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Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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überzeugt.
    »Irgendwer muß es schließlich gewesen sein.« Patricks Gesicht verzog sich plötzlich. Er kämpfte mit den Tränen und drehte sich von ihr weg, während er das Feuer schürte.
    »Wie auch immer, vor Tagesanbruch können wir jedenfalls nichts unternehmen.« Kate richtete sich mühsam auf und kam zu ihm, um sich neben ihn hinzuknien. Sie legte den Arm um seine Schultern und spürte, wie der zitternde Körper des Jungen unter ihrer Berührung erstarrte. »Wir sollten versuchen, ein paar Stunden zu schlafen«, sagte sie nach einer kurzen Weile. »Hier sind wir alle in Sicherheit. Was auch immer œ wer auch immer es ist -, er kommt hier nicht rein; die Türen sind verschlossen, und du hast ein Gewehr. Wieso gehst du nicht schlafen.«
    Er schüttelte wortlos den Kopf.
    »Dann leg dich aufs Sofa. Mit dem Gewehr neben dir.«
    »Und Sie?« Er hatte sie immer noch nicht angesehen. Aber sie wußte, daß ihm die Tränen über die Wangen liefen.
    »Wenn du hier unten bleibst, leihst du mir dann dein Bett?« Sie bemerkte plötzlich, daß ihre Erschöpfung so groß war, daß sie sich nicht sicher sein konnte, ob sie es überhaupt noch die Treppe hinauf schaffte.
    »Natürlich.« Er sah sie endlich an und lächelte durch die Tränen. »Tut mir leid, daß ich mich so anstelle.«
    »Ach was. Du bist sehr tapfer.« Sie richtete sich mühsam auf. »Versuch jetzt, ein bißchen zu schlafen. Wir müssen unsere fünf Sinne beisammen haben, wenn es hell wird.«
    Nahezu kraftlos zog sie sich die Treppe hoch. Jeder Knochen und jeder Muskel ihres Körpers tat weh; sie hatte rasende Kopfschmerzen, und ihre Füße schmerzten, als sie sich die letzten hohen Stufen hinauf und zu Patricks Zimmer schleppte. Vor dem Eingang zu Alisons Zimmer hielt sie an und warf einen Blick hinein. Das schwache Licht der Nachttischlampe fiel heraus auf den Gang. Diana saß am Bett des Mädchens und sah auf die schlafende Gestalt hinab. Sie hob den Kopf und legte einen Finger an die Lippen. Dann stand sie auf und kam auf Zehenspitzen zur Tür.
    »Patrick sagt, ich kann mich eine Stunde oder zwei in sein Bett legen«, flüsterte Kate.
    Diana nickte. Sie nahm Kates Arm und führte sie den Gang hinunter in Patricks Zimmer. Sie schaltete das Licht an und starrte auf das Durcheinander aus Büchern und Blättern. Sie nahm einfach den Berg von Büchern und Kassetten und schichtete sie auf dem Boden auf. »Ich hole frische Bettwäsche«, bot sie erschöpft an.
    »Nein. Bitte machen Sie sich keine Mühe.« Kate warf sich so, wie sie war, auf die Steppdecke. Sie war zu müde, um zu denken, sich zu bewegen, noch eine Sekunde länger zu stehen. Sie schloß die Augen. Sofort begann sich alles zu drehen, als ob sie zuviel getrunken hätte. Stöhnend zwang sie sich, die Augen wieder zu öffnen, während Diana eine Decke über sie legte.
    Diana sah einen Augenblick lang auf sie hinunter, dann wandte sie sich ab und machte das Licht aus. »Schlafen Sie ein bißchen, Kate. Wir reden dann, wenn es hell ist«, flüsterte sie. Auf Zehenspitzen schlich sie hinaus und zog die Tür hinter sich zu. Draußen schrie ein Fasan seinen Weckruf in die Dunkelheit des frühen Morgens und war dann wieder still.

XLVI
    Die schwere, reich verzierte Brosche war aus massivem Silber. So wie die Einheimischen sie herstellten. Sie hatte ihm gehört; dem Briten. Er hatte es die ganze Zeit über gewußt. Er beugte sich über sie, riß ihr die Brosche vom Gewand und steckte sie sich mit triumphierendem Hohnlachen selbst an den Mantel. Dumme Gans. Hatte sie gedacht, ihm mit ihrem Fluch Angst machen zu können? Glaubte sie wirklich, ihn bis in alle Ewigkeit verfolgen zu können?
    Er stand einen Augenblick lang da, schaute auf sie hinunter und fragte sich, wie er sie so sehr hatte lieben können. Er machte keine Anstalten, das Schwert aus ihrem Körper zu ziehen. Wut und Haß brannten wie siedendes Öl in seinen Adern. Schließlich bückte er sich, nahm sie unter den Armen und schleppte sie zum Rand des Sumpfes. Eine Sache gab es, die er für sie tun konnte, seine süße Frau, die mit ihm das Bett geteilt hatte, die Mutter seines Sohnes œ er konnte sie zusammen mit ihrem Verführer in den Hades schicken. Mit einer gewaltigen Anstrengung hob er sie hoch und schleuderte sie knapp einen Meter weit in den Sumpf. Mit Genugtuung sah er, wie ihr Körper fast an der Stelle auftraf, wo auch der Körper ihres Liebhabers verschwunden war. Eine Weile lang lag sie da, das blaue Gewand über dem Schlamm

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