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Ersehnt

Ersehnt

Titel: Ersehnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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mir bessere Orte zum Leben vorstellen konnte und bessere Leute zum Abhängen. Ich würde sagen, dass ich nur darauf wartete, dass meine Freunde kamen und mich abholten. Sie würden enttäuscht sein, am Boden zerstört.
    Dann würde ein Auto vorfahren, ich mich auf den abgedunkelten Rücksitz setzen und - adios.
    Nur, dass sie mich nicht bemerkten. Ich stand an diesem Zaun, bis mir die Beine wehtaten, bis ich kaum noch stehen konnte, aber die beiden drehten sich kein einziges Mal zu mir um.
    Also ging ich auf sie zu, immer noch ganz cool, und wartete, dass ihre Gesichter in ein Strahlen übergingen, damit ich mir,dasselbe triumphierend verkneifen konnte.
    Ich spürte das Vibrieren des Motors, der immer noch nicht ansprang, aber ich hörte auch jetzt kein Geräusch. Ich war  wie unter einer Glasglocke, vollkommen still und abgeschottet. Ich gab meine coole Fassade auf und sprach sie an, aber es kam kein Ton aus meinem Mund. Ich versuchte, Reyns Arm zu greifen, und obwohl ich sah, wie ich die Hand ausstreckte, kam sie nie bei ihm an - sie griff einfach immer wieder nur ins Leere.Jetzt schrie ich, schlug mit der Hand auf den Truck, versuchte, Rivers Schulter zu packen, Reyn zu schlagen, aber ich war stumm und allein und konnte keinen von ihnen erreichen. Als ich aufwachte, war mein Gesicht nass, mein Hals wund und all meine Muskeln taten so weh, als hätte ich stundenlang an einem Zaun herumgestanden.
    Ich hatte keine Ahnung, was das zu bedeuten hatte. Falls es jemand weiß, darf er es mir gern sagen.
    ***
    »Welches Mädchen?« Incy wusste wirklich nicht, wovon ich sprach.
    »Das Mädchen aus der Galerie gestern Abend.«
    »Welcher Galerie?«
    »Ich schätze mal, die einzige Galerie, in der wir gestern waren«, sagte ich sarkastisch. Er musterte mich verständnislos. Er war es nicht gewohnt, dass ich ihn infrage stellte. Bis vor ein paar Monaten hatte ich alles, was er tat, ziemlich witzig gefunden. Mein altes Ich war locker, unkritisch und gelassen gewesen. Ich hatte einen garstigen Sarkasmus gegenüber Außenstehenden entwickelt, den in River's Edge alle zu spüren bekommen hatten. Aber bei Incy hatte ich ihn fast nie eingesetzt.
    »Okay, welches Mädchen?« Totale Verblüffung. Maximales Stirnrunzeln.
    Wir waren in meinem Zimmer hinter verschlossener Tür; ich wollte Incy nicht vor den anderen konfrontieren. Ichfühlte mich irgendwie wie ein Außenseiter. Nachdem ich jahrzehntelang ein Teil dieser Gruppe gewesen war, erschien sie mir jetzt vollkommen anders als früher. Das war natürlich vorübergehend. Wahrscheinlich bildete ich es mir nur ein. Aber trotzdem zögerte ich, daran zu rühren.
    Es war früher Abend; wir machten uns fertig, zum Essen auszugehen. Nachdem ich am Morgen mit der Erinnerung an meinen Traum aufgewacht war, war mir eingefallen, dass mein Tarak-Sin noch in River's Edge war. Vorher hatte ich nie gewusst, wie der traditionelle Name dafür war - für mich war es immer das Amulett meiner Mutter gewesen. Jetzt, wo ich es wusste, fühlte ich mich ohne es noch verlorener. Ich konnte versuchen, es mir zurückzuholen. Das konnte ich bestimmt. Aber war das ratsam? Es war dunkel. Es würde meine eigene Dunkelheit noch verstärken. Davon war ich überzeugt. Ich sehnte mich zwar danach, hatte aber auch Angst vor der Macht, die es über mich hatte. Mist.
    Danach waren Abscheu und Entsetzen über das, was Incy am 'vergangenen Abend gemacht hatte, über mich hinweggeschwappt wie schmutziges Spülwasser und ich fühlte mich noch schlechter. Letzte Nacht hatte ich keine Gelegenheit gehabt, ihn danach zu fragen - er und Katy waren nach der Galerie in einen Club weitergezogen. Als mir klar wurde, wie ungesellig ich mich fühlte, war ich ins Hotel zurückgefahren. Ich hatte keine Ahnung, was Boz, Cicely und Stratton gemacht hatten.
    Ich war aber nicht aus Boston geflohen. Hatte nicht den ersten Flug nach Irgendwo genommen. Ich versuchte in letzter Zeit ... weniger zu rennen. Aber nachdem ich den ganzen Nachmittag darüber nachgedacht hatte, beschloss ich, einen Teil meiner neuen emotionalen Reife auf die Probe zu stellen und Incy auf das anzusprechen, was mich störte, statt es zu ignorieren oder leise vor Wut zu kochen. Daumen hoch, River!
    Einfach war das allerdings nicht. Ich setzte mich auf den edlen Hocker im Badezimmer und griff nach den wundervollen Manolo Blahniks, die ich heute Abend tragen würde -
    Peeptoes mit Leopardenmuster, abgesetzt mit

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