Ersehnt
sobald sie verheiratet waren. Sehr romantisch. Ich hatte in ihrem Haus gestanden und mir gewünscht, mich würde eines Tages auch ein Mann so lieben.
Aber das sollte nun mal nicht sein. Durfte nicht sein. Was für ein egoistischer Wunsch! Ich drückte auf die Klingel und wartete.
Als die Tür aufging, stand nicht Braden vor mir, in deren Arme ich mich hatte werfen wollen, um zu weinen, sondern Kent, ihr Ehemann.
»Della?«, fragte er und riss überrascht die Augen auf.
»Hallo, Kent«, sagte ich mit angespannter Stimme. Ich machte mir jeden Augenblick in die Hose. »Dürfte ich erst mal eure Toilette benutzen?«
Er trat beiseite und ließ mich ein. »Äh, klar, du weißt ja, wo sie ist.«
Ich ging an ihm vorbei und beschloss, dass ich mir, nachdem ich mich erleichtert hatte, besser noch eine Minute Zeit ließ, um meine Gedanken sammeln.
Als ich fertig war, betrachtete ich im Spiegel meine rotverweinten Augen. Ich sah so erbärmlich aus, wie ich mich fühlte. Ich wusch meine Armgelenke mit Wasser und Seife und trocknete sie dann ab. Die zarte Haut brannte, aber zumindest war sie jetzt sauber.
Ich ging zum Eingang zurück, wo Kent gerade mit meinen Koffern hereinkam. Seine Augen fanden meine, und angesichts des Mitleids und der Sorge darin fühlte ich mich gleich noch erbärmlicher.
»Danke. Das Auto habe ich leider noch nicht dabei. Aber ich werde schon einen Weg finden, es herzuschaffen.«
Kent stellte meine Koffer ab und wies mit dem Kopf zur Küche. »Komm, jetzt bekommst du erst mal was zu trinken und zu essen auch, wenn du Hunger hast. Ich habe Braden schon angerufen. Sie ist schon auf dem Weg von der Arbeit hierher.«
Ich linste auf die Uhr. Noch nicht mal drei. Da musste Braden eigentlich noch in der Schule sein. Sie war Grundschullehrerin. Ich setzte mich auf einen der hohen Barhocker, die Braden und ich in einer Boutique entdeckt hatten und die sündhaft teuer gewesen waren. Aber sie hatte sich nun mal in die Hocker verguckt, und Kent hatte auch nicht versucht, sie ihr auszureden.
»Ich weiß, dass ich nicht Braden bin. Aber wenn du möchtest, können wir reden«, sagte Kent und machte sich daran, mir einen Eistee zuzubereiten. Er hatte mich nicht mal gefragt, was ich gern hätte. Das wusste er auch so. Ich war sozusagen im »Paket Braden« mit inbegriffen gewesen. Kent liebte sie und hatte die Tatsache akzeptiert, dass sie sich mir verschrieben hatte. Er hatte einmal gesagt, dass sei mit ein Grund, dass er sie liebe.
»Ich würde alles lieber nur einmal erzählen. Bin mir nicht sicher, ob ich es zweimal schaffe«, sagte ich, als er das Glas vor mir abstellte. Ich wusste, dass er das verstand. Er hatte schon mehr als eine meiner Attacken miterlebt. Ich hatte keine Ahnung, ob Braden ihn je genauer über meine Vergangenheit aufgeklärt hatte. Früher hätte ich gedacht, das würde sie nie jemandem weitererzählen, doch nun, da ich wusste, wie es war, jemanden zu lieben, mit dem man alles teilen wollte … war ich mir da nicht mehr so sicher. Aber das ginge in Ordnung. Es war ja schließlich auch ihre Geschichte. Da hatte sie jedes Recht dazu.
»Wenn es da jemanden gibt, den ich krankenhausreif schlagen soll, sag’s einfach.«
Dass Kent so besorgt um mich war, beruhigte mich. Ich hatte noch keine Ahnung, wohin es mich als Nächstes verschlagen würde, aber ich brauchte bestimmt erst mal eine Woche, bis ich mir darüber klar werden konnte. Ich war noch nicht bereit, wieder allein zu sein.
Die Haustür schwang auf, und ich hörte das Klacken von Bradens Absätzen, die durch den Flur rannte. »Della!«, rief sie, und ich stand auf. Mir stiegen Tränen in die Augen. Ich musste zu ihr.
»Bray, wir sind in der Küche!«, rief Kent.
Und da kam Braden auch schon in die Küche und stürmte direkt auf mich zu. Ich schluchzte auf. Sie schlang dieArme um mich, und ich klammerte mich an ihr fest. Braden war es gewesen, die mich auf diesen Selbstfindungstrip geschickt hatte, und doch hatte ich dabei so viel mehr gefunden. Ich wollte ihr unbedingt vermitteln, dass ich mir dadurch nicht nur Liebeskummer eingehandelt hatte. Die Erfahrungen, die ich gemacht hatte, würde ich nicht um alles in der Welt wieder hergeben wollen. Aber augenblicklich reichte es, dass sie mich hielt, während wir beide weinten.
Dabei hatte sie ja nicht mal einen Grund dazu! Dennoch hielt sie mich im Arm und weinte. Ich hatte sie so vermisst. Es war richtig gewesen, hierherzukommen. Dies war mein Zuhause. Trotz der Erinnerungen, die
Weitere Kostenlose Bücher