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Error

Error

Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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steckte sie in seine Jackentasche und zog den Reißverschluss zu, denn er wollte nicht, dass die Waffe beim Hinaufklettern herausfiel. In der ganzen Aufregung hatte er irgendwann das Messer fallen lassen; daran wurde er erinnert, als er etwas Hartes unter seiner Stiefelsohle spürte. Er bewegte den Fuß und pflückte das Werkzeug aus dem kalten, feuchten Lehm, dann machte er sich daran, die zwei Stücke Fallschirmschnur durchzuschneiden, mit denen die Flinte unten an der Strickleiter befestigt war. Eines war knapp hinter dem kleinen Messingkorn, das als Visier diente, am Lauf festgebunden, das andere in der Nähe des Sicherungshebels am schmalsten Teil des schwarzen Kunststoffschafts. An der Waffe baumelte ein Gewirr aus schwarzem Nylongewebe, das sein überlasteter Verstand verarbeitete und als eine Art Tragriemen oder Geschirr identifizierte. Er hatte jetzt keine Zeit, sich näher damit zu beschäftigen, also schob er lediglich einen Arm hindurch und vergewisserte sich, dass die Waffe nicht herunterfallen würde. Dann hob er ein Knie, griff nach oben und vertraute sein Gewicht der Strickleiter an.
    Er empfand das als höchst riskant und hätte es niemals getan, wäre nicht ein Rudel wütender, schwer bewaffneter Dschihadisten durch den Wald auf ihn zugerannt gekommen. Zumindest ging er davon aus, dass sie das taten; vom Knall der Flinte klangen ihm immer noch die Ohren, weshalb er durch Lauschen nicht viele Informationen gewinnen konnte. Die Fallschirmschnur war allenfalls ungefähr drei Millimeter dick. Ihre geschätzte Stärke, das wusste er, reichte wahrscheinlich aus, um mit zwei Strängen sein Gewicht – irgendwo nördlich von hundertzwanzig Kilo – zu tragen, jedenfalls theoretisch. Aber wenn sie beschädigt worden war oder Zulas Knoten nicht hielten …
    Egal. Er begann zu klettern. Oder vielmehr, er begann Sprossen zu sich herabzuziehen. Die Schnur war dehnbar und wollte sein Gewicht zuerst nicht tragen. Doch nach ein paar Versuchen boten die Sprossen seinen Füßen und Fingern Widerstand, und er bemerkte, dass die Felswand sich nach unten verschob. Sobald er etwas über drei Meter Höhe gewonnen hatte, war er versucht, den Kopf zu drehen und den Raum zwischen hier und dem Fluss zu überschauen, um beurteilen zu können, wie rasch die Dschihadisten vorankamen, die, wie er annahm, in diese Richtung losgerannt sein mussten, als sie den Knall der Flinte gehört hatten. Aber er glaubte nicht, dass das einen praktischen Nutzen für ihn haben würde, und versuchte daher, sich aufs Klettern zu konzentrieren. Er stieg noch ein paar Sprossen höher und riskierte dann einen Blick nach oben. Der obere Rand der Felswand war entmutigend weit weg. Er hatte Zula aus den Augen verloren. Doch dann bewegte sich da oben etwas, und ihm wurde klar, dass er sie die ganze Zeit angesehen hatte; sie lag so auf dem Bauch, dass am oberen Ende der Leiter nur ihr Kopf vorragte, verloren im Bildrauschen des über ihr aufragenden Waldes. Licht schimmerte in den Gläsern ihrer Brille. Sie blickte auf das Gelände unter und hinter Richard, und was sie sah, machte sie nervös.
    »Wirf mir die Pistole zu!«, rief sie.
    Richard hielt an, lehnte sich gegen den feuchten Stein der Wand, klopfte seine Körperseite ab, bis er die harte, schwere Form der Pistole in seiner Tasche spürte, öffnete den Reißverschluss, zog die Waffe heraus und warf sie mit möglichst weit ausholender Armbewegung und so viel Schwung, wie er konnte. Er hatte keine Lust, das Ding einen Moment später an sich vorbei nach unten klappern zu sehen. Zulas Gesicht hob sich, als sie den Flug der Waffe verfolgte, dann stützte sie sich auf Hände und Knie und verschwand aus seinem Blickfeld.
    Bis jetzt hatte die Schwerkraft Richard dicht an der Wand gehalten, die nicht ganz senkrecht abfiel. Doch nun gelangte er an eine nach innen gewölbte Stelle, hervorgerufen durch einen wuchtigen Felsvorsprung, der etwa fünf Meter über ihm leicht auskragte. Die Strickleiter hinaufzuklettern wurde sehr viel schwieriger, da seine Füße nach vorn in den leeren Raum stießen, wodurch sein ganzer Körper sich schräg nach hinten legte und an fast gestreckten Armen hing. Er kam erheblich langsamer vorwärts und steigerte sich in einen Zustand hinein, der einer Panik nahekam, so erpicht war er darauf, diesen Teil der Kletterei hinter sich zu bringen und über den Vorsprung zu gelangen, wo er vielleicht, wie er sich einbildete, vor Schüssen geschützt wäre, die vom Fuß der Felswand aus auf

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