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Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Wut im Gesicht ihres Bruders sah. »Greg, was ist los? Ich verstehe dich nicht.« Seine Augen waren hart, die verengten Pupillen kaum mehr stecknadelkopfgroß, obwohl es ziemlich dunkel im Zimmer war. Hinter ihm sprangen die beiden Katzen gleichzeitig vom Sofa und verschwanden hinter dem Herd. »Greg?« Ihre Stimme klang bittend. »Was ist los? Du machst mir Angst.«
    Einen Moment lang starrte er sie an, als ob der Haß, den er auf sie empfand, zu groß sei, um ihn zu unterdrücken; dann schien er sich von den seltsamen Empfindungen freizuschütteln, die ihn ergriffen hatten. »Es tut mir leid. Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Es kümmert mich einen Dreck, was du mit deinem blöden Grab anfängst, Allie. Mach, was du willst.«
    Was geschehen war, hatte ihn ziemlich mitgenommen. Da war es wieder gewesen, dieses seltsame Gefühl, daß irgendein fremdes Wesen in seinem Kopf steckte und auf seinen Schädel einprügelte œ ein fremdes Wesen mit schrecklicher, rasender Wut. Mit einem Stöhnen lehnte er sich zurück gegen die Kissen und legte die Hand auf seine Augen.
    Mit einem nervösen Blick auf Greg entkam Alison dankbar in das Arbeitszimmer ihres Vaters. Die Telefonbücher waren neben seinem Schreibtisch auf dem Boden gestapelt. Sie zog den Drehstuhl heran, setzte sich und griff nach dem örtlichen Verzeichnis. Um sie herum waren die Bilder ihres Bruders an die Wände gelehnt. Das Zimmer roch eigenartig. Sein eigener angenehmer, vertrauter Geruch war ausgelöscht durch Öl und Terpentin und den wunderbar geheimnisvollen Duft von Lack, Farbe und Leinöl. Sie klappte das Buch auf und suchte unter Archäologie nach einer Nummer. Da war nichts. Sie versuchte es unter Colchester. Es dauerte eine Weile, bis sie fündig wurde.
    Sie hielt den Finger unter die Nummer und griff nach dem Telefon. Sie hatte bemerkt, daß Greg ins Zimmer gekommen war und in der Tür stand, von wo aus er sie beobachtete. Ihre Finger zogen sich enger um den Hörer zusammen. Ohne ihn zu beachten, begann sie zu wählen. Sie horchte mehrere Minuten mit gerunzelter Stirn, dann rüttelte sie an der Gabel und wählte noch einmal.
    »Was ist los? Stimmt was nicht?« Gregs Stimme von der Tür her klang fast höhnisch.
    »Ich kriege kein Freizeichen.« Sie schüttelte den Hörer und versuchte es erneut. »Es klingt, als ob sich zwei Leitungen schneiden. Als ob jemand am anderen Ende zuhört.« Er lächelte. »Vielleicht tun sie das«, sagte er leise.

XXXIII
    Bill lehnte sich nach vorn und starrte durch die Windschutzscheibe. Er bedauerte es bereits zutiefst, daß er sich auf den Weg zum Cottage gemacht hatte. Als er am Nachmittag zuvor das Büro gerade hatte verlassen wollen, war jemand hereingekommen und hatte stundenlang mit ihm geredet. Als er dann ging, wurde es schon dunkel, und er hatte beschlossen, seine Entscheidung auf den folgenden Morgen zu verschieben.
    Die Sonne schien nur halbherzig, als er um neun aufwachte. Er schielte prüfend aus dem Fenster, wo in der Ferne Hampstead Heath zu sehen war, und schaute dann wieder zurück in sein Schlafzimmer, das unaufgeräumt und stickig war. Er warf einen Blick auf die Socken, die er letzte Nacht ausgezogen und in die Ecke geworfen hatte. Vielleicht würde ihm ein Wochenende in der frischen, belebenden Luft von East Anglia guttun.
    Die Sonne war verschwunden, kaum daß er die A l erreicht hatte. Bis er auf der M 25 war, zeigte sich der Himmel bedeckt, und über ihm zogen sich niedrige, dunkle Wolken zusammen. Als er nach Chelmsford kam, begann es zu schneien. Schneeregen, der unter den Reifen rauschte und die Scheibenwischer blockierte. Die Sicht war so schlecht, daß er nur langsam fahren konnte, obwohl wenig Verkehr herrschte und es auf der Straße für einen Samstagmorgen ungewöhnlich ruhig war. Bill verfluchte sich im stillen für seine Dummheit, überhaupt losgefahren zu sein. Er lehnte sich nach vorn und steckte eine Kassette in den Recorder, ohne den Blick von der schneenassen Straße zu wenden. Er würde bis Colchester fahren, den Wagen parken, sich im The George etwas zu essen und zu trinken genehmigen und sich dann entscheiden, ob er weiterfahren oder umkehren würde.

XXXIV
    Kate träumte in dieser Nacht. In den mitternächtlichen Schatten schlich am Strand etwas Bedrohliches durch die Dunkelheit. Sie rannte, blickte über die Schulter nach hinten und wußte, daß die Bedrohung näher und näher kam. Sie konnte sich laut schluchzen hören, als sie versuchte, Luft zu holen. Sie kämpfte sich

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