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Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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aß gebratene Bohnen auf Toast mit geschmolzenem Käse, als jemand laut an die Haustür klopfte. Sie schob widerwillig ihren Teller weg und ging, um zu öffnen.
    Ein Mädchen in Jeans und einem hellblauen Anorak stand auf der Schwelle, das blonde, zu einem Pferdeschwanz gebundene Haar wehte wild im Wind.
    »Ich bin hier, um Ihnen zu sagen, daß Sie von meiner Ausgrabung wegbleiben sollen.« Die grünen Augen funkelten voller Wut, das Gesicht war todernst. »Mum sagt, Sie haben in der Düne herumgeschnüffelt. Lassen Sie das bloß bleiben. Nur, weil Sie sich hier eingemietet haben, haben Sie noch lange nicht das Recht, in den Angelegenheiten anderer Leute rumzuschnüffeln. Bleiben Sie weg davon.« Das junge Gesicht war blaß und angespannt. Ihre Kopfschmerzen waren heute morgen noch schlimmer geworden, so schlimm, daß sie nicht in die Schule gehen, so schlimm, daß sie nicht einmal aufstehen wollte, bis ihr Diana erzählte, was draußen bei der Düne los war.
    »Du bist bestimmt Alison.« Kate hob eine Augenbraue. Sie unterdrückte die erste verärgerte Reaktion auf die Unverschämtheit des Mädchens und sagte nur: »Tut mir leid. Ich wollte mich nicht einmischen. Natürlich gehe ich nicht mehr zu deiner Ausgrabungsstelle, wenn dir das lieber ist.«
    »Bitte nicht.« Alison machte ein finsteres Gesicht.
    »Du hast das Museum über deinen Fund informiert, nehme ich an.«
    »Das mache ich noch.« Ihr unbewegliches Kinn drückte Entschlossenheit aus. Sie war ihrem älteren Bruder sehr ähnlich, wie Kate plötzlich sah. Sie waren eine gutaussehende Familie, aber ganz offensichtlich nicht eben berühmt für ihren Charme. »Zuerst schreibe ich alles auf und mache Photos und so.«
    »Gut.« Kate lächelte. »Das ist genau das Richtige.« Sie trat einen Schritt zurück, um die Tür zuzumachen, aber Alison blieb stehen, die Hände in den Taschen, und wollte offenbar noch etwas sagen. »Sind Sie wirklich eine Schriftstellerin?« Endlich war es raus. »Ja«. Kate lächelte. »Das bin ich.«
    »Und Sie schreiben über Byron, hat Dad gesagt.«
    »Stimmt.«
    »Warum sind Sie dann hier?«
    »Ich wollte an einen Ort, wo es ruhig ist, damit ich mich auf meine Arbeit konzentrieren kann.«
    »Und Sie kennen sich aus mit Geschichte und sowas.«
    Kate nickte. »Ein bißchen. Ich habe Geschichte an der Universität studiert.«
    »Dann kennen Sie sich also auch mit den Römern aus.«
    »Wie gesagt, ein bißchen. Soviel ich weiß, waren sie auch hier.«
    »Es lebten aber schon vorher Menschen in dieser Gegend.« Alison runzelte leicht die Stirn. »Die Trinovanter haben in Essex gelebt, bevor die Römer gekommen sind. Das ist ein Römergrab.« Sie zeigte mit dem Kopf in Richtung Strand.
    »Ein Grab?« Kate legte die Stirn in Falten. »Wieso glaubst du das?«
    Marcus. Der Gedanke hatte sich ungebeten eingestellt, und genauso schnell war er wieder verflogen. Das Grab von Marcus Severus war an einem Ort namens Stanway gefunden worden, und das lag, wie sie auf der Karte neben seiner Statue gesehen hatte, auf der anderen Seite von Colchester, gut zwanzig Meilen entfernt.
    »Ich weiß es eben.«
    Kate sah das Mädchen an, beunruhigt. »Alison, wenn du mal ein bißchen Zeit hast, zeigst du mir dann deine Ausgrabung? Ich meine richtig. Erklärst du mir, was du bisher gemacht hast œ die Grabung sieht sehr fachmännisch aus -, und erzählst du mir dann, was du gefunden hast?«
    »Wollen Sie das wirklich wissen?«
    »Klar, aber nicht, um mich irgendwie einzumischen. Es interessiert mich einfach.«
    »Okay. Wollen Sie jetzt gleich mitkommen?«
    Kate dachte einen Moment lang bedauernd an ihre Bohnen und an ihr Buch, nickte dann aber. »Sofort. Ich hole meine Jacke und meine Stiefel.«
    Das Meer hatte sich mit der Ebbe bereits weit zurückgezogen, als sie nebeneinander am Rande der Mulde standen und die ausgegrabene Seite der Düne betrachteten. Der Wind peitschte den Sand in kleinen Wirbeln hoch, die zwischen den langen, trockenen Gräsern flüsterten. Die Sonne war verschwunden, versteckt hinter riesigen, drohenden Wolken.
    »Ich habe ein paar Tonstücke gefunden œ Scherben, genauer gesagt, und ein paar Gegenstände aus Metall«, sagte Alison langsam. »Ich habe sie bei uns zu Hause. Wenn Sie wollen, zeige ich sie Ihnen, wenn Sie zum Essen kommen.«
    »Gern.« Kate sah das Mädchen an. Sie schien nicht die Absicht zu haben, in die Mulde zu springen. »Wie hast du gewußt, wo du graben mußt?«
    »Das Meer hat damit angefangen. Die halbe Düne ist

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