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Recht kommen«, sagte Richard, »und zwar zu marktüblichen Kursen. Viel Glück, wenn Sie das Geld nach China bringen.« Während er sprach, hörte man im Hintergrund eine Türglocke klingeln. Das Geräusch verbreitete sich widersinnigerweise in der gesamten Innenstadt von Carthinias.
Richard streifte sein Headset ab und schob die Tastatur von seinem Schoß, sodass Egdod vorläufig stumm und reglos blieb. Er griff zwischen seinen Knien hindurch nach unten, ertastete mit der Hand den Pinkeleimer und schob ihn ein ganzes Stück weit zur Seite, um ihn nicht umzustoßen. Er stand langsam auf, teils weil sein Körper steif geworden war, teils weil er nicht wollte, dass alles Blut gleichzeitig aus seinem Gehirn strömte. Er sah nach der Uhr: vier Uhr zweiundvierzig. Wer zum Teufel klingelte bei ihm? Zusätzlich hämmerte der Betreffende schon seit ein paar Minuten wie verrückt gegen jede Tür und jedes Fenster, das er finden konnte. Alle Anzeichen wiesen auf einen kleinen Notfall hin: betrunkene Teenager, die einen Purzelbaum über die Lenkstange ihres Mountainbikes geschlagen hatten, Camper, die von Bären aus ihren Zelten gescheucht worden waren, oder ein von der Straße abgekommenes Wohnmobil. So was passierte ein paarmal im Jahr, allerdings selten so früh in der Saison.
Während er mit ungelenken Bewegungen aus der Gastwirtschaft in die Eingangshalle wankte, versuchte er auszumachen, ob das Ganze die Mühe wert gewesen war. Aufgrund von Zulas Papierhandtuchbrief war ihm der erste Teil der Geschichte bereits bekannt gewesen, und einen Teil des Schlusses hatte er von der britischen Geheimdienstmieze erfahren. Fast vierundzwanzig Stunden unununterbrochenes Spielen hatten also nichts weiter eingebracht als ein Bild von irgendeinem Arschloch, das Peters Gewehr klaute, ein paar zusätzliche Details, was die Ereignisse in dem Mietshaus in Xiamen anging, und eine sehr große Menge Indigold.
Insgesamt kam er zu dem Schluss, dass es die Mühe wert gewesen war. Er wusste jetzt sehr viel mehr darüber, wie Zula sich während des Showdowns in dem Mietshaus und in den Stunden danach geschlagen hatte, und das alles machte ihn stolz und würde auch den Rest der Familie stolz machen, wenn es auf der Facebook-Seite erschien und wenn sie die Geschichte in künftigen Jahren beim Familientreffen wiedererzählten. Und das alles galt, ob Zula nun am Leben oder – wie höchstwahrscheinlich der Fall – tot war.
»Ja, ich komme ja schon«, rief er. Er näherte sich dem Haupteingang und drückte einen Schalter, der das Licht in der Auffahrt einschaltete.
Dort standen zwei Männer, die einander umschlungen hielten. Sie sahen aus wie Rucksacktouristen. Der eine, ein stämmiger Mann mittleren Alters, stützte einen Größeren, der in warme Kleidung eingemummelt war und eine Kapuze über den Kopf gezogen hatte. Sein Bein steckte vom Knie abwärts in einer Schiene, die aus Ästen, Klebeband und Kletterseil improvisiert worden war. Er hielt den Kopf gesenkt, als wäre er nur halb bei Bewusstsein oder vielleicht vor Schmerzen zusammengekrümmt.
Nichts, was Richard nicht schon einmal gesehen hätte. Er schloss die Eingangstür auf und öffnete sie.
»Gott sei Dank sind Sie da, Mr. Forthrast!«, rief der Mann sehr laut, als wollte er von jemandem gehört werden – jemandem, der nicht direkt vor ihm stand.
Die Lichter gingen aus.
Der Verletzte, der sich bis zu diesem Moment auf die Schulter seines Kameraden gestützt hatte, richtete sich auf und verteilte sein volles Gewicht gleichmäßig auf beide Beine.
Richard war mittlerweile klar, dass hier etwas Komisches vor sich ging, aber er war zu benommen vom Schlafentzug und vom T’Rain-Spielen, um etwas anderes zu tun als zuzusehen, wie es sich vor ihm abspielte wie eine Szene aus einem Computerspiel. Der Große hob die Hand und streifte sich die Kapuze vom Gesicht. Aber wegen der Dunkelheit konnte Richard nicht viel von ihm sehen.
»Guten Morgen, Richard«, sagte der Mann. Seine Stimme klang wie die eines Schwarzen, doch sein Akzent verriet, dass er nicht von hier war. Sein Begleiter hatte den Reißverschluss seiner Jacke geöffnet und etwas darunter hervorgezogen. Richard hörte das Geräusch, mit dem eine Pistole durchgeladen wurde. Der Mann trat einen Schritt zurück und richtete sie auf Richards Gesicht. Richard zuckte zusammen. In der ganzen Zeit, die er mit Waffen herumgemacht hatte, war niemals eine auf ihn gerichtet gewesen.
»Sie dürften Jones sein«, sagte Richard.
»Das dürfte
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