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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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zurückkamen, wo die Fanatiker – diese amerikanischen Taliban – mit all ihren Waffen und ihren Munitions- und Materialvorräten wohnten. Selbst dann war nicht klar, inwieweit sich diese Leute kurzfristig zu einer effektiven Kampftruppe formieren konnten. Dass Zulas Verwandte gut bewaffnet waren und den Teil des Stundenplans, der die Schießübungen betraf, ausführlich behandelt hatten, war klar. Aber militärische Rekruten verbrachten nur einen kleinen Teil ihrer Zeit damit, tatsächlich auf Ziele zu schießen; andere Ausbildungsinhalte waren letztlich wichtiger. Selbst einmal angenommen, sie kämen mit ihren Sturmgewehren und ihren teuren Messern aus ihren Bunkern, wären sie für Sokolow vielleicht eher eine Gefahr als eine Hilfe. Er hatte keine Möglichkeit, mit ihnen zu kommunizieren. Es war ebenso wahrscheinlich, dass sie ihn als Feind, wie dass sie ihn als Freund behandelten. Vielleicht hatte er bald nicht bloß eine, sondern zwei Gruppen gut bewaffneter Bergbewohner gegen sich, die ihn umbringen wollten. Vorteil Jones.
    Sokolow operierte vollkommen allein, was ihn einerseits zwar numerisch benachteiligte, ihm andererseits aber insofern einen Vorteil verschaffte, als er sein Handeln mit niemand anderem abstimmen musste. Keine Kommunikation bedeutete keine Pannen. Er konnte die winzigste Deckung ausnutzen. Vorteil Sokolow, vorausgesetzt, er blieb auf Abstand und vermied es, umzingelt zu werden.
    Das also – sich nicht umzingeln zu lassen – war der Name des Spiels, wie man hierzulande sagte. Zulas unerwartetes Auftauchen aus der Wildnis hatte ihn gezwungen, seine Position preiszugeben. Wäre das nicht gewesen, hätte er gewartet, bis sich sämtliche Dschihadisten auf dem Hang unterhalb von ihm zeigten, und dann den Vormittag damit verbracht, sie zu erledigen.
    Laut Olivia – die diese Information von Zula bekommen hatte – war Jones’ Gruppe heute Morgen noch neun Mann stark gewesen. Einer war schon vor Stunden irgendwie ums Leben gekommen. Während des eben zu Ende gegangenen Gefechts hatten Sokolow und Zula jeweils einen erledigt. Damit blieben noch sechs. Möglich, dass Sokolows Deckungsfeuer jemand unten zwischen den Bäumen getroffen hatte, aber das bezweifelte er.
    Noch ein Detail: Zula hatte berichtet, dass eine Nachhut von unbekannter Größe – höchstwahrscheinlich nicht mehr als zwei Mann – ein, zwei Stunden hinter Jones’ Hauptgruppe kam. Aber einer von ihnen war ein Scharfschütze.
    Was die Frage aufwarf, ob vielleicht auch einer von den Männern unterhalb von Sokolow so ausgerüstet war. Er hatte sich bis jetzt auf mehrere Schusswechsel mit ihnen eingelassen, aber bei so vielen Gegnern, die allesamt im Wald versteckt waren und ihn aus verschiedenen Richtungen unter Feuer nahmen, war es ihm schwergefallen, eine Bestandsaufnahme ihrer Waffen vorzunehmen. Nur nach den Geräuschen zu urteilen waren es offenbar größtenteils Maschinenpistolen oder Sturmgewehre gewesen. Aber das vereinzelte Feuern eines Scharfschützenrepetiergewehrs könnte bei all dem Lärm ohne weiteres untergegangen sein. Vielleicht hatten einige von ihnen in ihren Rucksäcken Zielfernrohre mitgebracht, die sie – was wusste er – dort unten jetzt gerade an den Waffen anbrachten, von denen er wusste. Sokolows Gewehr war hübsch und teuer, mit einem schönen Zielfernrohr, aber Lauf und Munition setzten seiner effektiven Reichweite gewisse inhärente Grenzen. In einer Auseinandersetzung mit jemandem, der über ein Gewehr mit großer Reichweite verfügte, würde er den kürzeren ziehen.
    Vorhin hatte Olivia ihm dabei geholfen, einen Schlafsack, Proviant und Wasser bis an den Rand des Felsens zu bringen, wo er sich sein kleines Nest gebaut hatte. Es war in einem Maße gemütlich geworden, das sein Leben gefährdete; es widerstrebte ihm, diesen Platz zu verlassen, den der Feind bereits kannte. Als ersten Schritt zu seiner Räumung schob er sich rückwärts zu einer Stelle, an der er von unten nicht zu sehen war, und verbrachte dann ein paar Minuten damit, einen Schlafsack aus dem Leinenbeutel zu fummeln und lose wieder in seinen Parka hineinzustopfen. Er zog die Kapuze hoch und vergewisserte sich, dass sie prall genug gefüllt war, um rund zu bleiben, dann setzte er diesem »Gesicht« seine Sonnenbrille auf und schlang ein Tuch um dessen untere Hälfte. Während er das tat, empfand er die ganze Zeit leichte Verlegenheit, weil er einen so billigen Trick anwandte. Aber er hatte sämtliche alten Propagandageschichten über

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