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Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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in den Korridor, der vom Gastraum wegführte. Jon öffnete die Tür. Im riesigen Kamin brannte ein helles Feuer, aber der Raum war leer.
    Es dauerte mehrere Minuten, bevor eine Gestalt hinter dem Tresen auftauchte. »Hätte nicht gedacht, daß heute jemand kommen würde«, begrüßte ihn der Wirt gutgelaunt. »Wie sind Sie hergekommen? Sie hat wohl der Nikolaus mitgenommen, was?«
    Jon lächelte. »Sowas Ähnliches. Für mich einen Whisky bitte, und eine Halbe Dunkles für meinen verrückten Fahrer. Und schenken Sie sich auch was ein.« Er hievte sich auf einen Barhocker. »Ich nehme nicht an, daß es eine Möglichkeit gibt, von hier aus ans Ziel meiner Reise zu kommen, oder? Ich will zur Redall-Bucht.«
    Der Wirt konzentrierte sich darauf, das Bier zu zapfen. Er legte die Stirn in Falten und zog durch seine Zahnlücke eine Lunge voll Luft ein. »Das ist gar nicht so einfach. Sie brauchten was Vierradgetriebenes, schätze ich. Sie besuchen die Lindseys, was? Oder sind Sie ein Freund von Bill Norcross? Ich habe gesehen, daß er dieses Wochenende raufgekommen ist.«
    »Ich bin ein Freund von Bill, ja. Und von Kate Kennedy. Ich weiß nicht, ob Sie sie kennen? Sie wohnt im Cottage.«
    »Schriftstellerin?« Er stellte das Glas auf den Tresen und machte sich daran, noch ein Bier zu zapfen, vermutlich für sich selbst. »Doch, er war mal mit ihr da. Vor einer Woche oder so.«
    »Sie sind seit ein paar Tagen von der Außenwelt abgeschnitten, und ohne Telefon, deshalb konnte ich nicht anrufen.«
    »Unberechenbare Dinger, diese Telefone.« Der Wirt stellte das zweite Glas auf den Tresen. »Läuten immer, wenn man‘s nicht will, und funktionieren nicht, wenn man sie braucht. Möchten Sie etwas essen, Sir, während ich überlege, was Sie tun können?« Er nahm noch ein Glas und hielt es ins Licht.
    »Ja, sehr gern.« Jons Laune wurde von Sekunde zu Sekunde besser. Er drehte sich um, als die Tür aufging. »Ihr Bier, Pete.« Einen Augenblick lang musterte er seinen Begleiter, der bis jetzt nicht mehr gewesen war als ein Paar breiter Schultern und ein rundliches, gerötetes Gesicht mit einem breiten, schiefen Grinsen. Pete war insgesamt sehr groß. œ Nicht gerade die ideale Gestalt, dachte Jon, um sich ein Leben lang hinter das Steuer eines Taxis zu zwängen. Über den strahlend blauen Augen, die von den goldenen Fassungen seiner Drahtbrille umgeben waren, hatte er dicke rotblonde Augenbrauen, und unter dem Anorak trug er zwei farblich nicht zusammenpassende hellrote Pullover.
    Die beiden Männer gingen zum Kamin und setzten sich. »Essen wir was.« Jon gab ihm die Speisekarte. »Das wenigste, was ich tun kann, ist, Sie zum Essen einzuladen, nachdem Sie mich so weit gebracht haben.«
    »Das ist wirklich nett von Ihnen.« Pete grinste. »Schon einen Traktor gefunden?«
    »Der Wirt denkt darüber nach.«
    »Er strengt sich an, was?« Pete lehnte sich mit einem lauten Seufzer auf der Bank zurück. »Ich kenne Ron Brown jetzt seit sechs Jahren. Er ist ein guter Kerl. Er macht das schon. Wissen Sie, ich schätze, das Ganze macht mir langsam Spaß.«
    Eine Hühnerpastete mit Bratkartoffeln, mehrere Biere und eine Menge wechselseitiges Auf-den-Rücken-Klopfen später hatte Pete Ron rumgekriegt, ihnen seinen alten Land Rover zu leihen. »Ich bin Berufsfahrer, Kumpel«, sagte er, und das nicht zum ersten Mal. »Du weißt, daß du ihn mir ruhig geben kannst.«
    »Bei diesem Wetter, und ausgerechnet dir, wo du voll wie eine Strandhaubitze bist? Ich verliere bloß den Führerschein, wenn ich ihn dir gebe.«
    »Wie war‘s dann, wenn wir ihn uns ausleihen, ohne es dir zu sagen?« Pete rülpste zufrieden und klopfte sich auf den Bauch. »Das war prima. Und ich habe eine gute Geschichte gehört. Ich schätze, jetzt würde ich gern noch ein bißchen auf Geisterjagd gehen, um den Abend abzurunden. Warum schließt du nicht einfach ab, und kommst auch mit? Heute kommt sowieso keiner mehr.«
    Die beiden Männer hatten mit lebhaftem Interesse zugehört, als Jon von Kates Geist erzählte. Um sie unterhaltsamer zu machen, hatte er die Geschichte schamlos ausgeschmückt.
    »Das fehlte noch. Nein danke, ich gehe ins Bett.« Ron schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Lust, bei diesem Wetter noch irgendwo hinzufahren, und du hättest auch keine, wenn du noch ein bißchen Vernunft hättest.« Er bückte sich und tastete unter dem Tresen herum, richtete sich dann wieder auf und warf Pete einen Schlüsselbund hinüber. »Aber bringt ihn mir morgen bitte

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