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Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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kalt. »Ciss? Ciss, mein Liebling? Komm schon.« Seine Finger waren rauh und aufgesprungen, für so etwas nicht zu gebrauchen. Hartnäckig befühlte er überall ihr Handgelenk und drückte die weiche kalte Haut, bis er plötzlich ein schwaches Flattern spürte.
    »Nein, sie ist nicht tot, Sue.« Er zitterte genauso wie seine Tochter. »Fast, aber nicht ganz. Hilf mir, sie hochzuheben. Wir schaffen sie auf die Ladefläche des Land Rover.«
    Er hob sie hoch, als hätte sie überhaupt kein Gewicht, und trug sie rutschend und schliddernd zurück auf den Weg. Die Ladefläche war voller alter Werkzeuge, Säcke und Stücke von Schnüren. »Spring rauf, Susie. Leg den Kopf deiner Mutter auf deinen Schoß. Mach‘s ihr bequem.«
    Jetzt, da es etwas zu tun gab, war er so ruhig, daß es ansteckend wirkte. Susie tat, was er sagte, setzte sich auf den Boden und zog ein paar Säcke über den reglosen Körper ihrer Mutter.
    Joe ging zurück zum Fahrersitz und zog sich hoch. Ein Blick auf den steilen, vereisten Weg, den er Minuten zuvor noch heruntergerutscht war, sagte ihm, daß sie es wahrscheinlich nicht wieder hoch schaffen würden. »Ich würde sagen, wir bringen sie runter nach Redall. Diana weiß bestimmt, was zu tun ist. Sie war früher Krankenschwester. Wenn ihr Telefon noch immer nicht funktioniert, fahre ich noch einmal los und hole einen Krankenwagen. Jetzt halt sie fest, Susie mein Liebling. Ihr seid schon fast da gewesen. Es sind nur noch ein paar hundert Meter nach Redall.«
    Er weigerte sich, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, daß sie tot war. Er hatte ihren Pulsschlag gespürt. Er war sich dessen sicher. Behutsam ließ er die Kupplung kommen, lenkte mühsam den Land Rover zurück auf den Weg und fuhr hinunter zum Farmhaus.
    Diana hatte sie kommen sehen, aber erst, als Joe hinter dem Lenkrad auftauchte, öffnete sie die Tür. »Joe? Gott sei Dank! Wo ist die Polizei? Ist sie unterwegs?«
    »Die Polizei?« Joe schüttelte den Kopf, ganz mit seinen eigenen Sorgen beschäftigt. »Ich habe sie noch nicht angerufen, den Notarzt auch nicht. Ich habe mir gedacht, ich lasse sie hier bei euch, und versuche, ob ich über einen Nebenweg zurückkomme. Da oben ist es einfach zu rutschig, sogar für dieses alte Mädchen.« Er gab dem Auto mit seiner knotigen Hand einen Klaps, als er nach hinten ging und Cissy vorsichtig heraushob.
    »Cissy!« rief Diana. »Was fehlt ihr?« Hinter ihr war Roger müde herbeigekommen. Er sah ihr über die Schulter.
    »Wir hatten einen Unfall mit dem Range Rover.« Susie kletterte von der Ladefläche. »Sie ist tot. Ich weiß, daß sie tot ist!« Sie brach wieder in Tränen aus.
    »Bringt sie rein. Schnell.« Diana blickte hinaus in den dunklen Wald. Die Dämmerung kam früh. Der Himmel, aus dem federleichter Schnee fiel, hatte blaue Flecken. Der Wald war still.
    »Leg sie auf das Sofa.« Sie starrte auf Cissys kreidebleiches Gesicht und griff dann, wie Joe vor ihr, nach ihrem Handgelenk. »Wo sind Paddy und Kate? Hast du sie nicht gesehen?«
    Sie hatte mehr Erfahrung als Joe und fand den Puls fast sofort. Er war schwach, aber regelmäßig.
    Hinter ihnen tauchte Greg aus dem Arbeitszimmer auf. Er schloß die Haustür und verriegelte sie. Die Kerzen im Wohnzimmer flackerten.
    Greg, Roger, Susie und Joe standen um das Sofa und sahen hinunter auf die reglose Gestalt, die dort lag. Diana saß neben ihr, fuhr vorsichtig mit der Hand über sie und enthielt sich jeden Kommentars darüber, wie ungeschickt Joe seine Frau aus dem Range Rover gehoben hatte. Falls ihr Genick oder ihr Rücken verletzt sein sollten, war es zu spät, jetzt noch etwas zu sagen. Sie hatte Blutergüsse im Gesicht, die Lippe war aufgeplatzt œ hoffentlich kam das Blut von da. Weitere Blutergüsse waren auf Cissys Schultern und Rippen zu sehen, als Diana ihre Bluse öffnete.
    »Joe, ich glaube, du fährst jetzt besser zurück und rufst einen Krankenwagen«, sagte Greg, während er die Hände seiner Mutter beobachtete. »Und wir brauchen die Polizei. Jemand hat Bill Norcross totgeschlagen.«
    Joes Gesicht verzog sich vor Schrecken, aber noch immer wandte er den Blick nicht von seiner Frau ab. »Denkst du, er hat auch Cissy angegriffen?« Schließlich sah er Greg an. Vom Nacken aus breitete sich eine dunkle Röte über sein Gesicht.
    »Nein, Dad«, antwortete Susie. »Wir sind ins Schleudern geraten. Da war ein Mann -« Sie hielt abrupt inne.
    »Ein Mann.« Greg wandte sich ihr zu und sah ihr prüfend ins Gesicht.
    »Was für ein

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