Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ersehnt

Ersehnt

Titel: Ersehnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
Vom Netzwerk:
bekannt vorkamen. Dray!
    Der Junge an der Kasse zählte mir gerade mein Wechsel-. geld vor,.'deswegen konnte ich nicht zu ihr gehen, aber ich versuchte.ihren Blick einzufangen. Deshalb bekam ich auch mit, wie sie eine Packung Batterien vom Ständer nahm und sie unter ihre Jacke schob.
    »Miss?« Der Junge hielt mir den Kassenzettel hin.
    »Danke.« Ich nahm ihn und ging zum Ausgang. Dabei dachte ich darüber nach, was ich an diesem Tag alles verbockt hatte. Draußen lehnte ich mich an die Mauer und riss die Packung auf. Es hatte angefangen zu schneien; feine weiße Flocken, die bereits die am Straßenrand geparkten Autos überpudert hatten.
    Ich musste nicht lange warten. Dray kam ein paar Minuten nach mir aus dem Laden. Sie schlenderte gelassen hinaus, bog scharf rechts ab und beschleunigte.
    »Hi.«
    Als sie mich hörte, drehte sie den Kopf. Ich hielt ihr die Fruchtgummitüte hin. Sie zögerte, blieb aber nicht wirklich stehen.
    »Es ist saurer Apfel«, sagte ich mit verlockender Stimme.
    Sie verzog das Gesicht, bediente sich dann aber doch.
    »Wie läuft's denn so? «, fragte ich.
    Sie zuckte mit den Schultern und sah mich nicht an. »Su-per.«
    »Bei mir auch. Danke der Nachfrage.«
    Sie zuckte noch einmal mit den Schultern und steckte sich das Fruchtgummi in den Mund.
    Ich nahm an, dass ich sie besser nicht nach ihren Feiertagen fragen sollte. »Und ... was hast du so gemacht?«
    »Das Übliche. In der Kirche ausgeholfen. Den Blinden vorgelesen.« Sie kaute mit offenem Mund und sah dem Schnee beim Fallen zu.
    »Hast du noch mal darüber nachgedacht, von hier zu verschwinden?« Als wir vor Weihnachten das letzte Mal miteinander gesprochen hatten, hatte ich ihr nahegelegt, West Lowing nur noch im Rückspiegel zu betrachten.
    Ihre dunkel umrandeten Augen richteten sich auf mich.
    »Näh. Ist doch nicht schlecht hier.« Ihr Ton war trotzig. Es kam mir vor, als würde ich in einen Spiegel schauen und mein Bild sehen, wie ich vor sechs Monaten gewesen war. Oder vor einer Woche. Wow, es musste für andere Leute echt bereichernd sein, sich mit mir zu unterhalten.
    »Ich dachte, du wolltest von hier weg, weg von den Leuten, die deine innere Schönheit nicht zu würdigen wissen«, sagte ich. Der saure Apfel kratzte im Rachen.
    Sie war gelangweilt. »Mit geht's gut hier.« Es war fast, als hätte sie den Online-Kurs »Auch du kannst eine Zicke sein!« belegt.
    Und genauso wie die Leute, die es mit mir zu tun haben, schnell die Geduld verlieren, verlor ich jetzt meine.
    »Zockst du deswegen Batterien bei Early's ab?«
    Sie runzelte die Stirn. »Abzocken?«
    »Klauen.«
    Sie verdrehte die Augen. Auf ihrem Kopf landeten Schnee;flocken, die in ihren Haaren schmolzen. Es war eiskalt, ich war gerade gefeuert worden und hatte wahrscheinlich auch Meriwethers Gefühle verletzt.
    »Dray, komm schon, wir haben doch darüber geredet«, sagte ich. »Ich hab dir gesagt, dass du dich aus diesem Kaff verziehen sollst. Was hängst du hier noch rum und klaust Kleinkram?«
    »Wer bist du?«, fuhr sie mich an. »Meine Sozialarbeiterin?

    Was gibt dir das Recht, mir Vorschriften zu machen?«
    Ein normaler Mensch hätte jetzt vermutlich festgestellt, dass sie recht hatte, und den Schnabel gehalten. Offenbar bin ich nicht normal.
    »Ich bin jemand, auf den du hören solltest! «, fauchte ich zurück. »Ich weiß mehr als du, habe mehr hinter mir als du, war schon in viel schlimmeren Lagen als du! Und du und ich wissen beide, dass diese Stadt dich runterzieht! Du hängst hier mit Losern ab, machst blöde Sachen wie Schulpartys zu sprengen und Batterien zu klauen - und dann stehst du noch hier und sagst mir, dass es dir super geht? Nun hör schon auf!«
    Dray starrte mich wutentbrannt an. »Fick dich!«, schrie sie laut und ein paar Frauen, die gerade Early's verließen, sahen zu uns herüber. »Du bist also so toll, häh? Du hast keine Familie, keine Freunde - du machst eine Reha auf ir;gendeiner schrottigen Farm und hast einen Scheißjob in einem gammligen Drugstore mitten im Nirgendwo! Und du hältst mir Vorträge? Du hast doch nicht mal die Highschool abgeschlossen! Du bist der totale Witz!«
    Ich machte den Mund auf, um mich zu verteidigen, klappte ihn aber wieder zu. Ich hatte keine Familie, hatte all meine Freunde verlassen, war in einer viel ernsteren Reha, als sie ahnte, war aus meinem jämmerlichen Job gefeuert worden und hatte tatsächlich nie eine Highschool abgeschlossen. Wenn

Weitere Kostenlose Bücher