Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde
wie die beiden Mädchen sich aufrappelten. Jede nahm einen Arm voll Decken und Kissen, dann gingen sie zur Tür. Es war bedrückend, wie ungewohnt still sie waren, als sie nach oben verschwanden.
»Das hättest du nicht zulassen sollen, Greg«, sagte Patrick, sowie sich die Tür zur Treppe hinter ihnen geschlossen hatte. »Du weißt, daß es gefährlich ist.«
»Was ist gefährlich?« Cissys Stimme war schwach, aber völlig klar.
Greg machte eine Grimasse. »Paddy hat an den Lärm gedacht, den die beiden veranstalten, wenn sie zusammen sind. Es ist mitten in der Nacht.«
Cissy lag da und starrte an die Decke. »Ich war unterwegs, um euch zum Mittagessen einzuladen«, sagte sie plötzlich. »Jemand ist vor den Range Rover gesprungen. Ich weiß noch, wie ich ausweichen wollte und ins Schleudern geriet…« Sie schaute Kate an, die sich neben sie auf den Rand des Sofas setzte. »Habe ich ihn überfahren?«
Kate lächelte beruhigend. »Nein. Niemand wurde verletzt bis auf Sie, Sie Ärmste.«
»Joe…?«
»Joe ist oben und schläft. Wo Sie auch sein sollten.«
»Habe ich mir die Rippen gebrochen?«
»Diana meint, sie sind nur schlimm geprellt. Sie müssen sich ausruhen. Wir konnten noch keinen Arzt erreichen œ das Telefon funktioniert nicht -, und es hat so stark zu schneien angefangen, daß Joe es für besser hielt, bis zum Morgen hierzubleiben.« Es klang überzeugend, schließlich war es auch die Wahrheit.
»Der Braten«, rief Cissy plötzlich außer sich. »Mein schöner Braten ist bestimmt ganz verbrannt. Wie schade.« Plötzlich legte sie sich die Hand auf den Kopf. »O Gott, ich bin so müde -«
»Sie könnten in Paddys Zimmer schlafen, Mrs. Farnborough«, sagte Greg. »Wenn Sie glauben, daß Sie es die Treppe hoch schaffen.« Sie traute es sich zu. Mit Kates und Annes Hilfe wusch Cissy sich das Gesicht, zog unter Schmerzen ihre zerrissene und blutige Bluse aus und Dianas Bademantel an. Dann ließ sie sich in Paddys Bett sinken. Trotz ihrer Schmerzen schlief sie ein, kaum daß ihr Kopf das Kissen berührt hatte. Draußen im Flur sahen Kate und Anne sich an. Auf ihre Gesichter fielen die Schatten der Kerze, die Kate in der Hand hielt. Dann öffnete Kate die Tür zu Alisons Zimmer, und sie spähten hinein. Die beiden Mädchen hatten sich in dem kleinen Bett aneinandergeschmiegt, die Köpfe eng nebeneinander auf dem Kissen. Beide schliefen tief. »Scheint alles in Ordnung zu sein«, sagte Kate leise, während sie die Tür wieder schloß.
Patrick hatte noch ein paar Holzscheite aufgelegt, und das Feuer war zu neuem Leben erwacht. Er kniete davor, den Schürhaken in der Hand, und stieß wild darin herum, als die beiden Frauen zurück ins Zimmer kamen.
»Alles in Ordnung da oben?« fragte Greg.
Kate nickte. »Alle scheinen zu schlafen.«
»Keine seltsamen Gerüche oder Erde, wo keine sein sollte?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Gott sei Dank. Vielleicht können wir uns hinlegen und auch noch ein bißchen schlafen.«
»Ich glaube, wir haben noch was zu besprechen«, sagte Anne nachdenklich. »Außerdem wäre es auch nicht gut, wenn wir alle schliefen. Unser Verstand ist besonders anfällig, wenn er schläft. Wir müssen weiter auf der Hut sein.«
»Also geben Sie zu, daß es sich hier um etwas Übernatürliches handelt.« Greg beobachtete sie mit zusammengekniffenen Augen, als sie es sich auf einem Kissen am Kamin bequem machte.
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe versucht, mich dieser Möglichkeit nicht zu verschließen, und ich habe da draußen bestimmt etwas gesehen…« Sie hielt kurz inne. »Ich glaube, Sie hatten recht. Es ist ein Phänomen, in dessen Mittelpunkt Alison steht. Ich habe ein paar Bücher über Gespenster und Poltergeister gelesen, nachdem ich mit dir gesprochen hatte, Kate. Deine Geschichte hat mich fasziniert. Es scheint zwei Theorien zu geben: Die eine Theorie besagt, daß alle seltsamen Geschehnisse um das Unbewußte eines Menschen, in unserem Fall eines Teenagers, zentriert sind oder von ihm geschaffen werden. Das macht sie nicht weniger real, aber es sind eher subjektive als objektive Phänomene. Die zweite Theorie besagt, daß echte Geister oder Gespenster œ wie auch immer man sie definieren mag- daran beteiligt sind. Mit anderen Worten, Kräfte von außen.« Sie zögerte. »Es gibt angesehene Wissenschaftler, die glauben, daß Poltergeister tatsächlich körperlose Seelen sind, die sich von den emotionalen Energien bestimmter Menschen nähren. Pubertierende Kinder und
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