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Ersehnt

Ersehnt

Titel: Ersehnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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aus. Ich wollte meine Hand in seine Richtung zucken lassen, etwas Starkes und Dunkles zischen und ihn auf die Knie sinken lassen. Natürlich würde ich das nicht tun, sollte es nicht tun, aber ich war so angespannt wie ein vibrierendes Drahtseil, bereit loszuschlagen. Es machte mich so wütend, dass er sie so anschreien durfte, ohne dass jemand etwas dagegen unternahm.
    So wütend, dass er Meriwether die Schuld dafür gab, dass sie noch lebte. Meine Handflächen prickelten und schrien förmlich danach, ihm eine Ladung schwarzer Magie zu verpassen.

    »Hören Sie auf, sie so anzuschreien!«, brüllte ich ihn an. »Es ist doch nicht ihre Schuld, dass sie überlebt hat!« Das war es eigentlich nicht, was ich hatte sagen wollen, und ich wusste nicht, wer von uns dreien am meisten geschockt war. Meriwether hörte abrupt auf zu weinen und Old Mac wurde blass. Dann quollen ihm die Augen unter den buschigen Brauen fast aus dem Kopf.
    Natürlich konnte ich mich nicht bremsen. Wieso sollte ich auch gerade jetzt Taktgefühl entwickeln? »Sie ist alles, was Ihnen geblieben ist! Sie haben nur noch sich beide! Hätte sie auch sterben sollen, damit Sie ganz allein zurückbleiben?« Meriwether schniefte in der unnatürlichen Stille.
    »Halten Sie den Mund! «, schrie Mr MacIntyre mich an, und als ich sein Gesicht sah, wich ich einen Schritt zurück. Er hatte den Wer-ist-wütender-Wettbewerb mit fliegenden Fahnen gewonnen. Hielt mich das auf? Natürlich nicht. »Sie ruinieren das, was von Ihrem Leben noch übrig ist!«, schrie ich zurück. »Ihr Laden geht den Bach runter, weil keiner etwas mit Ihnen zu tun haben will! Ihre Tochter hat Angst vor Ihnen! Sie führen sich auf wie ein verrückter alter Mann! Ist es das, was Sie wollen?« Das ging vielleicht ein bisschen zu weit. An seiner Schläfe pochte eine Ader und ich fragte mich schon, ob er gleich einen Schlaganfall bekommen würde. Er schien sprachlos, offensichtlich war er so wütend, dass er seinen Hass nicht schnell genug in Worte fassenkonnte.
    »Sie sind gefeuert!«, brüllte er. »Gefeuert! Und jetzt raus Ich will Ihre Visage nie wieder sehen! Und halten Siesich von meiner Tochter fern!«
    Ich war platt. Ich war so naiv gewesen, dass ich diese Mög;lichkeit nie in Betracht gezogen hatte. Ich hatte erwartet, dass wir uns eine Weile anschrien, dann ein paar Tage schmollten, gefolgt von einem Monat passiver Aggression. Aber gefeuert? Shit. Ich sollte doch einen Job haben. Um daran zu wachsen.
    »Gefeuert?« Ich versuchte, tapfer zu klingen.
    »Gefeuert!«, brüllte er noch einmal. »Holen Sie Ihr Zeug und verschwinden Sie!«
    »Schön!« Ich machte kehrt und stampfte nach hinten, um meine Jacke und meine Stempelkarte zu holen. Dann marschierte ich wieder nach vorn. »Hier!«, sagte ich und klatschte die Karte auf den Tresen. »Sie schulden mir den Lohn für sechs Tage, noch aus dem letzten Jahr.«
    »Raus hier!«, schrie er.
    Ich sah Meriwether an, die zitterte wie Espenlaub. »Halt durch«, sagte ich zu ihr. »Tut mir echt leid für dich, dass dein Dad ein solcher Arsch ist.«
    Ihre Augen wurden groß und Old Mac schnaufte wie ein wütender Stier. Ich stürmte hinaus in die Dunkelheit, wo mir klar wurde, dass ich jetzt nach Hause fahren und zugeben musste, dass ich gefeuert worden war. Dass ich nicht in der Lage gewesen war, einen Job zu behalten, den ein halbwegs cleverer Schimpanse hätte machen können. Wie peinlich. Außer Sichtweite von MacIntyres Laden verlangsamte ich meine Schritte. Ich war dämlicherweise in die falsche Richtung marschiert - mein Auto parkte hinter mir. Aber ich würde ganz bestimmt nicht noch einmal an diesem hell erleuchteten Schaufenster vorbeigehen.
    Ich knirschte mit den Zähnen. Was für eine furchtbare Szene. Hatte ich Meriwether mit meinen Worten ebenfalls verletzt? Sie war jedenfalls leichenblass gewesen. Was für ein Mist. Ich stellte fest, dass ich vor Early's Farm-und Futtermittelshop gelandet war, und ging hinein.
    Was sollte ich River sagen? Wir haben immer eine Wahl.
    Immer. Und meine Wahl war es gewesen, meinem Boss schreckliche Dinge an den Kopf zu werfen und meinen Hintern dafür feuern zu lassen.
    Ich ging in die Ecke mit den Süßigkeiten und brauchte eine Ewigkeit, um mich für eine Tüte saure Fruchtgummis zu entscheiden. An der Kasse warf ich zufällig einen Blick zurück in den Laden, wo ich braune Haare mit grünen Strähnen aufblitzen sah, die mir nur zu

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