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Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Er war bei Bewußtsein, als sie schließlich zum Land Rover kamen, und es gelang ihm, seine Mutter mit so etwas wie guter Laune zu begrüßen und den Schrecken zu vergessen, der ihm in die Glieder gefahren war, als er zu sich gekommen und ganz allein gewesen war. Aus der Decke machten sie für Greg eine Art Sitz, mit dessen Hilfe es ihnen mit vielen Pausen gelang, ihn kurz nach vier Uhr morgens zum Farmhaus zu bringen.
    Diana schloß die Tür auf und ging als erste hinein. Sie blickte sich nervös um, während Greg auf einem Bein im Eingang stand und sich am Türrahmen festhielt. »Scheint alles in Ordnung zu sein. Sie schlafen bestimmt noch.« Sie schob ihre Schulter unter Gregs Arm. »Also los, mein Großer. Komm rein und setz dich. Dann schauen wir uns die Bescherung mal an.«
    Hinter ihnen verriegelte und verschloß Patrick die Haustür und lehnte das Gewehr in die Ecke. Er hatte gesehen, wie Kate dauernd über die Schulter zurückblickte, und auch die Erleichterung in ihrem Gesicht, als sie wieder beim Farmhaus waren. Auch er hatte sie gespürt, die Atmosphäre draußen im Wald; die Gewißheit, daß sie verfolgt wurden.
    Auf Gregs Stirn, mit der er bei dem Unfall gegen den Rücken von Kates Sitz geprallt war, hatte sich ein großer blauroter Fleck gebildet. Aber sonst wirkte er, abgesehen davon, daß er erschöpft und völlig durchgefroren war, bemerkenswert unbeschadet. Sein verletzter Fuß allerdings sah schlimm aus.
    Greg lag gut verpackt auf dem Feldbett in Rogers Arbeitszimmer und hatte eine starke Dosis Aspirin gegen die Schmerzen bekommen, als Patrick endlich leise mit Kate sprechen konnte. Seine Mutter war nach oben gegangen, um nach Alison zu sehen. »Sie sollten mir sagen, was passiert ist.«
    »Das habe ich.« Kate sah ihn an. Ihr Gesicht war bleich und abgespannt. Sie nahm den Becher mit heißer Schokolade, die Diana ihr gemacht hatte, in die Hand, blies und nippte dann vorsichtig daran. »Nein, haben Sie nicht. Nicht, was vorher passiert ist. Wo haben Sie Bill gefunden?«
    Kate nahm noch einen kleinen Schluck Schokolade und fühlte, wie sie sich heiß und süß in ihrem Mund ausbreitete. Die Erinnerungen an die Kindheit, die die Schokolade bei ihr auslöste, beruhigten sie.
    »Wir fanden ihn am Wegesrand. Er wollte es im Farmhaus probieren, nachdem er mich im Cottage nicht finden konnte.«
    »Konnte er…« Patrick zögerte. Er war plötzlich überwältigt von der Erinnerung an den toten Mann, der im Cottage lag. »Konnte er Ihnen noch sagen, was passiert ist?«
    Kate zögerte. »Er war völlig durcheinander. Fast bewußtlos.« Sie holte tief Luft, wie um zu sprechen, schwieg dann aber. Wie konnte sie Patrick sagen, daß Bill Alison beschuldigt hatte, ihn angegriffen zu haben? »Er glaubte offenbar, daß es zwei Frauen waren«, sagte sie endlich vorsichtig.
    »Frauen?« wiederholte Patrick schockiert.
    Kate nickte. »Er war in einem furchtbaren Zustand, Patrick. Ich glaube nicht, daß er sich an viel erinnern konnte. Wir haben ihn in den Land Rover gelegt und zum Cottage gebracht. Greg ist dann allein los und hat versucht, Allie zu finden. Du kannst dir vorstellen, wie besorgt wir waren.« Sie hielt wieder inne. Ihre Hände hatten begonnen, ziemlich schlimm zu zittern. Sie umklammerte den Becher und hielt ihn ganz nah an ihre Brust, lächelte Patrick dann unsicher an. »Ich wußte nicht, was ich für Bill tun sollte. Ich habe dafür gesorgt, daß er es schön warm hatte, und ich habe versucht, die Blutung zu stoppen, doch er verlor das Bewußtsein.« Plötzlich kämpfte sie mit den Tränen. »Ich wußte einfach nicht, was ich tun sollte. Wenn ich was von Erster Hilfe verstanden hätte…« Sie stellte den Becher ab und versuchte, sich die Tränen aus dem Gesicht zu wischen, die sie jetzt nicht mehr zurückhalten konnte.
    Patrick stand auf und holte aus der Küche eine Schachtel Kleenex. Er legte sie neben sie auf die Armlehne des Sessels.
    »Ich habe ihn gesehen«, sagte er leise. »Ich glaube nicht, daß Erste Hilfe genützt hätte. Ich würde sagen, er hatte einen gebrochenen Schädel. Sie dürfen sich keine Vorwürfe machen.« Er kniete jetzt vor dem Kamin, nahm den Feuerhaken und schürte das Feuer. »Allie hat gesagt, daß Marcus Bill getötet hat«, sagte er nach einer Minute. Er starrte dabei in die rauchende Glut. »Sie sagte, daß er auch noch andere Menschen umgebracht hat.« Seine Stimme klang tonlos und unsäglich müde.
    »Marcus?« erwiderte Kate automatisch. Sie klang nicht besonders

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