal im Jahr mit ihm.«
Yuxia schien bestürzt darüber zu sein, dass eine Familie so klein und so miserabel organisiert sein konnte.
»Eigentlich will ich ein bisschen recherchieren«, sagte Csongor. »Ich will feststellen, ob es irgendwelche Informationen über einen schwarzen, englischsprachigen islamischen Terroristen gibt, dessen Codename oder richtiger Name vielleicht Jones lautet.«
Ich möchte, dass du dir die Pistole ansiehst, die Mr. Jones mir an den Hals hält, hatte Zula auf dem Pier zu ihm gesagt.
»Soviel wir wissen«, fuhr Csongor fort, »gibt es Bilder von Mr. Jones im Internet, und wenn ich ihn namentlich identifizieren kann, könnte ich überlegen, zu den Behörden zu gehen und ihnen zu sagen: ›Soundso war vor zwei Wochen in Xiamen, und er hat eine Geisel.‹«
»Welche Behörden?«, fragte Marlon.
»Ich habe keine Ahnung«, sagte Csongor.
»Wen es interessiert«, schlug Marlon vor.
Sie stürzten sich, fast buchstäblich, auf das Essen und redeten eine Zeitlang nicht viel. Es war das leckerste Essen, das Csongor jemals gegessen hatte, und er verfluchte sich dafür, dass er nicht zehnmal so viel gekauft hatte.
»Möchtest du dich denn mit deiner Familie in Verbindung setzen, Yuxia«, fragte Csongor, als er wieder sprechen konnte. Die Frage rief einen Schmerz hervor, der ihr deutlich anzusehen war und ihre beiden Begleiter ziemlich entsetzte. »Ich denke an nichts anderes«, sagte sie schließlich, »aber ich möchte warten, bis wir irgendwo sind, wo ich mich sicherer fühle.«
Csongor ging ins Bad, wo überall Yuxias und Marlons feuchte Kleidungsstücke ausgebreitet waren. Alle hatten sie zwei Wochen lang die Kleider nicht gewechselt und sie nur gelegentlich in Salzwasser ausgespült. Er drehte die Dusche auf, stellte sich voll bekleidet darunter, schäumte mit einem Stück Seife den Stoff ein, spülte den Schaum ab, zog sich aus und ließ alles auf dem Wannenboden liegen, während er sich selbst wusch, ließ das seifige Wasser von seinem Körper auf die Kleider rinnen und stampfte mit den Füßen darauf herum. Schließlich verbrachte er eine Minute damit, sie in Spülwasser zu walken, dann drehte er die Dusche ab und begann sich abzutrocknen. Er war ein stark behaarter Mann, eine lebende Reklame für die Enthaarungsindustrie, und es kam ihm so vor, als wäre sein Pelz imstande, einen Liter Wasser zu speichern. Er wrang seine Kleider aus, so gut es ging, und hängte sie auf, wo immer er einen Platz dafür fand, zweifelte jedoch daran, dass sie je trocknen würden. Doch auf einem kleinen Bord unter dem Waschbecken lag ein Föhn, den er hervorzog und mit dem er zuerst seine Unterwäsche, dann seine Hose – die er längst an den Knien abgeschnitten hatte, um Shorts daraus zu machen – und dann sein Hemd trocknete.
Nachdem er angezogen war, benutzten nacheinander Yuxia und Marlon das Badezimmer, um ihre Kleider zu trocken und sich anzuziehen, dann gingen die drei nach unten und über die Straße ins Net XC itement!, wo sie etwas Zeit damit verbrachten, sich zurechtzufinden. Hier galten völlig andere Regeln und Gepflogenheiten als in einem chinesischen wangba, und Marlon brauchte eine Weile, um sich daran zu gewöhnen. Man musste sich nicht ausweisen, und es hingen keine PSB -Polizisten herum, die alles im Auge behielten. Nach den Maßstäben dieser Provinzstadt mochte der Laden groß sein, doch verglichen mit einem chinesischen wang ba war er winzig; es gab nicht mehr als zwanzig Terminals plus zusätzliche Plätze, an denen vielleicht noch einmal zwanzig Kunden ihre privaten Laptops anschließen konnten. Und anstatt mit chinesischen Teenagern gefüllt zu sein, die hauptsächlich Spiele spielten, beherbergte es ein paar ältere weiße Männer, die sich hauptsächlich anzügliche Bilder ansahen.
Nach Überwindung dieser kulturellen Stromschnellen beanspruchte Marlon den schnellsten und teuersten verfügbaren Computer, mit der Begründung, dass das Spielen mit T’Rain viel Speicher und Rechenleistung brauchte, und Csongor mietete einen ganz gewöhnlichen daneben.
Ein weiterer Kulturschock ergab sich, als Marlon feststellte, dass T’Rain auf seinem Computer gar nicht installiert war und dass er es herunterladen musste, ein Vorgang, der mancherorts viele Stunden in Anspruch genommen hätte. Hier dauerte es zwanzig Minuten. Aus irgendeinem Grund
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