Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Error

Error

Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
Vom Netzwerk:
sie einfach nur da und lauschte. Fragte sich, ob Jahandar oder einer von den anderen sich wohl die Mühe machen würden, nach ihr zu sehen. Aber es tat sich nichts. Sie konnte hören, wie Jahandar sich gelegentlich bewegte, aber er verlagerte lediglich sein Gewicht, stand auf, um sich die Beine zu vertreten, ging ein paar Schritte, streckte sich.
    So leise sie konnte ließ sie eine Hand an ihrem Oberschenkel hinuntergleiten, öffnete langsam den Reißverschluss der Tasche, ertastete mit den Fingern den Schlüssel und zog ihn heraus. Sie umfasste mit einer Hand das Schloss, um etwaige mechanische Geräusche zu dämpfen, und führte den Schlüssel ein. Mit leisem Klicken ging das Schloss auf, und sie spürte, wie die Kette um ihren Hals erschlaffte. Das war nicht gerade eine Überraschung; aber einer ihrer Alpträume war gewesen, dass es aus irgendeinem Grund nicht funktionieren würde.
    Dass sie das getan hatte, war in gewisser Weise ein Fehler. Denn jetzt packte sie ein beinahe physisches Verlangen, sich aus dem Schlafsack herauszuwinden und das Weite zu suchen.
    Sie erwog es ernsthaft, bis sie weit weg im Dunkeln das Zischen und Klicken eines Feuerzeugs und dann das Geräusch hörte, mit dem Jahandar den Rauch seiner Zigarette inhalierte.
    Wenn sie aufstand, so weit ging, wie die Kette reichte, als müsste sie noch einmal zur Toilette, und dann plötzlich losrannte, wäre er dann in der Lage, sie mit einer Kugel zu treffen, ehe sie zwischen den Bäumen verschwunden war? Hatte er sie die ganze Zeit im Fadenkreuz, während er da oben auf seinem Ausguck hockte, oder saß er einfach nur da, das Gewehr auf dem Schoß, und wachte beiläufig über das Lager?
    Dass er imstande sein würde, sie mit dem ersten Schuss zu treffen, war angesichts dessen, dass es dunkel war und er überrascht wäre, unwahrscheinlich. Aber der bloße Umstand, dass er es vielleicht doch könnte, schärfte ihre Aufmerksamkeit. Selbst wenn er vorbeischoss, würde er das ganze Camp aufwecken, und dann wären dreizehn Männer mit Taschenlampen, Schusswaffen und guten Stiefeln hinter ihr her. Zumindest einige von ihnen hatten Jagd- und Bergsteigererfahrung. Sie hätte die Wahl zwischen Stillhalten – dann würden sie sie einholen und umzingeln – und Sich-Bewegen – dann würde sie deutlich wahrnehmbare krachende und zweigknickende Geräusche machen.
    Von nahebei das Zischen eines Reißverschlusses, leicht gedämpft. Ein Schlafsack, vermutete sie. Dann ein zweiter, langer Reißverschluss, mit schärferem Geräusch. Ein Zelt, das geöffnet wurde. Das Rascheln, mit dem jemand aus seinem Schlafsack glitt. Wollte wahrscheinlich pinkeln gehen. Schritte. Jemand machte es sich auf einem Campingstuhl bequem. Ein paar nach Plastik klingende Klickgeräusche, dann der brausende, zuckersüße Jingle, mit dem Windows hochgefahren wurde.
    Sie drehte sich auf den Bauch, stützte sich auf die Ellbogen und öffnete den Zeltreißverschluss ein winziges Stück, wobei sie den Schieber Zahn für Zahn nach oben fummelte, um kein Geräusch zu machen. Als sie durch die so entstandene Öffnung hinausspähte, sah sie Jones, der etwa zehn Meter entfernt auf dem Campingstuhl saß, das Gesicht vom Licht des Laptopbildschirms geisterhaft weiß. Er drehte sich auf dem Stuhl, schob ein Bein vor, griff mit einer Hand in die Hüfttasche und zog etwas Kleines hervor, das er seitlich in das Gerät steckte: ein USB -Stick. Dann machte er sich an die Arbeit.
    Hätte er nicht da gesessen, hellwach, eine Pistole im Schulterholster, wäre das die schwierigste Entscheidung ihres Lebens gewesen. So aber blieb ihr kaum eine Wahl. Sie ließ das Vorhängeschloss wieder einrasten. Dann steckte sie den Schlüssel wieder in die Hosentasche und zog deren Reißverschluss zu.
    Verzweiflung wäre naheliegend gewesen. Aber sie erinnerte sich immer daran, dass die Männer nicht alle zusammen auf unbestimmte Zeit hier im Camp bleiben konnten. Die meisten würden bald aufbrechen, es bliebe nur eine Rumpfmannschaft zurück, um auf Zula aufzupassen, und dann würden ihre Chancen entsprechend steigen. Es war nicht damit zu rechnen, dass Jahandar jede Nacht die ganze Nacht aufbleiben und das Lager bewachen würde. Früher oder später kam Zakir an die Reihe, und Zakir würde sofort einschlafen.
    Also versuchte sie, sich auszuruhen. Schlaf zu finden erschien nicht realistisch, aber sie konnte zumindest still liegen und ihrem Körper Gelegenheit geben, Muskeln zu entspannen, Essen zu verdauen und Energie zu

Weitere Kostenlose Bücher