Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde
marschieren. Ich bin gekommen, um zu melden, daß mein Telefon schon wieder kaputt ist.«
»Verstehe.« Er grinste sie freundlich an. »Ich fürchte nur, da haben Sie kein Glück. Das hier ist auch kaputt.«
Sie war erstaunt über die plötzliche Welle der Angst, die durch sie hindurchflutete. Einen Moment lang fürchtete sie, ihre Füße würden nachgeben. Sie stützte sich auf den Schreibtisch. »Sind Sie sicher?«
»Probieren Sie‘s selbst.« Er wandte sich von ihr ab und beschäftigte sich wieder mit seiner Zeichnung.
Sie nahm den Hörer ab und lauschte. Das Geräusch war dasselbe wie das im Cottage. Diese eigenartige, widerhallende Stille, die eine Verbindung zu anderen Sphären herzustellen schien. Als sie den Hörer auflegte, bemerkte sie, daß ihre Handfläche feucht von eisigem Schweiß war. »Haben Sie es gemeldet?«
»Dad fährt später ins Dorf. Er wird das dann sicher machen.« Er sah hoch. Ihr Gesicht, das gerötet und glänzend gewesen war, als sie aus Wind und Regen kam, war bleich geworden. »Sind Sie okay?«
»Ja, natürlich.«
»Was macht Ihnen solche Sorgen? Kein Telefon zu haben?« »Ja.« Sie zwang sich zu lächeln.
»Sie haben Angst, ganz allein da draußen, stimmt‘s?« Seine Stimme war sehr leise.
»Nein. Angst habe ich nicht.« Sie atmete tief durch. »Aber es kommt mir sehr ungelegen. Ich brauche das Telefon für meine Arbeit. Ich muß manchmal mit meinem Verleger sprechen; und ich brauche es für meine Recherchen.«
»Vielbeschäftigte Frau.« Er legte den Skizzenblock weg und stand langsam auf. »Und natürlich wollen Sie den Mann in Amerika anrufen. Na, ich bin sicher, es ist bald repariert. Die Kabel sind alt. Sie haben immer Probleme mit den Leitungen in dieser Gegend. Soviel ich weiß, wird nächstes Jahr unser Telefonamt auf den neuesten Stand gebracht, damit es endlich ins Raumfahrtzeitalter paßt. Doch wenn sie die alten Telegrafenmasten und die ausgefransten Leitungen behalten, bricht weiter alles zusammen, wenn es regnet.« Er hielt inne und sah sie an. »Wie kommen Sie eigentlich mit Ihrem Buch voran?«
»Wollen Sie das wirklich wissen?«
»Ich würde meine Zeit nicht mit dieser Frage verschwenden, wenn ich es nicht wissen wollte.« Er schattierte Teile seiner Zeichnung, seine Bleistiftstriche waren sicher und fest. »Dann vielen Dank der Nachfrage. Ich komme gut voran.« »Schön.« Er sah wieder hoch. »Kate. Sie haben Allie gesehen, gestern. Sie wissen, in welchem Zustand sie war. Bitte nutzen Sie Ihren Einfluß, um sie davon abzubringen, weiter diese archäologischen Pläne zu verfolgen. Es nimmt sie zu sehr mit.
Sie hat dauernd Alpträume œ alle möglichen Schreckensbilder.
Sie stellt sich Gott weiß welche Monster vor, die aus dem Grab steigen. Sie sehen doch auch, wie schlecht das für sie ist. Es ist wie im Horrorfilm.«
Kate ging nachdenklich um den Tisch herum und setzte sich auf Rogers Sessel. Sie lehnte sich vor und stützte das Kinn auf.
»Es macht ihr Sorgen, nicht zu wissen, was in dem Grab ist, Greg. Indem ihr es zuschüttet oder mit dem Bulldozer raus ins Meer schiebt, helft ihr Alison nicht. Es, was immer es sein mag, ist dann immer noch da, weil es in ihrem Kopf ist. Es wäre viel besser, ein paar Fachleute zu holen, die es sich ansehen.
Vielleicht sagen sie: ‹Das ist ja alles Unsinn. Es ist nichts weiter als eine Müllgrube. Es gab hier kein Grab.¤ Oder vielleicht sagen sie: ‹Ja, das war ein Grab, eine Feuerbestattung aus dem Eisenzeitalter. Aber sehen Sie. Es ist nichts übrig außer ein paar Tonscherben und Metallstücken¤. Ihre schlimmsten Befürchtungen wären dann zerstreut. Und ich bin sicher, sie würden sie mitmachen lassen. Ihr bei ihrem Referat helfen. Sie ermutigen. Darüber reden. Ich glaube wirklich, daß das die beste Vorgehensweise ist. Das Schlimmste, was wir machen können, ist, so zu tun, als sei gar nichts da.«
»Sie sind ja eine richtige Psychologin.«
Sie weigerte sich, sich von seinem spöttischen Ton aufbringen zu lassen. »Nein. Ich glaube, das ist nur gesunder Menschenverstand.« Sie stand auf. »Patrick hat gesagt, in der Küche gibt es Kaffee. Kommen Sie mit?«
Er schüttelte den Kopf, ohne die Augen von seinem Skizzenblock zu heben.
»Dann gehe ich allein, wenn Sie mich bitte entschuldigen. Es war ein langer Marsch durch den Wald, und ich bin ziemlich durchgefroren -«
»Kate.« Er hatte seinen Block beiseite gelegt. »Eine Frage.
Glauben Sie, daß sie sich das alles nur einbildet?«
Sie hielt
Weitere Kostenlose Bücher